»Frauen - wetzt Eure Krallen!«
(Nr. 53/1974, Hausmitteilung zum »Jahr der Frau": Frauen im SPIEGEL)
Bisher dachte ich, der SPIEGEL beschäftige nur Sekretäre, Putzmänner, Kantinenbullen und last not least Redakteure. Mit Überraschung lese ich, daß über 40 Prozent davon in Wirklichkeit Frauen sind. Wer hätte das gedacht! Nehmen Sie zur Kenntnis. daß einige Ihrer Leser Frauen sind (wieviel eigentlich?*) und eine derartig verbogene Statistik nicht hinnehmen, weil sie durch jahrelanges Lesen des SPIEGEL kritisch geworden sind.
Heidelberg SOPHIE BRANDES
Frauen -- wetzt Eure Krallen!!!
München SUSANNE HASDORF
Ist das, was Sie in Ihren »Hausmitteilungen« schrieben, ein Beitrag zu diesem Jahr? Wenn ja, dann haben Sie die Probleme der Frauen nicht begriffen. -- Für Millionen Frauen geht es leider noch immer um die Verwirklichung des gleichen Lohnes für gleichwertige Arbeit. Es geht um gleiche Bildungs-, Arbeits- und Aufstiegs-Chancen, und es geht um die Lösung der Frage, wie Frauen -- und Männer -- berufliche, familiäre und gesellschaftliche Tätigkeiten ohne Hetze und Streß miteinander in Einklang bringen können. -- Das interessiert zumindest die 7,8 Millionen Arbeitnehmerinnen, von denen heute 56,6 Prozent verheiratet, 5 Prozent verwitwet und 6,5 Prozent geschieden sind. 2,2 Millionen haben Kinder, und ungezählt blieben bisher diejenigen, die alte oder kranke Angehörige neben der Berufsarbeit zu betreuen haben. -- Wie wäre es, wenn Sie darüber einmal berichten würden?
Düsseldorf IRMGARD BLÄTTEL Deutscher Gewerkschaftsbund/Bundesvorstand
* Der SPIEGEL erreicht 1,95 Millionen Frauen und drei Millionen Männer.
Ich muß gestehen, daß ich auch zu denjenigen gehöre, die den SPIEGEL »von Männern für Männer gemacht« halten. Leider bin ich nicht der Meinung, daß dies ein Vorurteil ist. Denn gerade das, was als Gegenargument aufgeführt wird, scheint mir eher für die »Frauendiskriminierung« zu sprechen: 16 Redakteurinnen unter insgesamt 84 Mitarbeitern der Zentralredaktion, 11 Frauen unter 50 Korrespondenten in den In- und Auslandsbüros (die Zahlen mußte ich dem Impressum entnehmen. denn wohl aus guten Gründen waren sie in den Hausmitteilungen nicht angegeben). Unter den für diese Nummer verantwortlichen Redakteuren befand sich keine Frau. Da tröstet es mich auch wenig, wenn Sie schreiben, daß 46,5 Prozent der beim SPIEGEL Beschäftigten Frauen sind -- wahrscheinlich sind es sogar 100 Prozent im Bereich »Raumpflege«. -- Als eifrige SPIEGEL-Leserin und von Amts wegen zuständig für einen Bereich der Gesellschaftspolitik, der vor allem Frauen angeht, kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, daß diese Themen beim SPIEGEL auf wenig Interesse stoßen. Aber die Einsicht, die in den Hausmitteilungen geäußert wurde, daß auch nicht speziell weibliche Themen der weiblichen Mitarbeit dringend bedürfen, läßt mich für das
kommende Jahr hoffen. Ich bin froh, daß der SPIEGEL mit so guten Vorsätzen ins »Jahr der Frau« geht.
Bonn -- Bad Godesberg KATHARINA FOCKE Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit
... Um als echte Emanzipationshilfen fungieren zu können, fehlt es nämlich gerade den Männern an emanzipatorischer Substanz. Gefangene bedürfen logischerweise zunächst der eigenen Befreiung, bevor sie in gleichem Sinne für andere tätig sein können.
Neumünster ELKE BRAMMER