ENTWICKLUNGSHELFER
Daß der Pädagoge Professor Hans Wenke, nachdem er in der NS-Zeit Hitlers Unterjochung zahlloser Nationen als »Volkskrieg« und »Freiheitskrieg« gewürdigt hatte, bei Kriegsende nicht von selbst aus dem öffentlichen Leben geschieden ist, wundert einen - wenn man den Charakter deutscher Jugenderzieher kennt - nicht. Ebensowenig wundert mich, daß er von seinem Amt als Gründungsrektor der Bochumer Universität nicht zurücktrat, als seine nazifreundlichen Arbeiten publik wurden - zu solcher anständigen Haltung fehlen ja bei uns die Vorbilder. Was mich wundert, ist einzig und allein die Tatsache, daß der nordrhein-westfälische Kultusminister Mikat sich nach Bekanntwerden der Vergangenheit Wenkes, nicht - wie sonst üblich - schützend vor den Professor stellte, sondern dessen Bochumer Kollegen unverzüglich aufforderte, einen neuen Rektor zu wählen. So ein Mann wie Mikat läßt einen wieder hoffen.
Lehrte (Nieders.) HORST HEIMANN
Wenn Sie behaupten, daß Mikat sofort pariert und die Bochumer Professoren ermächtigt hätte, »nunmehr aus ihrem Kreis« einen Ersatzmann zu wählen, so sind Sie einfach auf ein perfides Märchen hereingefallen. Als Bochumer Professor bin ich bislang zu einem derartigen Akt illoyaler Abwahl nicht ermächtigt worden. Professor Wenke, der bereits 1963 einen Ruf an die Bochumer Universität abgelehnt hat, hat nie einen Hehl daraus gemacht und mehrfach davon gesprochen, daß er - neben seiner Hamburger Lehrtätigkeit - die Geschäfte eines Gründungsrektors nur bis zur Eröffnung der Universität übernehmen wolle. Warum bleibt Ihnen angesichts der doch imponierenden Aufbauarbeit in Bochum das Lob in der Kehle stecken? Aber die sterile Hexenjagd kann eben heute mit
mehr Beifall rechnen, als die sachliche und tätige Sorge um die Entwicklung des deutschen Bildungswesens, dem Hans Wenke Zeit, Gesundheit und Energie mit erheblichem Erfolg geschenkt hat.
Bochum PROF. DR. JOACHIM H. KNOLL
Ihre Artikel über die Professoren Wenke und von Pölnitz bedürfen einer - wie mir scheint: wichtigen - Ergänzung. Als Studentin der Universität Erlangen von 1942 bis 1945 gehörte ich zu jenen, die das offene Geheimnis kannten, daß die Professoren Wenke und von Pölnitz, in besonderem Maße bereit waren, NS gefährdeten Studenten zu helfen. Dieser - damals gefährliche - Ruf war keineswegs zufällig entstanden. Er gründete sich auf ihre tatkräftige Abwehr gegenüber mancherlei Übergriffen von verschiedenen NS-Organisationen. Zum Beispiel gehöre ich zu jenen Fällen, denen Herr Professor Wenke - 1944 durch seinen Einsatz die Weiterführung des Studiums ermöglicht hat.
Wenn heute Beurteilungen der damals tätigen Professoren gewagt werden, so ist es wenig sinnvoll, dies ohne Vergleich der individuellen Verhaltensweisen zu tun: Da nahezu jeder Vertreter geisteswissenschaftlicher Disziplinen einige der damals geforderten Bekenntnisse aufzuweisen hat - und man es daher in etwa mit einem Gesamtschicksal einer bestimmten Professorengeneration zu
tun hat - verlangt ein einigermaßen gerechtes Urteil neben einer Kenntnis der jeweiligen Universitätssituation auch eine Kenntnis des persönlichen Verhaltens in eben jener Situation. Die sich so ergebenden Maßstäbe für eine Beurteilung dürften durchaus ehrenvoll für die Professoren Wenke und von Pölnitz sein.
Frankfurt DR. HERTHA STURM
Leiterin der Abteilung
Bildung, Erziehung, Jugend, beim Zweiten Deutschen Fernsehen
Knoll