»ENTARTETE NATION«
»Professor Dr. Hans Delbrück am 11. September 1914:
Als die am meisten Gleichberechtigten und Gleichwertigen stehen in meinen Augen deshalb noch die Franzosen da, die wirklich auch in sich eine große nationale Idee und eine Kultur, die Wir ihnen nicht absprechen wollen, verteidigen. Das Schicksal zwingt uns, mit ihnen zu kämpfen, und wir werden uns ritterlich mit ihnen, auseinandersetzen. Aber da drüben die Geschäftsmänner, die bloß zahlen, die ihre Söldner ausschicken und die barbarischen Massen aufbieten und denken, uns damit niederwalzen zu können, die wollen wir bekämpfen nicht nur mit derselben Tapferkeit, und wie wir hoffen auch mit demselben Erfolg, sondern auch mit der Überzeugung einer unendlichen inneren Überlegenheit - ich habe nichts weiter hinzuzufügen - einer Überlegenheit, die schon aus- sich heraus imstande ist, den endlichen Sieg zu verbürgen.
Professor Dr. Adolf von Harnack am 29. September 1914:
Es sagt wohl mancher, wir hätten es gar nicht zu erleben gebraucht, wenn wir eine bessere Diplomatie gehabt hätten. Ich bin, Gott sei Dank, kein Diplomat und auch nicht eingeweiht in die Geheimnisse der Diplomatie. Es mag sein, daß sie nicht sehr gut war. Eins ist mir aber ganz gewiß: Der Krieg wäre auch bei einer besseren, ja sogar bei der besten Diplomatie ausgebrochen; denn es gibt zwar sehr vieles, was man friedlich bezwingen kann, aber kaufmännischen Konkurrenzneid eines ganzen Volkes kann man friedlich nicht bezwingen.
Professor Dr. Max Sering am 6. November 1914:
Man führt Krieg gegen unseren Fleiß, unsere Disziplin und organisatorischen Fähigkeiten, gegen unsere wirtschaftliche und wissenschaftliche Arbeit; man führt Krieg gegen den deutschen Geist. Es ist derselbe Geist, der unser Heer zum »mächtigsten Kriegsinstrument« gemacht und unsere Volkswirtschaft zu so großen Erfolgen geführt hat. Insofern haben die britischen Minister recht, wenn sie verkünden, daß ihr Kampf sich gegen den deutschen »Militarismus« richte.
Professor Dr. Alois Riehl am 23. Oktober 1914:
Der richtige politische Instinkt des Volkes hat den. eigentlichen Treiber dieses Krieges erkannt. An die Stelle unseres traditionellen Erbfeindes ist jetzt England getreten. Englands Handelsfeindschaft hat nun wirklich, wie eine englische Zeitschrift schon 1898 richtig voraussagte, den größten Krieg entfesselt, den die Welt je gesehen. Weil die Engländer es uns nicht gleichtun konnten in gewissenhaftem Denken, ausdauerndem Handeln, in Disziplin, der Quelle unserer Organisation, weil wir sie übertroffen haben in der Eisen- und Stahlindustrie, der chemischen Industrie und in so vielem anderen, deshalb haben sie uns diesen Krieg entzündet. Ein anderes Mittel kennen sie nicht, sie kennen nicht eine auf der Höhe der Kultur stehende Konkurrenz, den berechtigten Wetteifer der menschlichen Fähigkeiten und Eigenschaften.
Professor Dr. Wilhelm Kahl am 9. Oktaber 1914:
Einen tieferen und gerechteren Haß als den gegen Heuchler gibt es nicht. Lügt Friedensgesinnung und fällt uns an, weil just bei gegebener Gelegenheit er unseres Verderbens und seines guten Geschäfts gewiß zu sein glaubt. Lügt, Cherubim des Völkerrechts zu sein und bricht es Tag für Tag. Lügt Freiheit und verbündet sich mit dem Tyrannen. Lügt christliche Art und Weltmissionsberuf und peitscht die Heiden gegen uns auf. Lügt germanisches Blut und kratzt aus allen Rassen der Welt seine Heere gegen uns zusammen. Lügt Weltmachtsgeist und -kraft und überfällt wehrlose Kolonien. Lügt immer. Das könnte uns kalt lassen, wenn's nur nicht eben England und wenn nicht die Geschichte von tausend Jahren wäre.
Professor Dr. Otto von Gierke am 18. September 1914:
Staunend sah das Ausland uns zu einer Größe emporsteigen, die altgewohnte eigene Vorzüge zu überflügeln drohte. Das gerade war es ja, was rings die bösen Leidenschaften des Neides und der Mißgunst weckte, was den Antrieb zu dem schmachvollen Versuche, uns durch vereinigte Überzahl rechtzeitig zu erdrosseln, bildete, was der Krämerseele der entarteten englischen Nation, des eigentlichen Anstifters und hinterlistigen Drahtziehers bei dem verruchten Plan, den Mut zum unerhörten Verrat einflößte!
Professor Ulrich von Wilamowitz-Moellendorff am 27. August 1914:
Und dann England! Das schickt nicht, wie Frankreich, alle seine Söhne, sondern es schickt angeworbene Mannschaft. Dort ist der eigentlich treibende böse Geist, der diesen Krieg emporgerufen hat aus der Hölle, der Geist des Neides und der Geist der Heuchelei. Was gönnen sie uns nicht? Unsere Freiheit, unsere Selbständigkeit wollen sie untergraben, jenen Bau der Ordnung, der Gesittung und der freilich selbstbewußten Freiheit, den wir uns errichtet haben, wollen sie zerstören, die Tüchtigkeit und Ordnung nicht bloß in unserem Heer und in unserem Staatsbau, nein, in dem ganzen Bau unserer Gesellschaft. Wenn der englische Marineoffizier jetzt durch ein feines, schönes Glas hinausschaut, umschaut nach deutschen Kreuzern, so ärgert ihn - wir verdenken es ihm nicht -, daß das Glas in Jena geschliffen sein wird, und die Kabel, die durch die Meere ziehen, sind zum größten Teile in Charlottenburg am Nonnendamm verfertigt. Die Güte der deutschen Arbeit wurmt ihn.