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PERSONALIEN Franz Josef Strauß, Günter Guillaume, Hasso Roland Walther von Eichstedt, Hasso Roland Walther von Eichstedt, Helmut Schmidt

aus DER SPIEGEL 36/1976

Franz Josef Strauß, 60, CSU-Vorsitzender und Schatten-Vizekanzler, weist seine bayrische Gefolgschaft im CSU-»Magazin für Wähler« mit einem »fast biblischen Gleichnis« (so ein Strauß-Zuarbeiter) darauf hin, wer »in der Union was zu spielen« hat. In einer Photomontage haben Straußens Magazinmacher ("Die Idee hatte der Chef") die »Unions-Vielharmoniker« zusammengeklebt, die am 3. Oktober ihre »Symphonie Patriotique« zur »Welturaufführung« bringen sollen. Im Unions-Gemisch tönen unter anderen: Leitung: Helmut Kohl, 1. Geige und Konzertmeister: Franz Josef Strauß, 2. Geige: Gerhard Stoltenberg, 1. Bratsche: Karl Carstens, 2. Bratsche: Richard Stücklen, 1. Cello: Ernst Albrecht, 2. Cello: Werner Dollinger, Flöte: Heinrich Geissler, Oboe: Heinrich Windelen, Englischhorn: Gerhard Schröder, Klarinette: Rainer Barzel, Baßbläser: Hans Filbinger, Fagott: Kurt Georg Kiesinger, Kontrafagott: Hans Katzer, Horn: Kai-Uwe von Hassel, Baßtuba: Alfons Goppel, Posaune: Kurt Biedenkopf, Trompete: Gerold Tandler, Pauke: Alfred Dregger. Triangel: Richard von Weizsäcker, Große Trommel: Friedrich Zimmermann, Kleine Trommel: Werner Marx, Rute: Constantin von Heereman, Becken: Manfred Wörner, Tamtam: Walther Leisler Kiep, Piccoloflöte: Helga Wex. Günter Guillaume, 49, wegen Landesverrats zu dreizehn Jahren Haft verurteilter DDR-Spion, beteiligte sich mit Erfolg an einem Preisausschreiben der Jülicher Firma Simex, die russische Spirituosen importiert. In einer Zelle in der Haftanstalt Köln-Ossendorf textete der Ex-Agent zum Photo eines vergnügten Zechers die Zeile »Lieber fröhlich als doof« und konnte damit -- von einer Jury auf Platz 73 notiert -- immerhin noch einen Trostpreis gewinnen: eine Flasche Wodka. Auf den Genuß des Wässerchens muß der Hauptmann der Nationalen Volksarmee allerdings lange warten -- in Köln-Ossendorf herrscht striktes Alkoholverbot.

Hasso Roland Walther von Eichstedt« 28, Häftling der Justizvollzugsanstalt Castrop-Rauxel, will am 3. Oktober für den Deutschen Bundestag kandidieren. In Dortmund (Wahlkreis 116) will sich der wegen Betrugs und Urkundenfälschung zu einer vierjährigen Freiheitsstrafe verurteilte parteilose Adlige dem Wahlvolk als engagierter Streiter für »echte Reformen« im Strafvollzug empfehlen. Tatsächlich erfüllt der Knast-Kandidat, wie das Dortmunder Wahlamt und auch das Bundesjustizministerium bestätigten, alle Voraussetzungen zur Kandidatur: Er ist nicht entmündigt« er besitzt die bürgerlichen Ehrenrechte und sitzt nicht wegen eines Verbrechens, sondern nur wegen eines Vergehens ein. Nach langem Zögern gewährte das nordrhein-westfälische Justizministerium schließlich Sonderurlaub zur Wahlvorbereitung. Der Ausgang ist freilich so terminiert, daß von Eichstedt nur noch drei Tage Zeit hat, um die 200 Unterschriften von Bürgern aus seinem Wahlkreis beizubringen, die zur Kandidatur nötig sind.

Helmut Schmidt, 57, Bundeskanzler, meldete bei dem Münchner »Deutschen Wetterdienst« sein Anrecht auf sechs Mark Belohnung, zuzüglich drei Mark Porto, an -- zu überweisen auf das Schmidt-Konto bei der Hamburger Allgemeinen Beamtenbank (Kto.-Nr. 39891). Grund: Der Kanzler hatte bei einem Spaziergang am schleswig-holsteinischen Brahmsee eine Radiosonde des Wetterdienstes gefunden, mit der höhere Luftschichten für die Wettervorhersage gemessen werden (Photo). Auf die ausgesetzte Belohnung mochte Schmidt nicht verzichten, füllte, wie auf dem beiliegenden Formular erbeten, seine Anschrift aus ("Schmidt, Helmut, Bundeskanzler!") und ließ die Sonde nach München zurückschicken. »Innerhalb von sechs Wochen« soll der Kanzler die insgesamt neun Mark aus dem Etat des Bonner Verkehrsministeriums, dem das Wetteramt unterstellt ist, auf seinem Konto haben.

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