FIAT 500: FLITZER FÜR PFENNIGFUCHSER
DER SPIEGEL veröffentlicht die Ergebnisse einer Untersuchungsreihe, in der jeweils 3000 Automobilbesitzer über die Vorzüge und Mängel der von ihnen gefahrenen deutschen und ausländischen Modelle, befragt werden. Die einundzwanzigste Umfrage gilt dem Fiat 500. Die befragten Besitzer haben den Wagen im Durchschnitt acht Monate lang gefahren und mit ihm 7833 Kilometer zurückgelegt*.
Fiats Kleinster ist der Wagen der Rechner, nicht der Reisenden. »Wenn schon ein Auto«, so motivierte ein Maschinenschlosser den Erwerb eines Fiat 500, »dann soll es mich finanziell nicht derart belasten, daß meine Frau in die Fabrik muß.«
Pure Pfennigfuchserei der Mehrheit seiner Käufer verhalf dem kleinsten vollwertigen Automobil der Weltproduktion zu einem Welterfolg. Ein Student: »Kein anderes Auto kommt dem Fiat 500 bei dem niedrigen Preis an Rentabilität gleich.«
Gleichwohl wurde das Turiner Klein -Mobil nicht nur für Studenten, Arbeiter und kleine Angestellte zum favorisierten Transportmittel. Seine Beliebtheit bei Hausfrauen machte es zu einem der meistverbreiteten Zweitwagen. Begüterte Eltern bevorzugen es mehr und mehr für die Erstmotorisierung von Teens und Twens, und selbst Wohlstandsbürger bekennen sich immer stärker zu dem wendigen Winzling als dem idealen Stadtwagen.
Für 77,2 % aller Käufer ist die allgemeine Wirtschaftlichkeit des Fiat 500 der vorherrschende Kaufgrund, weitere 54,3 % betrachten ihn als »ungewöhnlich preiswerte Anschaffung«. 39,0 % waren speziell von den verkehrsgünstigen kleinen Außenmaßen des Wagens angetan, 31,4 % von seiner Wendigkeit**.
21,4 % waren beim Kauf auf reine Zweckmäßigkeit erpicht ("Genau die richtige Portion Auto für mich«, formulierte eine Hausfrau), fast ebenso vielen war es um niedrige Benzinkosten zu tun (20,5 %). Von 17,6 % wurde der Fiat 500 als »praktischer Stadtwagen«, von 13,3 %
als »preisgünstiger Zweitwagen« erworben. 11,4 % kauften ihn, weil sie schon mit anderen Fiat-Fahrzeugen gute Erfahrungen gemacht hatten, je 9 % schafften ihn an, weil er »das kleinste richtige Auto« sei und weil ihnen die Form gefiel.
Der erwartete niedrige Benzinverbrauch wird durch die Praxis bestätigt: Im Durchschnitt verbrauchte der Fiat 500 nur 6,41 Liter Normalbenzin auf 100 Kilometer; Verbrauchsangaben nach Gruppen:
5,4 Liter und weniger - 8,3 %
5,5 bis 5,9 Liter - 21,2 %
6,0 bis 6,4 liter - 27,8 %
6,5 bis 6,9 Liter - 18,4 %
7,0 bis 7,4 Liter - 10,1 %
7,5 Liter und mehr - 14,2 %
Sehr günstig bewerten die Fahrer die Straßenlage:
ausgezeichnet - 33,0 %
gut - 49,6 %
zufriedenstellend - 14,5 %
ausreichend - 2,6 %
unbefriedigend - 0,3 %
»Wer ihn auf den Kopf stellt«, so merkte ein Seineider an, »der kann nicht fahren.« Ein Handelsvertreter: »Fast unmöglich, den Wagen ins Schleudern zu bringen.« Ein Buchdruckermeister: »Die Straßenlage übertrifft alle Erwartungen
- einzigartiges Kurvenverhalten.« Allerdings sei auch der Fiat 500 empfindlich gegen seitlichen Wind, jedoch »weniger als andere Heckmotorwagen« (so ein Student).
Über die Federung ihres Wagens zu hart - 21,3 %
gerade richtig - 78,4 %
zu weich - 0,3 %
- sind auffallend viele Besitzer nicht
gerade begeistert. Die meisten räumen aber versöhnlich ein, daß die Federung »bei einem so kleinen und leichten Wagen wohl nicht anders sein kann«. Sie sei »zwar hart, doch nicht unangenehm«.
