FÜNFTAUSEND AUF DER WARTELISTE
Drei von jeweils tausend Kindern kommen mit einem Herzfehler zur Welt. In der Bundesrepublik sind es alljährlich - bei der gegenwärtigen Geburtenrate von einer Million - etwa dreitausend Neugeborene mit einem Defekt des komplizierten Pumpen-Muskels.
Noch vor wenigen, Jahrzehriten hatte jedes dritten der mit einem Herzfehler geborenen Kinder keine. Chance, älter als zwölf bis 15 Jahre zu werden; jedes sechste der betroffenen Kinder starb bereits im ersten Lebensmonat.
Nach Art des Schadens unterscheiden die Mediziner zwei Hauptgruppen von Herzmißbildungen: Verengungen (Stenosen), die den Abfluß des Blutes aus dem Herzen behindern, und anomale Öffnungen, durch die das aus der Lunge kommende sauerstoffreiche und das aus dem Körper zurückfließende sauerstoffarme Blut sich mischen (Shunt).
Nur in einem Teil der Fälle verraten äußere Symptome das Leiden: etwa schnelles Ermüden oder eine blaurote Färbung des Gesichts (Zyanose), vor allem der Lippen. Selbst Kinder mit schweren Herzdefekten können mitunter stundenlang herumtoben, ohne daß auch nur ihre Lippen durch Sauerstoffmangel des Blutes sich blau verfärben.
Erst seit zwei Jahrzehnten erlauben neue operative Techniken den Chirurgen, solche Defekte des Herzens zu korrigieren.
Für besonders schwierige und langdauernde Eingriffe entwickelten die Mediziner zudem zwei technische Hilfsverfahren:
- die Hypothermie - der Körper des Patienten wird dabei (etwa durch Lagern auf Eis) unterkühlt; bei niederer Körpertemperatur laufen alle Lebensvorgänge stark verlangsamt ab, und der Organismus benötigt weniger Sauerstoff;
- die künstliche Sauerstoffversorgung des körpers und das Unterhalten des Blutkreislaufs während der Operation am geöffneten Herzen mit Hilfe einer Herz-Lungen -Maschine.
Indes - der Fortschritt der operativen Technik brachte die Chirurgen in ein Dilemma: Ein gut eingespieltes Groß-Team von Operateuren, Assistenten, Technikern und Schwestern ist neben der aufwendigen Ausrüstung notwendig, um das Risiko bei schwierigen Herzoperationen in vertretbarem Rahmen zu halten.
Solche leistungsfähigen Herz-Zentren gibt es in der Bundesrepublik erst in fünf Städten (Düsseldorf, München, Göttingen, Hamburg und Heidelberg) - zu wenige, als daß alle früher aussichtslosen Fälle von Herzfehlern rechtzeitig behandelt werden könnten. Nach Ansicht des Düsseldorfer Herz-Chirurgen Professor Ernst Derra wären zehn Herz -Zentren vonnöten; auf den Wartelisten der Spezial-Kliniken in der Bundesrepublik sind derzeit 5000 Patienten für Herzoperationen vorgemerkt.