SCHLAGER / PRESLEY Elvis, the Pelvis
Eine Nacht lang war der Times-Square am New-Yorker Broadway, der »Straße der Schlaflosen«, Schauplatz eines Backfischaufstandes. Zwischen dem neurotisch flackernden Pepsi-Cola-Zeichen und der Camel-Zigaretten-Reklamewand randalierten Tausende von Halbwüchsigen.
Auf dem Marktplatz der Gefühle, der dreieckigen Lichtung vor dem bügeleisenförmigen Wolkenkratzer der »New York Times«, wo sich in den Wahlnächten die Anhänger der demokratischen und der republikanischen Präsidentschaftskandidaten mit Fahnen, Plakaten und Sprechchören traditionsgemäß dem Wahltaumel ergeben, wälzten sich dreitausend weinende Backfische. Es waren die eingeschriebenen Mitglieder einer neuen Vereinigung, die sich der bedingungslosen Verehrung eines neuen Gottes der Halbwüchsigen widmet: Es waren die Mitglieder der »Elvis -Presley-Fan-Clubs«.
Unter einer drei Stockwerke hohen Pappmaché-Nachbildung ihres Idols, des Rock'n'Roll Singers Elvis Aaron Presley, hatten sie von abends 11 bis morgens 8 Uhr Schlange gestanden, um Karten für die Uraufführung des ersten Films mit Elvis Presley ("Love Me Tender") zu ergattern. Sie waren aus allen benachbarten US-Staaten in Sonderautobussen herbeigeeilt, um den jungen Burschen mit den schläfrigen Augen, dem ihre Anbetung gilt, ekstatisch zu feiern. Die New-Yorker Behörden hatten ihre Sittenpolizisten ausgesandt, um die Teenager-Schlange vor der Kinokasse nach Schulpflichtigen absuchen zu lassen.
Nach Ende der Vorstellung drängten die Presley-Fans enttäuscht aus dem »Paramount«-Kino in das blitzende Neon-Gewitter des Times-Square. Sie fühlten sich doppelt betrogen: Die Filmgesellschaft hatte ihnen verschwiegen, daß Presley zur Uraufführung gar nicht erscheinen würde. Noch enttäuschter aber waren sie über das unfaßbare Ende des Films, einer bunten Ballade aus dem amerikanischen Bürgerkrieg, denn der angebetete Presley war auf der Leinwand einem törichten Kopfschuß erlegen.
Was für dramaturgische Motive auch immer die Filmmacher bewegt haben mochten, dem Presley auf der Leinwand ein derart unrühmliches Ende zu bereiten - die Teenager wollten sich diesem filmrealistischen Schicksalsschlag nicht beugen.
Mit Elvis - Presley - Plaketten ("I like Elvis"); mit Presley-Nadeln, -Knöpfen und -Schals geschmückt, in Pullovern und weiten Röcken, auf denen das Konterfei Presleys prunkte, strömten die Backfische schluchzend in den Times-Square, schwenkten Banner und Bilder und begannen, den Zorn der Enttäuschung an der Umwelt
auszulassen. Mit dem Einsatz des New -Yorker Polizeikorps endete im vergangenen Monat auch diese neueste Gefühlsentladung zugunsten von Elvis Aaron Presley, dessen fabulöse Karriere vor knapp drei Jahren begann, als er in einen Schallplattenladen des Tennessee-Städtchens Memphis spazierte, um gegen die übliche Gebühr von vier Dollar eine Geburtstagsplatte für seine Mutter zu besingen.
An jenem Tag, dessen Datum zum Bedauern der Schlagerhistoriker nicht festgehalten wurde, begann der Umwandlungsprozeß, der aus dem schlafäugigen Burschen nicht nur ein neues Idol für den minderjährigen Teil der amerikanischen Bevölkerung machte, sondern auch den größten Star, den die Schlagerindustrie je hervorgebracht hat. »Vor drei Jahren betrat Elvis Aaron Presley das Königreich von Bing Crosby, Nat King Cole, Perry Como, Liberace und Eddie Fisher und wurde ein größerer König, als alle diese Herrscher zusammengenommen«, resümierte kürzlich der Musikkritiker Ker Robertson.
Wo immer Elvis Aaron Presley auftaucht, um in grotesk abgewandeltem Rock 'n' Roll-Rhythmus zu singen (SPIEGEL 39/1956), muß Polizei aufgeboten werden, ihn vor der schier orgiastischen Hysterie seiner (meist weiblichen) Verehrer zu schützen. Aber in der Regel ist auch das stärkste Polizeiaufgebot machtlos gegen den Ansturm der Meute, die auf der Jagd nach Reliquien dem Presley die Kleider vom Leibe und die Schnürsenkelenden von den Schuhen reißt, die sogar den Staub von seinem Auto sammelt und ihn in den letzten zwölf Monaten mit mehr Verehrerbriefen eindeckte, als Marilyn Monroe in ihrem ganzen Leben erhalten hat.
»Wir riefen: Rette dich«
Elvis Presley, dessen Fans die Verehrersitten zu bisher ungekanntem Raffinement entwickelten, ist unbestritten der attraktivste Star der amerikanischen Unterhaltungsindustrie. Drei Millionen Jugendliche bestellten bei Presleys Manager - gegen Voreinsendung von 25 Cent - ein Porträt des neuen Idols.
