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ISRAEL Furcht vor Jaffa

aus DER SPIEGEL 46/1966

Euch gegenüber fühlen wir uns wie eine Mücke vor einem Elefanten«, vertraute Itzak Minerbi, Wirtschaftsrat an Israels EWG-Botschaft in Brüssel, in der letzten Woche europäischen Beamten an. Dabei stellte er fest: Brüssel mag die Mücken nicht.

Seit Minerbis Chef, der israelische Botschafter Amiel Najar bei der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, Anfang Oktober das offizielle Gesuch seiner Regierung auf Assoziierung mit dem Wirtschafts-Klub Europas abgab, haben die Israelis in Brüssel kein freundliches Wort mehr gehört. Europas Verwaltungszentrale zeigt wenig Verständnis für die Wirtschaftssorgen des nahöstlichen Jungstaates.

Israel ist mehr als jedes andere nichteuropäische Land auf enge wirtschaftliche Bindungen zu Europa angewiesen. Von feindlichen Araberstaaten umgeben, sucht es seinen Außenhandel, der zu mehr als 40 Prozent zum Volkseinkommen beiträgt, mit westeuropäischen Ländern abzuwickeln.

Schon früh bemühte sich die israelische Regierung daher, die langsam wachsenden Zoll- und Kontingentmauern der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft zu überspringen. Im Jahre 1960 kam das Land erstmals um Assoziierung ein. Indes, die Europäer in Brüssel zeigten sich verschlossen. Nach langem Zögern stimmten sie lediglich einem auf drei Jahre befristeten Handelsvertrag zu, der am 1. Juli 1964 in Kraft trat.

Seitdem gelang es Israel, gut ein Viertel - 480 Millionen Mark - seiner Exporte auf Europas Gemeinsamem Markt abzuladen. Wichtigste Artikel: Apfelsinen, Pampelmusen und Zitronen. Mit dem Sortiment der Zitrusfrüchte erregten Israels Kibbuz-Bauern den Ärger süditalienischer Apfelsinenpflanzer.

Roms Regierung ist deshalb der schärfste Gegner der Israel-Angliederung. Sie fürchtet, daß Europas Hausfrauen die besseren und billigeren Jaffa-Apfelsinen den italienischen Früchten vorziehen könnten

Aber auch Frankreich ist Israels Gesuch nicht freundlich gesinnt. Als vor drei Wochen Israels Außenminister Abba Eban bei seinem französischen Kollegen Maurice Couve de Murville vorsprach, zögerte auch der Franzose. Seine Regierung befürwortet seit langem die Assoziierung der ehemals französischen Gebiete Algerien, Tunesien und Marokko. Ausfuhrprodukte auch dieser Länder sind Apfelsinen und Zitronen.

An der Orangen-Bürde trägt desgleichen EWG-Partner Bonn. Im vergangenen März hatte Spanien Außenminister Schröder bedeutet, daß Bonns Votum für freien spanischen Orangen-Export in die EWG Voraussetzung für die weitere Benutzung des spanischen Luftraumes durch deutsche Militärflugzeuge sei. Die Regierung in Madrid besteht daher darauf, daß Bonn sich der Assoziierung des Spanien-Konkurrenten Israel widersetzt.

Während seines noch für dieses Jahr geplanten Besuchs in der EWG-Hauptstadt Brüssel will Israels Premier Levi Eschkol auch deutsche Minister treffen und ihnen sein Annäherungsgesuch nahebringen.

Gehen die Deutschen auf Eschkols Drängen ein, steht Bonn vor einem doppelten Problem: Die Bundesregierung riskiert nicht nur den Verlust der Benutzungserlaubnis für den spanischen Luftraum, sie setzt auch den Erfolg ihrer Bemühungen, mit den arabischen Staaten nach dem Krach vom Frühjahr 1965 wieder normale Beziehungen anzuknüpfen, aufs Spiel*.

Unter diesen Umständen kann sich die Regierung Israels der Annahme ihres Gesuchs nicht sicher sein. Wirtschaftsrat Minerbi, der in Brüssel die Hauptlast israelischen Assoziierungsbemühens trägt, meint über die Chancen Eschkols, die EWG-Länder zu erweichen: »Zwar komme ich aus Jerusalem, aber ein Prophet bin ich deswegen noch nicht.«

* Im März vergangen Jahres kündigte Bonn die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zu Israel an. Daraufhin brachen die Regierungen des Irak, der Vereinigten Arabischen Republik, Syriens, des Libanon, Saudiarabiens, Jordaniens, Kuwaits, Algeriens, des Jemen und des Sudan ihre Beziehungen zur Bundesrepublik ab.

Israels Premier Eschkol

Scheitert die EWG-Assoziierung ...

... an den Zitrusfrüchten?: Israelische Pampelmusen in Hamburg

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