Dieser Beitrag wurde am 23.04.2016 auf bento.de veröffentlicht.
Die gefühlte Außengrenze der Europäischen Union liegt derzeit 40 Kilometer vor der syrischen Grenze, etwa einmal die Länge des Berliner S-Bahn-Rings: In der südtürkischen Stadt Gaziantep hat die EU ein Flüchtlingslager finanziert, das syrische Flüchtlinge beherbergen soll – und sie bestenfalls gleich von Europa fernhalten.
Am Samstag besucht Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) dieses Lager, und zwar gemeinsam mit dem EU-Ratspräsidenten Donald Tusk und dem türkischen Ministerpräsidenten Ahmet Davutoglu. Die Zusammenstellung der Personen zeigt: Es wird vor allem um den Flüchtlingsdeal zwischen der Türkei und der EU gehen. Merkel will sich vor Ort ein Bild davon machen, wie gut das Abkommen funktioniert.
Wo genau liegt Gaziantep?
In Anatolien im Süden der Türkei. Mit 1,8 Millionen Einwohnern gehört Gaziantep – auch Antep genannt – zu den größten Städten des Landes. Sie gilt als einer der Wirtschaftsmotoren der Region. (Gaziantep Chamber of Industry)
Bis zur syrischen Grenze sind es 40 Kilometer, die hart umkämpfte syrische Stadt Aleppo liegt 100 Kilometer entfernt: Gaziantep ist eine Millionenstadt am Rande eines Krieges.
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Was ist an Gaziantep besonders?
Vor allem die Lage: Die unmittelbare Nähe zum syrischen Bürgerkrieg holt die Region und die Stadt immer wieder ein. Flüchtlinge aus dem Süden sind überall in der Stadt, nicht nur in Auffanglagern. Auf knapp zwei Millionen Türken in der gesamten Provinz kommen derzeit um die 340.000 syrische Flüchtlinge. Nur 50.000 davon leben in Camps. (Südwest Presse)
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International beklagt, dass die Türkei die Lage nicht im Griff habe – und immer wieder Flüchtlinge ins Bürgerkriegsland zurückbringe (Amnesty International). Die Türkei bestreitet die Vorwürfe.
Wie bekommt die Stadt den Krieg in Syrien noch zu spüren?
Die Grenze zum Süden verschwimmt: Vor wenigen Tagen schlugen Ort Kilis, wenige Kilometer südlich von Gaziantep, Raketen aus Syrien ein (stern.de). Einige Wochen zuvor erschossen Anhänger des"Islamischen Staates"(IS) auf offener Straße einen Fernsehreporter; er ist bereits der vierte Journalist, der innerhalb eines Jahres in der Region von IS-Kämpfern ermordet wurde (SPIEGEL ONLINE).
Schon länger wird der Türkei vorgeworfen, im Umgang mit dem IS zu lasch zu sein: Anhänger können sich ziemlich frei im Grenzgebiet bewegen, auch Öl soll die Türkei von den Dschihadisten abgekauft haben (tagesspiegel.de). Mittlerweile muss das Land unter dem Terror leiden; der IS hat im vergangenen Jahr mehrere Anschläge verübt, darunter in Ankara und Istanbul.