FABELHAFT
Was bei der Aktion gegen den SPIEGEL geschehen ist und dem Volk zugemutet wurde, war so eindeutig dumm, frech und verlogen, daß man der Meinung sein konnte, es könne sich nicht wiederholen. Der amtliche SPIEGEL-Bericht ist aber eine konsequente Fortsetzung.
Myhl (Nordrh.-Westf.) HERBERT SCHERZ
Nachdem nun der SPIEGEL-Bericht vorliegt, steht wohl auch dokumentarisch fest, daß Franz-Josef Strauß vor dem Bundestag, der verfassungsmäßigen Vertretung des deutschen Volkes, nicht nur einmal die Unwahrheit gesagt hat, sondern dies jedesmal tat, wenn er vor dem Parlament in der SPIEGEL-Sache den Mund aufmachte.
Bremen KARL WESTERMANN
Wie ist es möglich, daß solch ein Minister mit dem Großen Zapfenstreich verabschiedet wird?
Köln ALBERTINE MAUEL-WILDHAGEN
Einem Lehrgangsteilnehmer, der so panisch reagierte, unkompliziert log, ohne Rücksicht seine Kameraden belastete, in kritischen Situationen trank und sich dann auf Krankheit berief, einem solchen Kandidaten habe ich stets, auch
im Falle guter Beherrschung der Waffentechnik, die Qualifikation zum Unteroffizier verweigert.
Hamburg HEINZ REBISCHKE
Oberleutnant der Res. und ehem. Ausbildungsleiter an einer Marineflakschule
Nach den dürftigen Äußerungen zum SPIEGEL-Bericht und den daraus zu ziehenden Konsequenzen muß man der Auffassung sein, daß alle mehr oder weniger Verantwortlichen bemüht sind, diese für sie so peinliche Affäre so schnell wie möglich zu vergessen, anstatt endlich einmal aus Fehlern zu lernen. Mitverantwortung hat offenbar nur noch als rhetorischer Begriff Gültigkeit.
Hamburg JOCHEN HANSEN
Wenn Personen in leitender Stellung in der Bundesregierung in einem Bericht über den Ablauf von Vorgängen und die Verantwortlichkeiten für diese Vorgänge sich in solche Widersprüche verwickeln und mit solchen Entstellungen und Verschleierungen arbeiten, verlieren solche Personen als Ankläger, gleich in welcher Sache, jede Glaubwürdigkeit. Die Rechtsprechung aber darf nicht zur Waffe von unglaubwürdigen Personen gemacht werden.
Dortmund WALTER FUHS
Es muß England sehr schlecht gehen, daß es Gemeinsamkeit mit einem Staate anstrebt, in dem geschehen kann, was Ihr SPIEGEL-Bericht über den SPIEGEL-Bericht dokumentiert. Dabei verfährt der SPIEGEL immer noch viel zu glimpflich mit seinen Feinden. Das, was die Rechtsstaatlichkeit der Bundesrepublik vor aller Welt zur Farce gemacht hat, darf doch nicht einfach weiterregieren! Bitte stellen doch Sie nun endlich Ihre vermaledeite Staatsräson hintan und machen Sie unmißverständlich klar: Höcherl und seine Mannen dürfen nicht auch noch Notstandsgesetze in die Finger kriegen!
Frankfurt
WOLFGANG BARANOWSKY
Kleiner Irrtum: Der Bundesjustizminister hätte der Bundesanwaltschaft überhaupt keine Amtshilfe im Sinne des Artikels 35 des Grundgesetzes leisten können; diese ist nur unter voneinander unabhängigen Behörden möglich. Aufgrund des Paragraphen 147 Ziffer 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes unterstehen der Generalbundesanwalt und die Bundesanwälte jedoch der Aufsicht und Leitung des Bundesministers der Justiz und sind somit, wie es in Ihrem Artikel richtig
heißt, dessen eigene, von ihm abhängige Behörde. Damit ist für Amtshilfe kein Raum mehr.
Münster VOLKER HEYDT
Der Dichter Franz Grillparzer (1791 bis 1872) schrieb vorahnend die Verse:
Der Minister des Äußern
Kann sich nicht äußern,
Der Minister des Innern
Ist schwach im Erinnern,
Der Kriegsminister
Trägt Szepter und Kron
Im Tornister.
Grillparzer gab diesen Versen die Überschrift »Niederösterreichisch«. Wie müßte sie heute lauten?
Kiel HEINRICH LANGMAACK
Bei Tucholsky fand ich einen geradezu prophetischen Passus: »Wenn ein Minister seine Aufgabe bis zum blamablen Zusammenbruch verfehlt hat, Fehler auf Fehler gehäuft, gelogen, aber schlecht gelogen, so schlecht gelogen, daß nicht einmal das Gegenteil von dem wahr war, was er sagte ... getäuscht, aber unvollkommen getäuscht -: dann geschieht was? Dann fährt er, unwiderruflich, liebe Frau, ins Ausland zur Erholung, liebe Frau.«
Köln ROBERT KNICKENBERG
Ich gönne Ihnen Ihren Triumph über die maßgeblichen Minister zweier Bundeskabinette von Herzen und habe für Ihren Stolz Verständnis. Aber langsam wird es langweilig. Sie wurden in letzter Zeit von verschiedener Seite als unentbehrliche Institution für das Funktionieren unserer Demokratie bezeichnet. Handeln Sie danach: Institutionen (und die unentbehrlichen besonders) pflegen ihre Arbeit in der Stille ohne Selbstbeweihräucherung zu verrichten.
Wetzlar BERND KOCH
Was gestern geschah, kann sich heute und morgen wiederholen. Restlose Aufklärung und strengste Bestrafung ohne Ansehen der Person aber kann noch gewitterreinigend sein.
Bonn ERWIN BEILSTEIN
Fibag, Onkel Aloys und andere Affären, über die in anderen Nationen nicht nur der darin verwickelte Minister, sondern auch sein Regierungschef gestürzt wäre, wenn dieser versucht hätte, seinen Minister weiter zu decken, hatten in der Bundesrepublik Deutschland höchstens ein Hochziehen der Brauen bei den Oberen zur Folge. Es mußte erst ein Parlament von über 500 Köpfen in tagelangen Fragestunden nach Strich und Faden von eben diesem Minister belogen werden, um ihn endlich - und dann noch mit Zapfenstreich und vielen Dankesbezeigungen - von seinem Posten zu entfernen, den er heute noch innehätte, wenn es keinen SPIEGEL gäbe.
Maximiliansau (Rhld.) DR. A. OTTING
Kann man von einem Normalverbraucher, der auf Demokratie geimpft wurde, wirklich erwarten, daß er das Serum verkraftet, nachdem ihm dieses Puzzlespiel von der Regierung vorgeführt wurde und er nun voller Sorgen daran denkt, wie sich diese Regierung - gar mit Notstandsgesetzen ausgestattet - anstellen wird, wenn sie tatsächlich einmal sich überstürzenden Ereignissen konfrontiert wird?
Weiden (Oberpfalz) RUDOLF HELZEL
Zu jenem Strauß-Photo in Ihrem Bericht kann ich nur sagen: Wer so an der Krawatte zieht, dem muß doch schon reichlich warm geworden sein.
Raubach (Rhld.-Pfalz) HORST GROMZIK
Westdeutsche Allgemeine
Die guten ins Töpfchen, die schlechten ins Kröpfchen