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Historische Versäumnisse der Wendezeit Wie die Volksparteien ihre Wähler verprellten

Union und SPD verlieren dramatisch an Wählergunst. Der Historiker Andreas Wirsching sieht die Ursprünge für die Vertrauenskrise in einem politischen Projekt des Westens.
aus DER SPIEGEL 33/2019
Foto: WALTRAUD GRUBITZSCH / DPA

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Andreas Wirsching, 60, lehrt Neueste Geschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität München und ist Direktor des Instituts für Zeitgeschichte.

SPIEGEL: Herr Wirsching, drei Wochen vor den Landtagswahlen in Sachsen und in Brandenburg sind die beiden traditionellen Volksparteien in der Wählergunst bundesweit auf zusammen unter 40 Prozent abgesackt. Was machen CDU/CSU und SPD falsch?

Wirsching: Die Ursachen der Erosion gehen zurück in die Achtzigerjahre. Die Parteien standen damals vor der Herausforderung eines gewaltigen wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Strukturwandels - seit den Siebzigern mit Haushaltsdefiziten und hoher Arbeitslosigkeit. Als Reaktion hierauf haben die Union unter Helmut Kohl wie auch die SPD - jede für sich und wenig unterscheidbar - ein Programm durchgezogen, das beim Wähler zu Enttäuschungen geführt hat. Mit dem Beginn der Globalisierung wurde den Bürgern bei sinkenden Reallöhnen ein enormer Anpassungsdruck abverlangt.

SPIEGEL: Sie übertreiben. Deutschland hatte in den Neunzigerjahren fast fünf Millionen Arbeitslose, heute herrscht nahezu Vollbeschäftigung. Eine über ein Jahrzehnt florierende Wirtschaft hat einen Wohlstandsschub ausgelöst.

Wirsching: Ob das so weit her ist mit dem Wohlstandsschub, bezweifle ich. Jedenfalls ist es ein Schub, der längst nicht bei allen angekommen ist und die soziale Ungleichheit verstärkt hat. Was dagegen alle erfahren haben, ist der Preis der Modernisierung. Den Menschen werden Zumutungen abverlangt, die sie nicht so gerne haben. Ihnen wird etwa gesagt: Wir leben in einer Wissensgesellschaft, also werde besser, mach dich fit, stell dich dem Wettbewerb, unterwirf dich einem lebenslangen Lernen. Und rechne nicht damit, deinen Beruf bis zur Rente ausüben zu können.

SPIEGEL: Das ist immer noch aktuell.

Wirsching: Eben. Seit mehr als 30 Jahren hören die Beschäftigten diesen Imperativ: "Du musst deine Employability sichern." Alle Studien zeigen, dass dieser dauerhafte Druck in der Privatwirtschaft zugenommen hat. Und inzwischen besteht er auch im staatlichen Sektor.

SPIEGEL: Die Globalisierung ist keine Erfindung der Union oder der Sozialdemokratie. Was hätten denn Kohl oder SPD-Chef Hans-Jochen Vogel tun sollen?

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