Ähnlich tolerant urteilen die Befragten über die Beschleunigung:
ausgezeichnet - 7,7 %
gut - 28,0 %
zufriedenstellend - 31,8 %
ausreichend - 19,8 %
unbefriedigend - 12,7 %
»Von 18 PS ist nicht viel mehr zu erwarten«, lautet der Tenor der Besitzerkommentare. Manche meinen aber auch, daß »etwas mehr Dampf nicht schaden« könne. Speziell Absteiger aus der Mittelklasse bekritteln die Anfahrbeschleunigung als »etwas müde« oder »zu lahm«. So »erstaunlich flink und lebendig für einen Fünfhunderter« der Wagen auch sei - beim Überholen auf Landstraßen und Autobahnen verlange das Fahren im kleinen Fiat »Geduld und gutes Urteilsvermögen«.
Über die Hälfte aller Befragten ist mit der erreichbaren Dauergeschwindigkeit offenbar mehr als zufrieden:
ausgezeichnet - 18,0 %
gut - 39,8 %
zufriedenstellend - 23,3 %
ausreichend - 15,4 %
unbefriedigend - 3,5 %
»Für Größe und Straßenlage des Fiat 500 ist eine Dauergeschwindigkeit von 90 bis 100 Stundenkilometer ausgezeichnet«, merken verschiedene Besitzer an. Anderen ist dieses Tempo, wie die Beschleunigung, zu gering: »Höhere Dauergeschwindigkeit wäre wünschenswert.«
Die Wirkung der Fußbremse wird ohne Einschränkung sehr gut beurteilt:
ausgezeichnet - 32,8 %
gut - 48,4 %
zufriedenstellend - 14,0 %
ausreichend - 3,6 %
unbefriedigend - 1,2 %
Das Besitzer-Urteil über die Erreichbarkeit und Bedienung der Handbremse -
ausgezeichnet - 26,8 %
gut - 48,7 %
zufriedenstellend - 12,1 %
ausreichend - 5,6 %
unbefriedigend - 6,8 %
- hat offensichtlich darunter gelitten,
daß viele mit der Funktion ihrer Handbremse unzufrieden sind. Trotz ihrer »sehr guten Lage« müsse die Handbremse »fast mit Gewalt angezogen werden, sonst hält sie nicht«. Nach Ansicht eines Frankfurter Fahrers ist das eine alte Fiat-Krankheit: »Die Handbremse faßt erst auf dem allerletzten Zahn.«
Seit dem Frühjahr 1965 hat der kleine Fiat eine größere Frontscheibe und den Namen »Fiat 500 F«. Da ein Teil der Befragten noch einen Wagen des vorherigen Modells fuhr, verrät die Beurteilung der Sicht nach vorn eine deutlich erkennbare Verbesserung der Sichtverhältnisse beim F-Modell:
Fiat 500 / Fiat 500 F
ausgezeichnet - 14,0 % / 24,3 %
gut - 34,9 % / 50,7 %
zufriedenstellend - 30,2 % / 14,2 %
ausreichend - 9,3 % / 5,7 %
unbefriedigend - 11,6 % / 5,1 %
Nur durchschnittlich gut bewerten die Fahrer hingegen die Sicht nach hinten:
ausgezeichnet - 13,0 %
gut - 44,2 %
zufriedenstellend - 26,3 %
ausreichend - 11,2 %
unbefriedigend - 5,3 %
Vor allem ist der Außenspiegel offenbar ungünstig angebracht Er läßt sich, wie beispielsweise ein Marburger Fiat -Eigentümer darlegte, »nur sehr schlecht einsehen, und auch das nur so lange, wie
er nicht durch die weit geöffnete Tür verstellt wird - das jedoch ist praktisch immer der Fall«. Die Rücksicht via Innenspiegel wird darüber hinaus durch Vibrationen bei bestimmten Drehzahlen beeinträchtigt - eine irritierende Erscheinung, von Fiat-Fahrern » Zitterblick« genannt.
Auch die vom Scheibenwischer bestrichene Fläche ruft mancherlei Kritik hervor:
angenehm groß - 33 %
ausreichend 53,1 %
zu klein - 10,6 %
Hauptmangel: »Linker Scheibenwischer müßte mehr nach links wischen.« Daß der Wischer einen bis zu zehn Zentimeter langen blinden Streifen übriglasse, könne sich »in Linkskurven sehr verhängnisvoll auswirken«.