Seit Monaten zählen mehrere Presley -Platten zu den zehn Schlagern der »Hit-Parade«, der allwöchentlich von der Schlagerindustrie ermittelten Rangliste. Von seinen Aufnahmen wurden bisher zehn Millionen Exemplare verkauft - von zwei Liedern ("Hound-Dog«, »Heartbreak -Hotel") allein je zwei Millionen Platten. Kürzlich überreichte RCA-Victor, der größte Schallplattenkonzern der Welt, dem Elvis Presley zum drittenmal eine goldene Schallplatte, die stets verliehen wird, wenn von einer einzigen Aufnahme über eine Million Exemplare verkauft werden. Über zwei Millionen Bestellungen lagen für eine neue Presley-Platte ("Love Me Tender") vor, ehe sie erschien - eine Zahl, die in der Schallplattenindustrie vorher nie erreicht worden ist. Seit Beginn des Jahres hat RCA-Victor Presley-Schallplatten im Werte von rund zwölf Millionen Dollar (rund 50 Millionen Mark) verkauft. Und unermüdlich ist die Gesellschaft dabei, neue Songs für Presley arrangieren zu lassen.
Der unfaßbare Erfolg des einundzwanzigjährigen Elektrikerlehrlings, der weder fehlerfrei Gitarre spielen noch Noten lesen kann und nach eigenem Eingeständnis ein halber Analphabet ist, läßt sich auch an dem für Amerika wichtigsten Standard messen, am Einkommen. Seit Beginn des Jahres verdiente er über eine halbe Million Dollar (2,1 Millionen Mark). Er besitzt sechs Cadillacs - einen schwarzen, einen violetten, einen hellblauen, einen zartgrünen, einen golden/schwarzen und einen gänzlich verchromten-, einen Mercedes 300, einen Jaguar und das schnellste Motorrad das für Geld zu kaufen ist. Er hat seinen
Eltern eine Ranch im Werte von 40 000 Dollar geschenkt und seinen Vater überredet, sich jetzt - im Alter von 39 Jahren - auf seine Kosten zur Ruhe zu setzen. Daß Presley eine amerikanische Institution wie der National-Park »Yellowstone« und die Blondine Marilyn Monroe geworden ist, war klar, als die unschuldsvolle Frage des demokratischen Präsidentschafts-Kandidaten Adlai E. Stevenson »Wer ist Elvis Presley?« von seinen Wahlkampf-Managern als eine unerhörte Blamage betrachtet wurde.
Die Auguren der öffentlichen Meinung, die großen Presse-Syndikate und Zeitschriften-Konzerne, die Radio- und Fernsehgesellschaften sandten eilends ihre akademisch geschulten Rechercheure aus, um das neue Phänomen zu ergründen, »das bald die ganze Welt, wenn nicht unterhalten, so doch verwirren wird« ("Life"). Die Psychologen kamen mit einer beunruhigenden Meldung zurück, die der Journalist Eric Random auf die knappe Formel verkürzte: »Presley verwandelt jedes Auditorium in einen Hochdruck-Dampfkessel, dessen Sicherheitsventil zerbrochen ist. Aber nicht, weil er der nette Junge von nebenan ist, sondern aus einem andern Grunde. Seit Marlon Brando ein Gentleman geworden ist und James Dean sich zu Tode gefahren hat, ist er - der beiden etwas ähnelt - das hervorstechende Symbol der Rebellion.«
Das ist die Deutung, auf die sich die zunächst ratlosen Seelenforscher einigten. Das größte Filmmagazin Hollywoods, die Zeitschrift »Modern Screen«, erläuterte die Motive dieser Rebellion auf eigene, probate Weise. »Ich glaube, die Musik von Eivis Presley hat uns aufgerufen, als die Zeit für Rebellion reif war«, hieß es in einem Artikel, den angeblich die achtzehnjährige Vorsitzende des »Elvis Presley Fan Clubs« von Dallas (Texas) verfertigt hatte. »Wir leben heute im Atomzeitalter, alles hat Stromlinie - alles, nur nicht die Musik. Während wir in unseren Stromlinienautos fahren, in unseren ultramodernen Häusern wohnen, unsere Fingernägel grün und unser Haar lila färben, sitzen
wir in all dieser modernen Umgebung und lauschen dem Jazz von 1924, als wäre er der letzte Schrei der Musik. Vielleicht hat der Jazz eine sentimentale Bedeutung für unsere Eltern, aber uns bedeutet er gar nichts, deswegen glaube ich wirklich, daß die völlig hypnotische Verzauberung, die Elvis mit seinem dynamischen Gesang und Tanz ausübt, ein Produkt unserer selbst ist. Wir können uns zwar nicht auf die Bühne stellen und wie Elvis singen, aber wir können 'Amen' rufen.«
Es scheint tatsächlich, als hätten die amerikanischen Teenager auf Presley gewartet, als seien sie psychisch auf sein Erscheinen vorbereitet gewesen, noch bevor er mit seinem vollen Bariton die erste Note sang. Nur so ist es erklärlich, daß er sich als erster amerikanischer Schlagersänger gegen den ehernen Boykott der gesamten Fachkritik durchgesetzt hat. Der gewaltige Publicity-Apparat, der sonst von der amerikanischen Schlagerindustrie in Bewegung gesetzt werden muß, um einen neuen Gesangsstar zu kreieren, war zum ersten Male nicht erforderlich. Presley brach über Amerika herein wie ein Naturereignis.
