GEBÜHRENFREIE GASMASKE
(Nr. 12/1971, Titel »Handeisriesen greifen an")
Wenn Sie in Ihrem Zehn-Seiten-Bericht, in dem Sie nur von immer neuen Verkaufsrekorden und neuen Marktanteilen der Großen berichten, einige Zeilen für die heutige Situation des kleinen Einzelhändlers übriggehabt hätten, wäre Ihre Titelgeschichte vollständiger gewesen. Dafür berichten Sie um so umfangreicher, wie gut es der Krämer im 16. Jahrhundert hatte.
Bremen GERHARD DUIN
Sie behaupten, daß von 1933 an die kleinen Einzelhändler hofiert wurden. Das stimmt nicht. Die Zeiten unter Wirtschaftsminister Erhard waren für Händler und Verbraucher die besten, ihnen trauern wir nach.
Schondorf (Bayern) ELISABETH RAFFLER
Obwohl mir ja gerade in München die Zunahme der Großkaufhäuser nicht verborgen blieb, war ich doch entsetzt über die Aussichten, die mir die Zukunft bringt. Bei weiterem Lesen aber kam ich zu dem Artikel »Rüstung« und atmete wieder auf. Wenn die Amerikaner, die ja offensichtlich mit einem großen Krieg in Europa rechnen, beginnen werden, uns mit aller Kraft zu verteidigen, damit ihre Rüstungsindustrie ausgelastet ist, werden ganz sicher von Edeka bis zum Tengelmann so wenig überbleiben wie von meinem Laden.
München ELISABETH POINTNER
Ihre Titelgeschichte über die Konzentration im Handel erscheint reichlich demagogisch. Bei genauer Betrachtung der Konkurrenzverhältnisse auf der Absatzseite des modernen Handels sind es nicht die kleinen Einzelhändler. die in erster Linie unter den Supermärkten zu leiden haben, sondern gerade diese Betriebsformen selbst, da sie in bezug auf Sortimentsgestaltung, Preispolitik und den Zwang zur Flächenausweitung ziemlich gleichartig strukturiert sind und sich deshalb an ungünstigen Standorten gegenseitig die Kunden wegnehmen. Der fachkundige kleine und mittlere Einzelhändler kann durch Spezialisierung im Sortiment, durch aufmerksame Bedienung sowie durch Anschluß an Einkaufsketten und Genossenschaften durchaus prosperieren.
Brüssel DR. FRIERICH KEMPCHEN
Nur durch Änderung der Ladenschlußgesetze kann die Entwicklung zur völligen Entindividualisierung des Handels und auch der Handelsprodukte aufgehalten werden. Wenn die Lobby der Großkonzerne die Ladenschlußgesetze bestimmt, müssen die Kleinen auf die Dauer aufgeben. Man sollte mal eine Umfrage machen, wieviel Kleinhändler dafür sind, abends zu verkaufen, wenn die großen Läden schließen, und samstags den ganzen Tag, dafür aber montags den ganzen Tag geschlossen.
Köln DR. HARALD VOSS
Die analysierten Tatsachen hat bereits vor über hundert Jahren ein gewisser Karl Marx in seiner Konzentrationstheorie prophezeit. Doch seltsam genug: Das Volk der Kleinkrämer und »Heringsbändiger« hielt es, selbstmörderisch wie die Lemuren, zu allen Zelten mit den eigenen Totengräbern und dachte in deren Eigentumsbegriffen. Darum fällt es heute schwer, Mitleid mit ihnen zu haben.
Hückeswagen (Nrdrh.-Westf.)
ERNST DITTRICH
Die Jusos müssen spinnen mit ihrem hysterischen Geschrei nach systemverändernden Reformen, nach mehr, echter Demokratie! Wozu? Es geht uns doch allen gut. Unser Dorfschmied kann seine Karabiner der Aktion Widerstand andienen, und Tante Emma bekommt ab 1975 für die gefahrlose Anfahrt zum dezentralen Riesenladen neben gebührenfreiem Parkplätzchen ein gebührenfreies Gasmäskchen. Das ist doch alles so einfach, so gerecht, so hübsch!
Herlev (Dänemark) UWE WILCK
Auf die Dauer gesehen, ist der Staat der Hauptleidtragende, steuerlich gesehen. Die G roßumsatzmacher werden sich alle steuerlichen Hintertürchen von ihren Beratern öffnen lassen, die für die Kleinen nie offen waren.
Freiburg ERICH STRACK
Die Einzelhändler sind an Ihrer mißlichen Lage zum Teil selbst schuld, zumindest hier in München. Ich persönlich bin nicht In der Lage, beim Einzelhändler, der Wurst, Schinken und Aufschnitt verkauft, solches zu kaufen. Wenn ich da nämlich zusehen muß, wie diese Drecksäue jede Scheibe Wurst, Schinken, Leberkäse an der Schneidemaschine in ihre Handfläche fallen lassen und dann wieder die dreckigen Geldscheine und Münzen in die Hand nehmen, vergeht mir jeglicher Appetit. Deshalb nur Läden mit getrennter Kasse.
München MAX JASBAR