Die Prozente über die Gängigkeit und Schaltbarkeit des Getriebes - ausgezeichnet - 17,1 %
gut - 38,0 %
zufriedenstellend - 23,0 %
ausreichend - 13,9 %
unbefriedigend - 8,0 %
- sind erstaunlich günstig, denn das Getriebe ist nicht synchronisiert. Zum Vergleich:. Beim Synchrongetriebe des Simca 1300/1500 votierten nur 6,8 % der Befragten für »Ausgezeichnet«, 19,9 % für »Unbefriedigend«. Dennoch wären Fiat-Fahrer gern bereit, für ein vollsynchronisiertes Viergang-Getriebe einen Aufpreis zu zahlen. Andererseits betonen die meisten, daß sich auch das unsynchronisierte Getriebe nach Eingewöhnung »mit etwas Gefühl und Zwischengas« recht gut schalten lasse.
88,5 % der befragten Fiat-Fahrer halten den Wendekreis (8,6 Meter) für erfreulich klein, für 10,9 % reicht er aus, und nur 0,6 % erachten ihn für zu groß.
Die Lage der Bedienungsschalter findet den Beifall Bediener:
sehr günstig - 63,1 %
zufriedenstellend - 36,0 %
zu weit entfernt - 0,9 %
Vereinzelt rügen Fahrer die Schalterformen: »Zu spitz und zu scharf.« Auch
liege das zündschloß »sehr ungünstig« und sei überdies »nicht ungefährlich für das linke Knie«. Der Scheibenwischerschalter sei zu weit entfernt. »Unbequem zu erreichen und zu bedienen« seien schließlich die Klappenknöpfe der Heizung.
Einhelliges Lob gilt dagegen dem Handgashebel ("Sogar in teuren Limousinen nicht vorhanden") und den abblendbaren Kontrollampen.
In der Qualität der Verarbeitung erreicht der Fiat mühelos bundesdeutsches Durchschnittsniveau:
ausgezeichnet - 9,1 %
gut - 37,5 %
zufriedenstellend - 30,8 %
ausreichend - 18,9 %
unbefriedigend - 3,7 %
Zum Vergleich: Beim Ford 20 M verbuchte »Ausgezeichnet« 8,0 %, »Unbefriedigend« 9,7 % beim alten Opel Rekord stimmten 4,8 % für »Ausgezeichnet« und 9,0 % für »Unbefriedigend«.
Die Fiat-Fahrer sind sich offenbar einig, »für das Geld« könne
nicht mehr verlangt werden. Einige meinen sogar, daß »größere und teurere Wagen auch nicht besser zusammengebaut« sind. Kritik richtet sich im Grunde nur gegen die Lackierung. Sie müsse »bei einem Wagen, der nur selten Nächte in Garagen verbringt,
ganz besonders haltbar und widerstandsfähig sein«.
Mit der Ausstattung sind die Befragten insgesamt zufrieden:
ausgezeichnet - 18,6 %
gut - 39,9 %
zufriedenstellend - 22,6 %
ausreichend - 15,2 %
unbefriedigend - 3,7 %
Vermißt werden allerdings von einigen Fahrern eine Lehnenverstellung der Vordersitze und ein Haltegriff für den Beifahrer.
Da Fiats Kleinster keine überragenden Eigenschaften aufweist, wird in der Statistik das Urteil »Gut« zumeist höher dotiert als das »Ausgezeichnet«. Eine Ausnahme bildet die Heizung: ausgezeichnet - 45,4 %
gut - 33,9 %
zufriedenstellend - 12,4 %
ausreichend - 5,6 %
unbefriedigend - 2,7 %
Das verblüfft, weil luftgekühlte Motoren in der Regel als schlechte Heizer gelten. »Wärmer als mancher wassergekühlte Wagen«, loben Eigentümer eines Fiat 500. Oder: »Bei minus 18 Grad Außentemperatur nach fünf Kilometern 18 Grad plus im Wagen.« Und: »Die Heizung arbeitet so ausgezeichnet, daß man selbst bei strenger Kälte ein Fenster zur Lüftung öffnen kann.«
Als Mangel empfinden die Fahrer, daß sich die Heizung nicht oder nur dürftig regulieren läßt. Verdruß bereitet ihnen überdies das starke Geräusch bei eingeschalteter Heizung: »Warm genug, aber zu laut.«
Die Belüftung ihres Wagens scheint manchen Fiat-Fahrern im Gegensatz zur Heizung verbesserungsbedürftig:
ausgezeichnet - 16,3 %
gut - 48,7 %
zufriedenstellend - 17,8 %
ausreichend - 11,3 %
unbefriedigend - 5,9 %
Vor allem wäre eine Fußraumbelüftung wünschenswert. Die Ausstellfenster könnten wegfallen, dafür solle eine Direktbelüftung an der Frontscheibe installiert werden. Einige plädieren für eine Dauer-Entlüftung am Heck.