Auch der deutsche Jazz-Kritiker Joachim Ernst Berendt - der darüber verärgert ist, daß der Rock 'n' Roll-Virtuose oft fälschlich als »Jazz-Sänger« bezeichnet wird - wertete die ekstatische Presley -Begeisterung als eine Rebellion: als einen Aufstand gegen die kitschige Schlagermusik. »Sie wurde hervorgerufen durch die jahrelange Berieselung mit süßlicher, sentimentaler, überzuckerter Schlagermusik«, schreibt er. »Gewiß ist Presleys Musik schlecht. Und ebenso gewiß war vieles in der Schlagermusik der letzten Jahre gut und gekonnt. Man denke an Sänger wie Frank Sinatra oder Rosemary Clooney. Aber fast stets spielten hier Melancholie und Sehnsucht, Sentimentalität und Gefühl eine Rolle. Bei Presley gibt es das nicht. Seine Musik ist hart und vital, von einer umwerfenden rhythmischen Intensität. Die Tragödie des Sensationserfolges von Elvis Presley liegt darin, daß der notwendige Aufstand gegen die Sentimentalität der Schlagermusik sich eines musikalisch und geschmacklich bedenklichen Mittels bedient.«
Tatsächlich verstößt Presleys Vortrag, den als Gesang zu bezeichnen viele Musikkritiker sich versagen, gegen die guten Sitten, die sich im Schlagergesang eingebürgert haben, seit in den ersten Rundfunkjahren der Student Rudy Vallee, ein stupsnasiger Bursche mit gewelltem Haar, durch ein Megaphon sein Lieblingslied »I'm Just A Vagabond Lover« in das Mikrophon näselte. Wenn die Schallwellen der Textsilben schließlich aus dem Lautsprecher tönten, hatten sie einen aufgeweichten, gedämpften nasalen Ton angenommen, der die Bezeichnung »Crooning« geradezu herausforderte*. Die Ära der großen Wimmerer brach an.
Romantisch veranlagte junge Mädchen begannen, dem Studenten Vallee Blumenbuketts auf die Bühne zu werfen, während die Begleiter der jungen Damen den Sänger mit einem Hagel überreifer Früchte eindeckten. Fünfzehn Jahre lang trotzte Vallee dem gemischten Blumen- und Obstbombardement, ehe er sich mit einem siebenstelligen Bankguthaben in eine Hollywoodvilla zurückzog.
An seine Stelle trat der Mann, der seinen butterweichen Bariton einer Kehlkopfmißbildung verdankt und der mit dem aus dieser Ungestaltheit geborenen Gesang ein Millionenvermögen erwarb: Bing Crosby. Er brachte in das »Crooning« einen Zug der Respektabilität, der es auch erwachsenen Menschen gestattete, sich als Crosby-Fans zu bekennen. Eine Crosby -Aufnahme ("White Christmas") wurde mit sieben Millionen verkauften Exemplaren der größte Schallplatten-Bestseller aller Zeiten.
Mit dem gesetzten Gesang, der an das Wohlwollen des Zuhörers appellierte, war es vorbei, als gegen Ende des zweiten Weltkrieges der italo amerikanische Frank Sinatra ("Frankie -Boy") auf der Bühne erschien. Er zielte mit seinem schmerzvoll-intensiven Vortrag auf etwas anderes als nur auf das Wohlwollen. Reihenweise sanken die Zuhörerinnen, nachdem ihnen Kälte- und Hitzeschauer über den Rücken gelaufen waren, ohnmächtig in ihren Parkettsesseln zusammen. Das brachte »Frankie-Boy« nicht nur den Beinamen
»The Swoon« (Die Ohnmacht) ein, sondern verhalf ihm auch zu nationaler Berühmtheit besonderer Art.
Meuten hysterischer Teenager folgten ihm, wo immer er sich in einem der 48 vereinigten Staaten zeigte, bedeckten sein weißes Haus in Philadelphia mit Lippenabdrücken und stürmten - wo immer »Frankie-Boy« sich barbieren ließ - in die Friseurgeschäfte, um Sinatra-Haare vom Fußboden zu ergattern. Zur gleichen Zeit gab es eine ganze Reihe anderer Sänger, die sich ebenso tapfer den Fährnissen jungfräulicher Massenhysterie aussetzten, um ein Millionenvermögen zu erwerben: Perry Como, Eddie Fisher, Frankie Laine, Tony Martin und Vic Damone.
Keiner erreichte jedoch ähnliche Erfolge. Sinatras Spitzenstellung wurde erst erschüttert, als ein schwerhöriger Sänger auftauchte, der dem Publikum mehr zu bieten hatte als nur Gesang. Dieser Mann hieß Johnnie Ray. Er unterzog die gesamte amerikanische Nation einer Behandlung, die wahrscheinlich als die größte Tränendrüsenmassage in die Geschichte des Schlagergesangs eingehen wird.
