Fahne
Es wird Sie im Zusammenhang mit Ihrem gut geschriebenen Bericht über die Saarkonventionen interessieren, wie die Fahne entstand, die Herr Hoffmann und die um ihn die Saarfahne nennen. In der französischen Zeitschrift »POINT DE VUE, IMAGES DU MONDE« vom 26. 1. 1950 wird darüber in Monsieur Hoffmanns eigenen Worten berichtet.
Diese Fahne besteht aus der französischen Trikolore, die mit einem nordischen oder griechischen Kreuz in weißer Farbe versehen ist.
»Welch schöne Abänderung unserer Trikolore, Herr Präsident«, machte Hochkommissar Gilbert Grandval ein charmantes Kompliment. Monsieur Hoffmann lachte und erwiderte:
»Die Idee ist keineswegs von mir. Sie ist von Madame Hoffmann. Ich selbst hatte lediglich vor, das Saarbrücker Wappen in die linke obere Ecke der Trikolore zu setzen. Das schien mir die große Freundschaft Frankreichs schützend auf uns herabzurufen. Aber Mme. Hoffmann riet mir besser. »Johannès«, sagte sie, »Johannès, Deine Fahne ist nicht politisch genug. Du weißt sehr gut, daß Du Dich nicht mit Frankreich begnügen kannst, um unabhängig und frei von den Deutschen leben zu können. Du brauchst auch unseren Hl. Vater, den Papst. Es genügt nicht, eine Empfehlung des Hl. Vaters zu besitzen, der dem Klerus anheimstellt, sich nicht in politische Dinge zu mischen. Der Vatikan muß eine apastolische Administration errichten, die dem Klerus unmöglich macht, gegen Dich zu arbeiten. Unsere Fahne muß unserem Hl. Vater, den Papst daran erinnern, daß wir von der Ewigen Stadt ein wenig Ewigkeit für die Saar erwarten.«
Und dann erzählt der wohlgerundete Präsident der Saarrepublik, seine Frau habe selbst den Effekt der neuen Fahne geprüft und ein Kreuz aus Satinband darauf gelegt.
Weil das so schön war, sagte POINT DE VUE, haben wir es aufgeschrieben. Weil es immerhin bemerkenswert ist, daß die Fahne der Nachkriegssaarrepublik aus dem Nähkästchen entstand, unter den nadel- und fadengewandten Händen der Saarkommandeuse, habe ich es Ihnen weiterberichtet.
Offenbach
REINHARD HAUSCHILD