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FLÜCHTLINGE Gefährliche Heimkehr

aus DER SPIEGEL 33/2005

Nur wenige Wochen, nachdem die Bundesländer mit der Abschiebung von Flüchtlingen nach Afghanistan begonnen und dies mit einer verbesserten Sicherheitslage begründet haben, zeichnet das Auswärtige Amt ein äußerst düsteres Bild vom Hindukusch-Land. Im neuen, unter Verschluss gehaltenen Lagebericht des Auswärtigen Amts (AA) von Mitte Juni heißt es, die Situation habe sich für Afghanen »weiterhin landesweit nicht verbessert«, für »etliche Provinzen« gelte, dass »eine Rückkehr dorthin nicht ohne Risiko für Leib und Leben möglich« sei. Die Wirtschaftlage wird als »desolat« beschrieben, die Gesundheitsversorgung als »unzureichend«; auf dem Land herrsche starke Mangelernährung, in Kabul und anderen Städten Wohnungsnot. Besonders kritische Worte findet das Auswärtige Amt im neuen Bericht erstmals für die Aussichten eben jenes Rückkehrertypus, wie er zurzeit aus Deutschland abgeschoben wird - junge, alleinstehende Männer. Wer »außerhalb des Familienverbandes oder nach längerer Abwesenheit im westlich geprägten Ausland« nach Afghanistan zurückgehe, noch dazu »ohne ein familiäres Netzwerk«, stoße auf »größere Schwierigkeiten« als Heimkehrer, die mit ihrer Sippe aus Nachbarländern wie Iran oder Pakistan zurückkämen.

Mit seiner Einschätzung steht das AA nicht allein. Auch die Uno rügt die Zustände. Präsident Hamid Karzai und seinen Helfern fehle offenbar der politische Wille und die Kraft, gegen die mächtigen Drogenbarone vorzugehen, die das Land faktisch unter sich aufgeteilt haben. Das erläuterten hohe Beamte der Uno Anfang voriger Woche während eines Besuchs von Bundesverteidigungsminister Peter Struck (SPD) bei Uno-Generalsekretär Kofi Annan.

Die Skepsis gegenüber der Situation am Hindukusch wächst ausgerechnet zu dem Zeitpunkt, da Struck das deutsche Kontingent in Afghanistan von derzeit 2250 auf 3000 Soldaten aufstocken und der Bundeswehr verstärkt Unterstützungsaufgaben bei der Drogenbekämpfung zuweisen will. Weil die Uno ihr Afghanistan-Mandat erst im Oktober verlängert, kann die Bundesregierung eine Parlamentsentscheidung über die Ausdehnung des Mandats erst nach der Bundestagswahl beantragen.

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