Wenn Johnnie Ray seine Gesänge in einer neuartigen Schluchztechnik mit halberstickter Stimme ins Mikrophon jammerte, bekam nicht nur er selbst einen Weinkrampf, sondern auch die Mehrzahl seiner Zuhörerinnen. Wo Johnnie Ray auftrat, troffen die Tränen - mitunter schon vor Beginn der Vorstellung, wenn die Feinde
des Rayschen Wimmergesangs Tränengasbomben in den Saal warfen.
Johnnie Rays Wein- und Schluchz-Akt war die emotionelle Vorstufe der neuen Singtechnik, die der Elektrikerlehrling Elvis Presley am Schlagergesang verübt. Presley erscheint auf der Bühne in farbenfroher Kostümierung - er trägt mit Vorliebe lila Hemden - und schlägt ein paar Akkorde auf seiner Gitarre. Er greift das Mikrophon und schreit, stöhnt, wimmert, gluckst, hechelt unartikulierte, abgehackte und stereotyp wiederholte Wortfetzen in das Mikrophon, während sein Unterleib zum heiseren Rhythmus der Rock 'n' Roll-Musik Windungen und Zuckungen vollführt, die nach seinen eigenen Worten »den fundamentalen menschlichen Trieb« ausdrücken sollen, aber eher der Gestik
einer talentierten Entkleidungstänzerin gleichen.
In keiner Presley-Vorstellung dauert es länger als eine halbe Minute, bis sein Gesang - obwohl stets durch ein elektrisches Lautsprechersystem verstärkt - im ekstatischen Tumult des jugendlichen Publikums untergeht. Was die kreischenden und heulenden Teenager letztlich nur noch wahrnehmen, sind Presleys Zuckungen, die den Eindruck erwecken, als habe er einen Preßlufthammer verschluckt. »Presleys Hüftgewackel hat als eine neue Art von Gesang die Schleusentore zu ungeahnten musikalischen Möglichkeiten geöffnet«, konstatierte die amerikanische Millionen-Illustrierte »Life« in einer großen Presley -Analyse.
Obwohl Presley vor fast jeder Vorstellung von den um den Landfrieden besorgten Polizeibehörden vermahnt wird, mag er seine Vortragstechnik nicht aufgeben, die den gereimten Spitznamen »Elvis, the Pelvis« (Elvis, das Becken) provoziert hat. »Wenn ich auf die Bühne gehe, erwarten die Burschen und Mädchen doch eine Show«, begründet er seine Beharrlichkeit. »Wenn die Burschen und Mädchen mich nur singen hören wollten, so könnten sie sich ja meine Platten kaufen.« Überdies, behauptet Presley, habe er sich zu seinem Gesang schon immer bewegen müssen, »schon immer, seit mir meine Mutter meine erste Gitarre geschenkt hat«.
Das war vor elf Jahren, als der Sohn eines Fabrikarbeiter-Ehepaares, das in dem Hinterwäldler-Staat Tennessee in dürftigen Verhältnissen weit unter dem Lebensstandard der Durchschnittsbürger lebte, seinen zehnten Geburtstag feierte. Der junge Presley, der sich alle erdenklichen Frisuren anfertigen ließ, um die Aufmerksamkeit der gleichaltrigen Ortsschönheiten zu erregen - einmal verirrte er sich sogar zu einem Bürstenhaarschnitt mit langen Koteletten -, schlug zwei Jahre lang auf der Gitarre herum. »Da hab' ich nie nicht viel gelernt«, sagt er, aber die traditionell musikfreudige Atmosphäre der Hinterwäldlerstaaten, die Amerikas Volksmusik, die Hillbilly -Musik, hervorgebracht hat, wirkte dennoch auf ihn ein. Im Kirchenchor des Ortes lernte er, schwermütige Hymnen zu singen.
Vor drei Jahren besang Presley, der damals als Lastwagenfahrer arbeitete, in einem Tonstudio die Platte, die er seiner Mutter zum Geburtstag schenken wollte und die ihm zu seiner spektakulären Karriere verhalf: »Es hörte sich so an, als ob jemand auf einen Mülleimerdeckel schlägt«, berichtete Presley, »aber der Toningenieur des Studios besaß eine kleine Schallplattenfirma, die Sun - Record - Company. Er sagte mir, ich hätte eine ungewöhnliche Stimme, er würde mich vielleicht eines Tages anrufen.«
Der Toningenieur des Studios, Sam Phillips, hatte Presleys Adresse unter dem Stichwort »guter Balladensänger« notiert. Als Phillips später eine Hillbilly-Ballade aufnehmen wollte, fiel ihm Presleys Name wieder ein. Aber die Probeaufnahme enttäuschte. Presley litt im Studio an derselben Beklommenheit, die ihn noch heute quält, wenn er ohne Publikum singt. Sam Phillips wollte die Sitzung schon abbrechen,
als Presley - »aus Albernheit« - im aufrüttelnden Rock 'n' Roll-Rhythmus »That's allright Mamma« zu singen anfing.
Toningenieur Phillips - »Presleys Nummer war phantastisch, ich war einfach geschmissen« - schaltete sofort das Plattenschneidegerät ein und schaffte die Aufnahme noch am selben Nachmittag zu einem befreundeten Schallplattenjockei des kleinen Senders von Memphis. Noch am selben Abend, um 9.30 Uhr, als Presley nichtsahnend im Kino saß, ging zum erstenmal ein Lied von ihm über einen Rundfunksender. Eine halbe Stunde später blockierten Teenager schon alle Telephonnummern des Senders: Sie verlangten
mehr Platten des unbekannten Sängers.
