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Briefe

Fragezeichen
aus DER SPIEGEL 27/1950

Fragezeichen

Da in Ihrer schönen Besprechung in Nr. 23 »Zuckmayer - Kraftkerl mit zarter Seele«, für die ich Ihnen danken möchte, der Autor nicht genannt ist, muß ich mich allgemein an die Redaktion wenden. Ich bin mit Zuckmayer von Berlin her befreundet, und wir haben uns hier in Stuttgart gelegentlich der Proben eingehend darüber unterhalten, ob nun das Kind vom Kaiser oder dem jungen Henker sein soll.

Zuckmayer sagte mir, er möchte heute durchaus zum Ausdruck gebracht haben, es sei vom Kaiser, so daß derselbe durchaus unbeirrt von der reinsten Wesenheit seiner Frau sprechen könne. Er gestand mir allerdings, daß er vor Jahren bei der ersten Aufführung in Wien das Kind als vom Henker kommend gesehen hatte. Und er legte auch großen Wert darauf, daß wir bei der hiesigen Aufführung, wo irgend nur möglich, zeigen sollten, daß zwischen dem Kaiser und der Kaiserin, abgesehen von der Trunkenheitsszene, ein tiefes inneres Verstehen und Zuneigung vorhanden sei.

Ganz überzeugend konnte das natürlich nicht gebracht werden, und Zuckmayer war wohl letzten Endes damit auch einverstanden. Es bleibt für den Zuschauer ein großes Fragezeichen, was er scheinbar jedem seinem eigenen Empfinden nach überlassen wollte. Aber ich hätte natürlich gerade so gut die Erkenntnis der Hahnreischaft des Kaisers zum Ausdruck bringen können.

Stuttgart-O

THEODOR LOOS

Staatstheater

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