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Gauner in Moskau

aus DER SPIEGEL 31/1979

Auf Trickdiebstahl von Weltstadtniveau haben sich nun auch Langfinger in Moskau spezialisiert: Sie führen vor Ausländerhotels nächtens einen pantomimischen Tanz auf, eine Mischung von Marceau und Chaplin, und leeren dabei die Taschen von Touristen.

Zehn Meter vom Polizeiposten vor dem Hotel »National« entfernt, hüpften sie mit rudernden Armen und Kopfverrenkungen, deuteten zu den Sternen und faßten auch mal einen Zuschauer ans Jackett -- ohne erkennbaren Sinn und ohne Laut. Ein Russe vermutete, es müßten Taubstumme sein. Ein Deutscher erinnerte sich, daß bei so einer Schau vor dem Hotel »Rossija« schon ein Landsmann 6000 Mark eingebüßt habe.

Die Russen riefen nach der Polizei, die Mitternachts-Akrobaten stürzten davon, einer aber, der mit einem Taxi flüchten wollte, wurde gefaßt (Photo).

In den Taschen des Delinquenten steckten bündelweise Rubelscheine. Die Aussagen der russischen Zeugen wurden zu Protokoll genommen, die Ausländer nicht befragt -- es sollte wohl eine innerrussische Affäre bleiben, man ist ja nicht in New York.

Sieben Gauner, seit Jahren gesucht, wurden schwer bestraft. Doch andere arbeiten mit demselben Trick weiter: Unlängst bestaunte ein Toningenieur des Westdeutschen Rundfunks stumme Hampelmänner auf der Nowo-Arbatski-Brücke zwischen Hotel »Ukraina« und Kalinin-Prospekt. Erst als die Artisten mit einem Taxi, das mit laufendem Motor gewartet hatte, verschwanden und der Taxifahrer die Kennzeichenbeleuchtung ausschaltete, ging dem Moskau-Gast ein Licht auf: Er griff nach seiner Brieftasche mit 1000 Mark, Scheckkarte und Ausweis. Die Brieftasche war weg.

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