Presleys Karriere begann.
Zuerst sang er in kleinen Veranstaltungen vor wenigen Zuschauern. Als Presley immer weiter im Lande umher kam und sein Publikum immer größer wurde, als seine brutal bebende Stimme von immer mehr Sendern der Südstaaten ausgestrahlt wurde und sich die ersten Symptome kollektiver erotischer Eruptionen abzeichneten, wurde der größte amerikanische Schallplattenkonzern, RCA Victor, aufmerksam. Als der Konzern mit ihm zu verhandeln begann, war Presley schon ein von einem Manager umsorgter Star, dessen persönliche Sicherheit bei einem Bühnenauftritt durch den Einsatz des örtlichen Polizeikorps verteidigt werden mußte. Der Konzern kaufte Presley für 35 000 Dollar (147 000 Mark) aus seinem Kontrakt mit der Sun-Record-Company und verpflichtete sich zu einer Tantiemezahlung von 4 1/2 Cents je Schallplatte.
RCA schickte den neuen Star sogleich auf eine ausgedehnte Gastspielreise, und die Pressechefin, Anne Fulchino, notierte gewissenhaft die Etappen der steigenden Hysterie. Beispiele:
- In Charlotte brachen 300 Jugendliche durch die Absperrkette der Polizei und
stürmten die Bühne. »Wir riefen ihm aus der Kulisse zu: 'Rette dich!' Er rannte, aber sie rissen ihm die Kleider vom Leibe.«
- In Oklahoma-City konnte ihn ein
Streifenwagen der Polizei noch rechtzeitig vor dem Angriff der Meute in Sicherheit bringen. Die erregten Teenager attackierten daraufhin einen Reporter, der Elvis Presley unmittelbar vorher interviewt hatte. »Faßt ihn an!« kreischten die Mädchen. »Vielleicht hat er Elvis angefaßt.«
- In Fort Worth ritzten sich Sechzehnjährige seinen Namen mit einem Taschenmesser in die Unterarme.
- In Jacksonville wurde sein Auftritt
verboten, weil er die öffentliche Ruhe
und Ordnung gefährde. Der Polizeirichter kündigte ihm einen Monat Gefängnis an, falls er das Verbot mißachte.
So war die Antwort keineswegs unzutreffend, die Presley einem Reporter auf die Frage gab, wie er seinen neuen Beruf finde: »Er ist hart, Mann, er ist hart.« Zum erstenmal äußerte sich Presley auch fachmännisch über das Thema, für das er mittlerweile Autorität beanspruchen konnte: Girls. »Wenn man auf Mädchen anziehend wirken will«, erläuterte er, »darf man niemals lächeln. Die Mädchen sind verrückt nach mir, weil ich wie ein Unheil ausbrütender Finsterling aussehe. Ich weiß auch nicht, warum das so ist, aber so ist es nun mal. Das ist auch der Grund, warum ich auf Bildern nie lächele. Man kann nicht sexy aussehen, wenn man lächelt.«
Als die sextraordinäre Persönlichkeit schließlich in New York eintraf, hatte das Fieber der Presley-Krankheit sogar die Stenotypistinnen der RCA infiziert, die normalerweise gegen solche Epidemien immun sind.
Die zertrümmerten Säle, die Presley auf seiner Tour gleich einem Wirbelsturm zurückließ, lieferten den amerikanischen Kulturkritikern die wichtigste Erkenntnis über das Phänomen Presley: Die Zuhörer
des neuen Schlager-Idols kommen nicht mehr in eine Vorstellung, um zuzuhören, sondern um sich dort zu entladen.
Die Botschaft, die Elvis ihnen ins Mikrophon schreit, ist so alt wie die Menschheit selbst, und bei Presley-Vorstellungen in San Francisco, Oakland, Chicago und Detroit rissen ihm die jungen Mädchen nicht nur die Ringe von den Fingern und die Uhren vom Handgelenk ("Es waren nur billige Uhren«, sagte Presley), sondern warfen ihm auch Teile ihrer Unterkleidung auf die Bühne. Die amerikanischen Psychologen verblüffte die Verzückung, mit der sich die in einer bürgerlichen Umwelt verhätschelten Teenager von Dixieland nach Kinseyland transportieren ließen
Die Seelenärzte glauben deswegen, daß Presley nicht nur Symbol für einen Aufstand gegen die bisherige Schlagermusik ist, sondern auch ein Symbol für einen Aufstand der Jugend gegen die gesellschaftliche Ordnung schlechthin. Der angesehene amerikanische Psychologe Dr. Ben -Walstein glaubt, daß die von Presley vorgetragene Musik dem Antiformalismus der gegenstandslosen Malerei gleichkomme: »Es gibt eine Art von rebellischer Stimmung in ihr. Diese Musik hat zu tun mit einer gewissen Ziellosigkeit und gleichzeitig mit dem Suchen nach einem Sinn des Lebens.« Den jungen Menschen, die als Angestellte in einem großen Betrieb, als Kontoristinnen in einer mechanisierten Buchhaltung, als Arbeiter in einer Fließbandfabrik zu funktionieren hätten wie ein Rad in einer Maschine, sei der Sinn des Lebens nicht mehr offenbar. Deshalb rebellierten sie.
