FEHLBESETZUNG
Objektiv ist es zwar unbestreitbar, daß eine so wichtige Aufgabe wie die Verdolmetschung der Kennedy-Reden eher einem Professionellen als einem »Amateur« zu erteilen wäre; dort jedoch, wo der Artikelschreiber in seiner Kritik substantiell zu werden glaubt, nämlich gerade bei dem Vergleich zwischen der Verdolmetschung Lochners und der wortgetreuen Übersetzung, gerade dort zeigt sich die Stellungnahme des Laien. Beide Fassungen sind nämlich mit »Übersetzung« überschrieben, so daß der Vergleich hinkt. Lochners Verdolmetschung ist keine Übersetzung, sondern eine Übertragung; da gelten andere Maßstäbe, die der Artikelschreiber nicht zu kennen scheint.
So berechtigt es sein mag, Herrn Lochners Verdolmetschung einen gewissen »ungehobelten« Stil ("Welt") und mangelhafte Erfahrung nachzusagen (den Witz mit den bepelzten Amerikanern kann man im Gedächtnis behalten, ohne ihn zu notieren), so ungerecht ist der Vergleich mit der getreuen Übersetzung.
Brüssel HANS ENGELS
Diplom-Dolmetscher
In Ihrer Kritik des Dolmetschers Robert Lochner haben Sie nicht berücksichtigt, daß es verschiedene Arten des Dolmetschens gibt. Wortgerechtes Dolmetschen ist nur möglich, wenn Satz für Satz übersetzt wird. In Köln wurde aber absatzweise gedolmetscht. Der Redner, der sich für diese Art entscheidet, muß sich damit begnügen, daß nur der Sinn seiner Worte übermittelt werden kann. Das hat aber Herr Lochner an den von Ihnen monierten Stellen im großen und ganzen getan, nur daß er sich offenbar verhört hat, als der Präsident von den in Köln marschierenden Römern sprach.
Ihr eigener Artikel ist nicht frei von Übersetzungsfehlern. Die morale division, bei der Herr Lochner im Bombing Survey (nicht »Service«, wie Sie schreiben!) tätig war, hatte es nicht mit den »moralischen Auswirkungen« der Luftangriffe zutun, sondern mit der Wirkung auf die Stimmung der Bevölkerung. Das englische Wort morale hat eine andere Bedeutung als »Moral«.
Köln PROF. DR. HEINZ GURADZE
Als seit über fünfzehn Jahren tätiger Konferenzdolmetscher (gegenwärtig bei EWG in Brüssel) und ehemaliger stellvertretender Vorsitzender des Internationalen Konferenzdolmetscher-Verbandes möchte ich zu Ihrem Artikel folgendes sagen: »Dieser eine Fehler« lag nicht sosehr beim Auch-Dolmetscher Lochner (übrigens nicht zu verwechseln mit dem richtigen Konferenzdolmetscher Reinhard-Karl Lochner aus Hamburg); er tat, was er konnte.
Der Fehler lag bei der amerikanischen Stelle, die für die Verpflichtung eines Dolmetschers für Kennedys Deutschland-Reise verantwortlich war. Dolmetschen auf dieser Stufe ist etwas, das gelernt und geübt sein will. Es gibt in Amerika - im Gegensatz zur Behauptung Lochners - ausgezeichnete Dolmetscher für die Sprachkombination Englisch-Deutsch, es gibt deren viele andere in Deutschland selbst.
Brüssel WALTER KRISER