Franz der Nackte
So weit ist es gekommen. Der Mann, der mit seiner ehrsamen »Bunten« jahrzehntelang gegen die Obszönität in jeglicher Gestalt gekämpft hat, findet nach einem arbeitsreichen Leben nichts mehr, um seine eigene Blöße zu bedecken. Im Rahmen der allgemeinen sozialliberalen Unternehmerhatz hat man ihm offenbar sogar die letzte Unterhose enteignet, denn aus Offenburg klagt er. »daß man einem nackten Mann nichts aus der Tasche holen kann«.
In der »Bunten«, für die -- vor der Wahl -- in Schleswig-Holstein »das Chile der Bundesrepublik« heraufdämmerte« hat der nackte Mann aus Offenburg eine, wie das »Deutsche Industrieinstitut« lobt, »beachtenswerte Initiative« ergriffen, um über die »unentbehrliche Rolle« aufzuklären, die »der Unternehmer als motorische Kraft spielt«.
Für Franz II, wie sich Burda voll ehrlicher Bewunderung gern selbst nennt, ist der
»Unternehmerberuf« der Adelsstand unserer Zeit, denn »man muß zu ihm geboren sein«. Doch des Unternehmers Not in unserem Staat ist heute groß, das Wort »Profit« schreibt
Franz der Nackte nur noch mit Gänsefüßen. Er hat erkannt: »Da ist kaum ein Unternehmer, der nicht mehr an Steuern zu zahlen hat, als ihm unterm Strich am Ende übrig bleibt« (- hat der Ärmste keinen Steuerberater, der ihn auf die hochprozentigen Abschreibmöglichkeiten aufmerksam macht, die Unternehmer bei uns genießen?). Und sein Nichts von Unternehmergewinn wird auch noch »geschmälert« durch »außerordentliche Lohnsteigerungen«. So und nie anders ist es zu »steigenden Preisen« gekommen.
Doch statt seinen Arbeitern gram zu sein, weil sie ihn arm machen, sorgt Franz Burda sich auch noch uni die rechte Mitbestimmung. Gewiß, er hat Sorgen: »Oft versuche ich, mir vorzustellen, wie es wäre, wenn dem Unternehmer plötzlich jemand an die Seite gesetzt würde, der das Recht hätte. in seine Entscheidungen hineinzureden.« Er weiß, »ein derart gegängelter Unternehmer« würde »Schwung und Antriebskraft« verlieren. Burda kennt einen besseren Weg: »In Wirklichkeit ist das Problem der Mitbestimmung ein Problem ... des Umgangs mit den Menschen, mit denen man ... zusammenarbeitet. In erster Linie geht das den Unternehmer an, der sich als Vorbild für alle seine Mitarbeiter verstehen und verhalten muß.«
Doch da hat Franz Burda bittere Enttäuschungen erlebt. Seinen Chefredakteur Dinser ("Freundin") entlarvte er brieflich als »Drecksau« (Dinser: »Es gibt von Senator Burda viele authentische Aussprüche, die in ihrer Gewöhnlichkeit das Wort »Drecksau« noch überbieten"). Und seinen Chefredakteur Markwort ("Burda-Fernsehen") beurlaubte er, nachdem der ein Redaktionsstatut gefordert hatte, und ließ ihn unter Aufsicht des Hausmeisters den Schreibtisch räumen. Grundsätzlich aber ist Burda ("Sie wollet mir mei Lade wegnehme") nicht gegen Redaktionsstatute: »Meine Redaktion kann ein Statut haben. wonach sie immer etwas zu trinken kriegt.«
So kann Burda den »Bunte« -Lesern jetzt die Unternehmer-Aufgabe verkünden, daß »dieser Geist des fairen und verständnisvollen Umganges mit den Menschen in allen Rängen des Unternehmens lebendig ist«.« Bunte«-Leser erfahren von ihm alles über »das gute Arbeitsklima« in seinem Betrieb, sie wissen. daß man in seinem Haus »eine von menschlicher Wärme durchdrungene Gemeinschaft« verspürt. Und tatsächlich geht Burdas Fürsorge für manche Redakteure so weit, daß er Privatdetektive unter Lohn und Brot setzt, um seine Leute auf allen ihren Wegen behüten zu lassen.
Solch vorbildliche unternehmerische Leistung schreit nach Anerkennung. Hans Otto Wesemann« Ex-Intendant der Deutschen Welle, darf sich darum auch in der vorletzten »Bunten« dreispaltig »Zum Thema Mitbestimmung« äußern: »Als ich Ihren Artikel las, lieber Herr Dr. Burda, wurde mir klar, daß Sie zu den Unternehmern zählen, die diesen Auftrag der Zeit verstanden haben,« Der Auftrag lautet, »daß der Mensch im Mittelpunkt stehe«.