»Es ist charakteristisch für diese Situation«, berichtet Dr. Walstein, »daß die jungen Burschen und Mädchen, die von ihren Eltern wegen ihrer Presley-Ekstase für seelisch krank gehalten werden, ihrerseits ihre Eltern für seelisch krank halten.« In einem Interview für die New Yorker Rundfunk-Station WNEW meinte der Psychologe: »Vielleicht müssen die Erwachsenen, die über die Rock 'n' Roll-Mode so betroffen sind, ihrerseits psychologisch getestet werden.« Die Gesprächspartner, jugendliche Rock 'n' Roll-Fanatiker, antworteten darauf, »daß viele junge Menschen gewiß hocherfreut wären, wenn ihre Eltern einem seelischen Test unterworfen würden«.
Eine Sendung Presley-Haare
Das Mißtrauen der Jugendlichen gegenüber dem seelischen Gesundheitszustand ihrer Eltern wird durch einen gegenläufigen Vorgang vertieft: Während die Eltern der Presley-Hysterie ihrer Söhne und Töchter verständnislos und betroffen gegenüberstehen, beobachten die Jugendlichen mit ähnlichen Empfindungen die Gefühlsausbrüche, die Amerikas ältere Generation dem parfümierten Pianisten Liberace darbringt. Wie Presley in der Welt der Schlagersänger ist Liberace im Reich der Pianisten ohne Vorbild. Aber während der 21jährigc Presley an die »fundamentalen menschlichen Triebe« appelliert, wendet sich der 36jährige Wladziu Valentino Liberace an den sogenannten Mutterkomplex.
Liberace erscheint mit onduliertem Haar, lackierten Fingernägeln, in einem Goldlamé-Frack und mit einem süßlichen Lächeln auf seinem feisten Jungengesicht und stellt eine Kerze auf den Flügel. Er verkündet mit öliger Stimme, daß seine Mutter im Saal sitze, und widmet ihr das erste Stück: Candlelight Rhapsody - Rhapsodie im Kerzenlicht.
Nach Beendigung der ersten Pièce eröffnet er dem Publikum, daß seine Mutter seine beste Freundin sei. Er gebe dieses Konzert nur für sie, aber die andern Leute sollten ruhig dableiben; niemand könne ihn und seine Mutter stören. Bei einem durchschnittlichen Konzert spielt er etwa den Schlager »Cement Mixer« als romantisches Klavierstück, das Largo von Händel, den »12th Street Rag«, das »Ave Maria« von Bach-Gounod und Beethovens Mondschein-Sonate in Drei-Minuten-Fassung, was ihm den außergewöhnlichen Ruf eingetragen hat, der »schnellste Pianist der Welt« zu sein.
Auf dem amerikanischen Jazz-Festival 1956 in New Port wurde das Problem diskutiert. Der Generalnenner der jugendlichen Debattierer war: Was solle eine Jugend, deren Eltern von einem Scharlatan wie Liberace fasziniert werden, denn tun? Ihr bleibe doch nur Elvis Presley.
Während sich Liberace mit 34 Koffern voll seidener Wäsche, mit 60 Anzügen und
einem nerzgefütterten Regenmantel nach Europa einschiffte, um die Bewohner des alten Kontinents zu seinen Kerzenlicht-Sonaten zu bekehren, erreichte auch Presleys Botschaft die westeuropäischen Metropolen.
In England, dem Land der ersten europäischen Rock 'n' Roll-Raufereien, wirkte sie derart, daß die Inselpresse sich bereits eingehend mit der neuen Erscheinung beschäftigte. Der Londoner »Daily Sketch« veröffentlichte die Äußerung eines englischen Mädchens, die ihr typisch für die Stimmung an der englischen Rock 'n' Roll - Front erschien: »Wenn ich den Jungen singen höre«, schrieb der Backfisch, »werfe Ich mich auf den Boden und kreische.« Französische und skandinavische Blätter konnten aus ihren Ländern ähnlich Beunruhigendes berichten.
In Deutschland rüstete sich in den vergangenen Wochen die Teldec »Telefunken - Decca« Schallplatten GmbH., die in der Bundesrepublik die Aufnahmen des amerikanischen Konzerns RCA Victor herausgibt, für einen großen Presley-Boom. Unter dem Slogan »Er singt, wie Marilyn Monroe geht« brachte die Gesellschaft auf einen Schlag zwölf Platten von Presley auf den Markt*, und schon Mitte des vergangenen Monats zeichnete sich, wie Teldec-Verkaufsleiter Schrade erklärte, »ein Erfolg von der Größenordnung eines deutschen Bestsellers ab, obwohl einige deutsche Rundfunk-Stationen sich noch immer hartnäckig weigern, Presley-Platten zu spielen.« Irgendwelche Kundgebungen, die als eine »Rebellion« der Jugendlichen gedeutet werden könnten, hat die Teldec bisher aber noch nicht registrieren können. »Die deutsche Jugend«, sagt Verkaufsleiter Schrade, »hat eben eine andere Blutgruppe.«
Welche Unterschiede zwischen der Jugend der Alten und der Neuen Welt bestehen, wurde in den vergangenen Wochen deutlich, als die Presley-Psychose in Amerika ihren Höhepunkt erreichte. Die Anbetung des neuen Idols hatte die Verhaltensweisen und Verehrungssitten der Teenager tiefgreifend gewandelt. Die Friseure des Landes mußten lernen, einen »Ducktail« -Haarschnitt zu schneiden, eine »Entenschwanz«-Frisur, wie Elvis Presley sie trägt: an den Seiten lang, oben kurz, mit überhängenden Haaren. Tausende von Jugendlichen ließen sich Koteletten wachsen und verbrachten - wie die amerikanische Zeitschrift »Life« berichtete - einen beträchtlichen Teil ihrer Freizeit vor dem Spiegel, um Presleys Unterleibsbewegungen einzustudieren.
