CDU-Chef zum russischen Angriff auf die Ukraine Merz nennt Bundeswehr »eine in großen Teilen dysfunktionale Armee«

CDU-Vorsitzender Friedrich Merz
Foto: Michael Kappeler / dpaDer CDU-Vorsitzende Friedrich Merz beklagt jahrelange Fehler deutscher Regierungspolitik im Umgang mit Russland. »Spätestens seit dem Einmarsch in die Ostukraine und der Annexion der Krim vor acht Jahren hätte uns allen, parteiübergreifend, klar sein müssen, was in diesem Land geschieht«, schreibt Merz in einem Gastbeitrag für »Die Zeit« .
»In Deutschland ist die Reihe der Fehleinschätzungen und die daraus resultierende Serie an Fehlern besonders lang«, schreibt Merz. Die Friedensdividende nach der Wiedervereinigung sei nirgendwo so großzügig ausgefallen wie in Deutschland. »Der Preis ist eine in großen Teilen dysfunktionale Armee.«
Damit macht Merz indirekt auch den Unionsparteien Vorwürfe: Denn vor der aktuellen Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) waren seit 2005 alle Verteidigungsministerinnen und -minister von CDU oder CSU gestellt worden. Zudem war mit Angela Merkel 16 Jahre lang eine CDU-Politikerin Bundeskanzlerin.
»Immer größere Abhängigkeit von russischem Gas«
Der marode Zustand der Bundeswehr ist aber nicht Merz' einziger Kritikpunkt. Der Ausstieg aus der Kernenergie sei einem Ereignis gefolgt, das »in keinem Zusammenhang mit der Sicherheit unserer Kraftwerke« gestanden habe, schreibt er in Anspielung auf die Reaktorkatastrophe von Fukushima. »Dafür wurde eine immer größere Abhängigkeit von russischem Gas für die Stromerzeugung in Kauf genommen.« Auch dies lässt sich als Kritik an der Merkel-Ära lesen – schließlich fielen die entsprechenden Entscheidungen in Merkels Amtszeit.
Auch sei der Bau von Nord Stream 2 niemals ein »rein privatwirtschaftliches Projekt« gewesen. Als solches hatte Merkel die Pipeline einst bezeichnet, Olaf Scholz hatte die Pipeline auch lange so genannt. Erst der russische Einmarsch in die Ukraine führte dazu, das Projekt auf Eis zu legen.
Schröder verliere »den letzten Rest seines Anstandes«
Merz kommt in seinem Gastbeitrag zu dem Schluss, man »müsse sich eingestehen, dass wir uns geirrt haben«. Putin habe »uns über Jahre in die Irre und an der Nase herumgeführt, begleitet von einem Netzwerk deutscher Unternehmer und Politiker, die ihren Verstand dem Geldverdienen untergeordnet haben, bis hin zu einem ehemaligen Bundeskanzler, der in diesen Tagen den letzten Rest seines Anstandes verliert.«
Merz spielt damit offenkundig auf Gerhard Schröder an, der seit Langem wegen seiner Nähe zu Wladimir Putin in der Kritik steht. Er ist unter anderem Aufsichtsratschef beim staatlichen russischen Energiekonzern Rosneft.
Es sei ein schwerer Fehler gewesen, das Gesuch der Ukraine, sie in die Nato aufzunehmen, abzulehnen. Aus lauter Angst vor Putin und seiner Drohkulisse hätten vor allem Deutschland und Frankreich ihn nicht provozieren wollen, schreibt Merz. »Abschreckung ist und bleibt auch in Zukunft das wichtigste Instrument der Verteidigung.« Zur Not müsse man auch kämpfen – »gegen die Bedrohung von außen, aber ebenso gegen die zerstörerische Kraft der Desinformation und der Leugnung von Tatsachen im Innern«. Der Weg heraus aus der Energieabhängigkeit von Russland werde ebenfalls beschwerlich werden.