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KOMBILOHN Ernüchternde Erfahrungen

aus DER SPIEGEL 3/2006

Mehrere unionsgeführte Bundesländer wollen die Einführung von Kombilöhnen forcieren - trotz ernüchternder Erfahrungen in bisherigen Modellversuchen. So hat Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU), der die Kombilohn-Debatte im Bund wieder anfachte, mit diesem Instrument in seinem eigenen Land keinen Erfolg gehabt. Laut aktuellem Abschlussbericht eines rund 1,5 Millionen Euro teuren Modellversuchs in Kassel, den die landeseigene Hessen Agentur erstellt hat, kamen im Rahmen des Versuchs zwar 109 Sozialhilfeempfänger zumindest vorläufig in Arbeit. Der Report offenbart jedoch vor allem eklatante Schwächen des Modells: Die Erwartung, neue und dauerhafte Niedriglohnjobs bei Privatpersonen zu schaffen, »hat sich nicht erfüllt«, so das abschließende Urteil. Arbeitgeber hätten »Mitnahmeeffekte realisiert«, indem sie Stellen, die sie ohnehin besetzen wollten, nun vom Staat bezuschussen ließen. Zudem sei »schwer festzustellen«, ob reguläre Beschäftigte nur durch geförderte ersetzt wurden. Eine landesweite Einführung sei wegen der hohen Kosten ohnehin »kaum realisierbar«.

Ähnliche Erfahrungen gab es mit dem in Rheinland-Pfalz entwickelten »Mainzer Modell«, das 2003 nach einjähriger, bundesweiter Testphase wieder abgeschafft wurde. Nach einem Bericht von Deutsche Bank Research muss wegen Mitnahmeeffekten und Steuerausfällen mit Kosten von 40 000 Euro pro Fall und Jahr gerechnet werden; das sei »etwa das Doppelte dessen, was der Staat heute im Rahmen von Hartz IV für eine vierköpfige Familie ausgibt«. Hessen, Hamburg und Baden-Württemberg wollen dennoch am Kombilohn in ihren Ländern festhalten und ihn ausbauen. Es gehe »nicht um ein Sparprogramm, sondern darum, Langzeitarbeitslosen wieder eine Teilhabe am Arbeitsleben zu ermöglichen«, so Hessens Sozialministerin Silke Lautenschläger (CDU). Das SPD-geführte Rheinland-Pfalz hingegen steht dem Kombilohn kritisch gegenüber.

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