Die Verehrerinnen versuchten derweil, wenn sie Presley schon nicht berühren konnten, so doch wenigstens ein Kleeblatt vom Rasen in seinem Garten zu ergattern - eine Bedingung für den Beitritt zum Elvis -Presley-Fan-Club in Memphis. Sie preßten ihre Ohren an die Wand seines Schlafzimmers, um ihn schnarchen zu hören, stahlen die Nummernschilder von seinen Wagen und bedeckten deren Kühlerhauben mit Liebesbotschaften in Lippenstiftschrift. Zum Beispiel: »Elvis don't be cruel, call 87-973« (Elvis, sei nicht grausam, ruf 87-973 an).
Als Plattenjokei Norm Prescott über den Bostoner Rundfunksender verkündete, er habe aus New York eine Sendung von Presley-Haaren bekommen, die unter notarieller Aufsicht vom Haupt des Sängers geschnitten worden waren, erhielt er 5000 Briefe von Jugendlichen. Sie alle wollten wenigstens eine Locke aus Presleys »Entenschwanz«.
Als Presley mit seinem Stab
- seinem Manager Tom Parker,
einem Diener, einem Publicity-Agenten, einem Sekretär und ein paar Leibwächtern - zu Probeaufnahmen nach Hollywood flog, stürmte ein Mob von 10 000 Jugendlichen das Flugzeug. Presley bewies der Filmstadt sogleich, daß er Lebensart hat: Er fuhr mit zwei Cadillacs beim Studio vor; in dem einen saß er, in dem andern lag seine Gitarre. Sein Gesicht, dessen Ausdruck den Zügen eines Mannes gleicht, der nach einer solennen Sauferei morgens früh um halb fünf das Tageslicht erblickt, erwies sich allen Befürchtungen zum Trotz als photogen. Die Studiochefs der 20th Century Fox verpflichteten ihn inklusive Koteletten, Hüftgezitter und Gitarre für »Love Me Tender«.
In diesem Film hat Presley vier Lieder vorzutragen - eine Liebesballade, ein Spiritual und zwei Volkslieder auf einem kirchlichen Picknick. Irgendwelche schauspielerischen Anstrengungen forderte ihm die simple Story nicht ab.
Die Hollywood-Presse vermerkte, daß Presley - im Gegensatz zu den einstigen »Rebellenz Marlon Brando und James
Dean - ein überaus höflicher schüchterner junger Mann ist, der die Bibel zitiert, der nicht raucht, nicht flucht und nicht trinkt und der unter dem leuchtend roten Samthemd nicht einmal - wie die Korrespondentin Aline Mosby über Fernschreiber berichtete - Haare auf der Brust hat.
Noch während Presley in Hollywood die Perlchen des weiblichen Filmnachwuchses auf dem Rummelplatz ausführte, sie mit Coca-Cola, Bouletten und Achterbahnfahrten bewirtete, lancierte die Konsumgüter-Industrie eine Verkaufskampagne, die den Erfolg auch der zugkräftigsten Verkaufssymbole, wie Mickey-Mouse, Donald Duck, Hopalong Cassidy*, übertreffen soll und nach Auffassung der Industriellen sogar den alten Magier Disney zwingen wird, die Waschbärenmütze Davy Crocketts wieder in den Requisitenschrank zurückzulegen.
Die an der Verkaufskampagne beteiligten Versand-Firmen und Kettenläden - Sears, Roebuck & Co., Montgomery Ward, Woolworth, Macy's, Whalen, Allied Department Stores und andere - erwarten, daß sie bis zum Jahresende für 20 Millionen Dollar Artikel mit Presleys Namen, Bild und Initialen verkaufen werden: Hüte, Hemden, Nietenhosen, Halstücher, Socken, Segeltuchpuschen, Röcke, Blusen, Gürtel, Portemonnaies, Armbänder, Halsketten, Bücherständer, Handschuhe, Statuen, Gitarren, Lippenstifte, ausgestopfte Puppen, Schreibpapier, Grußkarten, Sweater, eine Limonade und ein Glüh-Porträt von Presley, dessen Züge noch zwei Stunden lang fluoreszieren, nachdem das Licht ausgeschaltet worden ist.
Sondersitzung im Pentagon
Kürzlich aber gab es erste Anzeichen, die trotz allem darauf schließen ließen, daß der Sockel des Götzen erste feine Risse bekommen hat. Noch Ende des Sommers hatte Ed Sullivan, der Veranstalter der beliebtesten Unterhaltungssendung des amerikanischen Fernsehens, den Bariton aus Tennessee für eine Gage von 50 000 Dollar verpflichtet. Der Vertrag lief vor wenigen Wochen ab, und Sullivan weigerte sich nun, ihn zu verlängern.