Gelobt wird das serienmäßige Klappverdeck, mit dem nicht wenige Fiat -Fahrer offenbar ihre Frischluftzufuhr befriedigend regeln. Die Mehrheit verlangt jedoch ein richtiges Schiebedach, weil mit ihm »die Luftzufuhr individueller zu regulieren« sei.
Fahrkomfort und Bequemlichkeit gehören zwangsläufig nicht zu den Stärken des kleinen Wagens:
ausgezeichnet - 5,3 %
gut - 37,9 %
zufriedenstellend - 32,0 %
ausreichend - 21,9 %
unbefriedigend - 2,9 %
Die Sitze werden recht unterschiedlich begutachtet: Einigen sind sie nicht bequem genug, andere halten die Sitze für so gut und günstig geformt, daß »auch längere Strecken keine Beschwerden verursachen«. So widersprüchliche Urteile entstanden, weil körperliche Größenunterschiede in einem so kleinen Wagen schwerer auszugleichen sind als in einem geräumigen Mittelklassewagen. Einig sind sich die Fahrer in der Überzeugung, daß der Fiat 500 »wirklich nur ein Zweisitzer mit zwei Behelfssitzen« ist.
Überraschend günstig honorieren die Eigentümer die Größe des Kofferraums:
ausgezeichnet - 7,1 %
gut - 18,3 %
zufriedenstellend - 20,3 %
ausreichend - 35,1 %
unbefriedigend - 19,2 %
Da der Raum unter der vorderen Haube praktisch nur für kleine Taschen oder lose Gegenstände ausreicht, kann von einem Kofferraum eigentlich gar nicht die Rede sein. Offenbar gehen die meisten Besitzer davon aus, daß der Fiat 500 nur ein Zweisitzer ist. Sie schaffen »durch Vorklappen der (hinteren) Sitzlehne einen Kofferraum, der auch für längere Urlaubsfahrten alles Gepäck faßt«.
Unüberhörbar verlangen die Fiat-Besitzer größeres Fassungsvermögen des Tanks:
ausgezeichnet - 14,8 %
gut - 42,9 %
zufriedenstellend - 18,9 %
ausreichend - 16,6 %
unbefriedigend - 6,8 %
Die Forderungen konzentrieren sich auf rund 30 Liter Tankinhalt (statt der vorhandenen 22 Liter), damit 400 Kilometer auch bei Nacht oder im Ausland ohne Nachtanken gefahren werden können.
Das Motorengeräusch bezeichnen 15,7 % als niemals störend, 69,5 % halten es für erträglich, während es für 14,8 % zu laut ist.
Auf die Frage, ob noch andere Störgeräusche auftreten, antworten 53,7 % mit Nein. 25,2 % (bezogen auf die Gesamtzahl der Befragten) meldeten allgemeine, nicht immer lokalisier- und abstellbare Geräusche. 17,1 % fühlten sich vom Motorengeräusch bei eingeschalteter Heizung belästigt. Weitere Störtöne erzeugen das rasselnde Schaltgestänge (8,6 %), der scheppernde Beifahrersitz (4,8 %), das singende Getriebe (3,8 %) und klappernde Türen (3,3 %).
Die Prozentzahlen zum Kundendienst entsprechen dem üblichen Durchschnitt:
ausgezeichnet - 15,0 %
gut - 36,5 %
zufriedenstellend - 27,2 %
ausreichend - 9,6 %
unbefriedigend - 11,7 %
Als erfreulich empfanden die Fiat-Fahrer, daß Reparaturen meist ohne lange Wartezeiten durchgeführt werden und überall Servicestationen eingerichtet sind. Häufig gerügt wird die Höhe der Reparatur- und Ersatzteilpreise. Benötigte Ersatzteile waren nicht immer vorhanden, ihre Beschaffung erwies sich gelegentlich als zeitraubend.
Die befragten Fiat-Besitzer würden sich ein Fahrzeug des gleichen Fabrikats
wieder kaufen - 58,9 %
vielleicht wieder kaufen - 38,7 %
nicht wieder kaufen - 2,4 %
* Eine ausführliche Fassung der Umfrageauswertung erscheint als Heft Nr. 48 der Reihe »Gefahren und Geprüft« im Verlag Dellus, Klasing & Co. in Bielefeld.
** Die angegebenen Prozentzahlen ergeben eine größere Summe als 100, weil oft mehrere Kaufgründe angeführt werden. Das gilt auch für andere Punkte der Befragung.
Lack ist kein Allwetterkleid
Kofferraum im Fiat 500
Platz für Päckchen
Der Sparsame
Vollbesetzter Fiat 500
»Wirklich nur ein Zweisitzer«
Minitank
macht Kummer