FRAU WIRTIN
(Nr. 13/52, Bücher)
Sehr erstaunt bin ich über den Ton und den Umgang zwischen Vorgesetzten und Untergebenen, der bei der deutschen Wehrmacht geherrscht haben soll. Hoffentlich war das Erlebnis des Gefreiten Velten alias Kramer eine bedauerliche Ausnahme.
Aber noch erstaunter bin ich über die Art und Weise, wie der Staatsanwalt Kramer diese Erlebnisse schildert. Mit geradezu wollüstiger Freude wühlt er in den Gemeinheiten und Obszönitäten herum.
Man ist versucht, zu fragen, ob eine solche Persönlichkeit der richtige Chef der größten deutschen Anklagebehörde ist, denn schließlich soll doch der Richter nicht gerade demoralisierend und sprachverderbend wirken.
Lüchow/Hann.
Gertrud Rautenkranz
Auf Grund eigener Erlebnisse zweifele ich gar nicht an der Wahrheit der Schilderung: Ich werde mir das Buch sofort bestellen und glaube, daß es genau so seinen Siegeszug machen wird, wie »Im Westen nichts Neues«. Hoffen wir, daß es möglich ist, danach auch einmal einen Film erscheinen zu lassen, und hoffen wir vor allen Dingen, daß niemals mehr Typen wie Herr Mortensohn auf unser geplagtes Volk losgelassen werden.
Bonn
Wilhelm Wesemeyer
Herrn Kramers »Wir werden weiter marschieren« ist nun wirklich in »dichterischer Ueberhöhung« gesagt, eine Schweinigelei. Warum läßt Herr Kramer den Leutnant Brandstätter eigentlich noch so gut abkommen? Könnte der nicht wenigstens auch noch ein paar Kathedralen in Brand stecken?
Mit »Im Westen nichts Neues« sollte man das Buch nicht vergleichen. Ersteres adjustierte den Geist unzähliger »Gloria-Viktoria«-Romane der Kaiserzeit, letzteres erscheint in der Zeit der bekannten Ergüsse von Kammerdienern und Opportunisten. Das schon ist ein Unterschied.
Steyerberg üb. Stolzenau
Hans Habekost
Ich kann mir nicht vorstellen, daß es einen solchen Kompaniechef gegeben hat, und wenn wirklich, dann kann ich nicht glauben, daß eine Kompanie im Jahre 1944 zuschaut, wie ein Mensch - der diese Bezeichnung nicht verdient - eine Handgranate unter sie wirft, aber selbst wenn auch das stimmen sollte, dann möchte ich den Bataillonskommandeur sehen, der eine solche Affäre auf diese Weise lösen zu können glaubt.
Setzen wir aber trotzdem einmal voraus, all dies wäre Wahrheit gewesen, ist es dann richtig und zu verantworten, einen Einzelfall als Schilderung für eine »Kriegsgeschichte« zu nehmen?
Köln-Klettenberg
Otto Stremmel
In einem Jahrhundert kann niemand gutmachen, was der Generation dieses Krieges widerfahren ist. Und aus ist es mit der Kultur des Abendlandes, wenn man die Buben von heute wieder in den grauen Rock steckt, um sie morgen für ein neues Abenteuer zu gebrauchen.
Ich kenne Herrn Kramer nicht. Aber ich glaube, das Schreckbild einer solchen Zukunft ließ ihn schreiben, und nicht eine Liebe zur Pornographie.
Nürnberg
Heinz Müller
Wir sind wirklich auf ein feines literarisches Niveau gesunken.
Berlin-Grunewald
Richter
Wenn man den Auszug liest, weiß man nicht, soll es ein Aprilscherz sein? Wahrheit ist doch wohl beinahe ausgeschlossen. Sollte unser deutscher Mensch als Soldat wirklich derart feige gewesen sein, daß man sich von einem Besoffenen, sozusagen strammstehend, zum Krüppel machen ließ?
Sievershausen üb. Lehrte
Clemens Lemke
Bin ein alter Freund vom SPIEGEL, aber was die Geschichte vom Kamerad Kramer anbelangt, da bleibt mir doch ein wenig die moralische Spucke weg ...
Dortmund
Werner Langenfeld
Herr Staatsanwalt Kramer wird sich doch nicht mit dem Gefreiten Velten identifizieren? Denn sonst kann man nur sagen: »Dat Morslicken geiht üm.«
Hamburg
L. Schultz
Man nehme ein ewig besoffenes, herumhurendes Individuum, ernenne es zum Offizier und stelle es vor eine Schar aufrechter deutscher Männer (in Kompaniestärke!). Dann lasse man dieses Individuum scharfe Handgranaten in die Unterkünfte bzw. zwischen die in zwei Reihen (!) angetretenen Männer werfen. Der ganze Sauhaufen erbärmlicher Landser, um mit den Worten des Verfassers zu reden, läßt sich das gefallen. Der Attentäter jedoch wird zur Belohnung mit einer Batterie Schnapsflaschen und einer polnischen Hure fünf Tage eingesperrt. Alles was dabei herauskommt, ist ein Wirtinvers.
Lohnt es sich, über ein derartig entstellendes Machwerk zu debattieren? Nein, es lohnt sich nicht. Es sind Nachkriegserscheinungen, die in jedem Lande vorkommen.
Duisburg
Conrad Meißner