Die New-Yorker Agentur William Morris, die den Presley managt, mußte mehrere Absagen hinnehmen. Das Columbia Broadcasting System (CBS) und die National Broadcasting Company (NBC), die einen großen Teil des amerikanischen Fernsehens beherrschen und 400 Rundfunksender mit Programmen versorgen, lehnten das Angebot ab, Presley für eine Gage von 300 000 Dollar langfristig zu engagieren.
Wenn die Einschätzung der amerikanischen Fernsehmanager zutrifft, dann hat die »männliche Atombombe« ihre »Halbwertzeit« erreicht. Elvis Presley, der seinen frisch erworbenen materiellen Wohlstand mit dem Unbehagen eines Alpträumers betrachtet, ist smart genug, um zu wissen, daß die Massenhysterie, der er seine Karriere verdankt, ebenso schnell abebben kann, wie sie aufgeflackert ist.
Ihm scheint bewußt zu sein, was Psychologen auf dem Jazz Festival von New Port diskutierten: daß keine Jugend der Welt nervlich robust genug ist, um die Presley -Orgie über einen längeren Zeitraum durchzuhalten, und daß sich die amerikanischen Teenager deshalb schon bald wieder andere, gemäßigtere Formen suchen werden, um ihre permanente Rebellion zu manifestieren.
Noch aber ist Presleys Popularität bei den Teenagern so stark, daß sich hohe Offiziere des amerikanischen Verteidigungsministeriums zu einer Sondersitzung trafen, als die amerikanische Armee über die (routinemäßige) Einberufung des Schlagersängers zu befinden hatte. Welche Probleme mit dem Rekruten Elvis Presley in die US-Armee einziehen würden, ließ die Telegrammflut ahnen, die in den letzten Wochen das Pentagon überschwemmte. Tausende von Teenagern hatten keine Telegramm -Kosten gescheut, um gegen Presleys Einberufung zu protestieren.
Presley soll noch in diesem Monat einrücken, und die Soldatenzeitung der Ausbildungsgarnison frohlockte: »Dann wird dieser Bursche endlich einen vernünftigen Haarschnitt bekommen ... der Entenschwanz und die berühmtesten Koteletten der Welt müssen weg.«
Presleys Einberufung bereitet den Armee -Offizieren das Ausbildungsproblem, seit vor vier Jahren der McCarthy-Freund Gerard David Schine Soldat wurde. In Sondersitzungen legten Armee-Beamte Bestimmungen für die Behandlung des umschwärmten Rekruten nieder und berieten militärische Vorsichtsmaßnahmen zur Fan -Abwehr. Datum und Uhrzeit des Armee -Eintritts sollen möglichst geheimgehalten werden. Die genaue Ankunftszeit des Schlagermillionärs in Fort Dix ist nur einigen - Freunden und den Armee-Offizieren bekannt.
Aber dennoch wird der Dienst in der Armee die Presley-Welle nicht brechen. Sobald Presley eine verkürzte Ausbildung absolviert hat, soll er Sonderurlaub für Fernsehauftritte und Schallplattenaufnahmen bekommen und in einem sechswöchigen Urlaub die Hauptrolle in einem zweiten Paramount-Film spielen.
Auch für den Dienst in der Armee glaubt das Verteidigungsministerium das Star -Problem gelöst zu haben: Das Teenager -Idol Elvis Aaron Presley soll so schnell wie möglich in der Truppenbetreuung eingesetzt werden.
* to croon: wimmern, leise singen.
* »Hound Dog"/"Don't Be Cruel« (47-6604/20 86014), »I Want You, I Need You, I Love You"/ »My Baby Left Me« (47-6540/20-6540), »I Forgot To Remember To Forget"/"Mystery Train« (47-6357/20-6357), »Heartbreak Hotel"/"Was The One« (47-6420/20-6420), »Blue Suede Shoes"/ »Tutti Frutti« (47-6636/20-6636), »I'm Counting On You"/"I Got A Woman« (47-6637/20-6637), »I'm Gonna Sit Right Down And Cry"/"I'll Never Let You Go« (47-6638/20-6638), »Tryin' To Get To You"/"I Love You Because« (47-6639/ 20-6639), »Just Because"/"Blue Moon« (47-6640/ 20-6640), »One Sided Love Affair"/"Money Honey« (47-6641/20-6641), »Shake, Rattle And Roll"/"Lawdy, Miss Clawdy« (47-6641/20-6642), RCA, je 4 Mark.
* Donald Duck, der pfiffige Enterich der Disney-Zeichnungen, der, stets unbeschadet aus den Gefahren auswegloser Situationen hervorgeht, wird besonders von der Spielzeugindustrie als Verkaufssymbol verwendet. »Hopalong Cassidy«, der 61 Jahre alte weißhaarige Film- und Fernsehschauspieler William Boyd, wurde durch zahllose Wildwestflime und -Fernsehserien ein Kinder-Idol. Seit Jahren produzieren über 100 lizenzierte Hersteller Hopalong Cassidy -Erzeugnisse: Cowboy-Ausrüstungen, Spielzeugpistolen, Pyjamas, Betten, Tapeten, Biskuits, Erdnußbutter und sogar Fahrräder (deren Lenkstangen wie die Hörner eines Stieres gebogen sind).
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