AFFÄREN PAR FUND Geld vom Geheimkonto
Am letzten Dienstag, kurz nach 17 Uhr erschien Michael Prinz von Preußen in Begleitung eines Anwalts bei seinem Chef, dem US-Unternehmer Leonard Rosen, in der Frankfurter Schwindstraße 3. Nach hartem Wortwechsel legte der Urenkel Kaiser Wilhelms II. seinen Posten als Geschäftsführer der Par Fund Vertriebsgesellschaft Imca (Tochter der Investment Management Corporation of America S. A. In Panama) nieder.
Der Hohenzollern-Sproß hielt die Demission für geboten, weil Rosen am vergangenen Montag beim Berliner Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen den Regierungsantrag für den Verkauf von Par-Fund-Anteilen zuruckgezogen hatte. Diese Maßnahme sollte die Fonds-Manager vor einem drohenden Vertriebs-Verbot bewahren.
Der in Luxemburg registrierte Par Fund sah sich nämlich nicht In der Lage, die von den Kreditwächtern erteilten Auflagen zu erfüllen. So forderten die Berliner Beamten, daß die von der Gesellschaft in Amerika in spekulativer Absicht erworbenen Ländereien höchstens mit 50 Prozent ihres Wertes beliehen werden dürften. Par Fund hingegen hatte seine Immobilien bis zu 80 Prozent verschuldet.
Für Leonard Rosen, Gründer des Luxemburger Fonds und Alleininhaber der Imca, kam die Berliner Entscheidung nicht ganz ungelegen. Denn seit der 105- und Gramco-Krise hatten seine Vertreter es immer schwerer, deutschen Geldbürgern Par-Fund-Anteile zu verkaufen. Im September und Oktober dieses Jahres kam das Geschäft fast völlig zum Erliegen.
Diese Entwicklung hatte Rosen, der sich in Amerika mit dem Verkauf von Haarpflegemitteln, Fernsehgeräten und Landspekulationen ein Millionen-Vermögen erworben hatte, nicht einkalkuliert. Noch im Herbst vergangenen Jahres glaubte er, in Europa mindestens vier Milliarden Mark Anlegegelder einsammeln zu können.
Freilich sollte sich der Fonds von vornherein nicht an Aktiengesellschaften, sondern an Landfirmen beteiligen. Auf diesem Gebiet war Rosen nämlich firm. Innerhalb von zwölf Jahren hatte er zusammen mit seinem inzwischen verstorbenen Bruder durch Spekulationen in Sümpfen und Ödländern Floridas 200 Millionen Mark zusammengerafft. Dies war allerdings nur möglich, weil das Bruderpaar die US-Gesetze besonders großzügig auslegte. Erst ein energischer Gouverneur von Florida verbot den Rosen-Brothers das lukrative Landgeschäft.
Damit seine einschlägigen Erfahrungen nicht ungenutzt blieben, gründete Rosen mit 10 000 Dollar Geschäftskapital am 6. Oktober 1969 in Luxemburg den Preferred American Reality-Security Fund S.A. (Par Fund). Nach bewährter Investment-Manier legte sich der Branchenneuling eigens eine unabhängige Firma zum Verkauf der Fonds-Anteile zu: die Imca. Für das Debüt der neuen Firma wählte der Fonds-Chef (Wahlspruch: »Artige Boys gewinnen kein Fußballspiel") die Bundesrepublik. Rosen: »Die Deutschen haben viel Geld.«
Um an die Spargroschen der Westdeutschen möglichst schnell heranzukommen, engagierte Rosen prominente Galionsfiguren: Für 4000 Mark Monatsgehalt und eine Dienstvilla in Bad Soden (monatlicher Mietpreis: 1500 Mark) machte er den zweiten Sohn des Hohenzollern-Chefs Louis Ferdinand zum Geschäftsführer der deutschen Imca. Für ein Jahressalär von je 100 000 Mark gewann er den ehemaligen Berliner Bürgermeister Franz Amrehn und Ex-Postminister Dr. Werner Dollinger als Verwaltungsräte. Mit Hilfe der Prominenten-Troika kassierte der Fonds bis Ende August dieses Jahres bei rund 3000 Deutschen etwa zehn Millionen Dollar.
Angelegt wurde der Geldsegen in dubiosen US-Ländereien. So erwarb der Par Fund in der Wüstengegend bei Las Vegas für vier Millionen Dollar die Roland Wiley Ranch, und in Miami kaufte er ein unerschlossenes Gelände für 1,5 Millionen Dollar.
Um aus den nach Ansicht von Branchenkennern »weit überbezahlten Arealen« Kapital zu schlagen und den Anlegern in 18 Monaten 15 Prozent Gewinn ausschütten zu können, hätte der Par Fund das Land freilich erst urbanisieren müssen. Für diese Aufgabe hatte Rosen die Landerschließungs-Gesellschaft »Preferred Equities« in Nevada ausersehen. Eine erste Transaktion wurde von der Firma bereits abgewickelt. Am 12. März 1970 verkaufte der Par Fund den Urbanisierern einen Geländestreifen für drei Millionen Dollar -- auf Wechsel.
Die Verwaltungsräte in Luxemburg haben freilich bis heute nicht bemerkt, daß die Firma in Nevada Rosen und seinem Familienklan gehört und von Rosen-Sohn Ronny gemanagt wird.
Wie bedenkenlos »der überzeugte Jude« (Rosen) mit fremden Geldern jongliert, wurde offenbar, als er Im Frühsommer dieses Jahres den deutschen Anlegern eine zehnprozentige Imca-Wandelschuldverschreibung mit fünfjähriger Laufzeit verkaufte. Wo die eingezahlten 2,3 Millionen Dollar inzwischen geblieben sind, ist bis heute unklar. Rosen-Bedienstete in Frankfurt vermuten, daß ihr Chef das Geld zur Abdeckung des inzwischen auf etwa zwölf Millionen Mark angewachsenen Imca-Defizits verwendet hat.
Rosen selbst räumt ein, er habe 4,4 Millionen Mark »für die Ausdehnung der Imca« ausgegeben. Außendienstmitarbeiter bediente Rosen freilich mit einer anderen Version: Rund zwei Millionen Dollar habe die Preferred Equities als Darlehen erhalten.
Nachdem der Fonds-Verwaltungsrat für die Anleger einen Rückzahlungsstopp für 60 Tage angeordnet hatte, begann Rosen sofort mit der Liquidierung seiner Frankfurter Imca-Zentrale.
Als die Angestellten mit Arbeitsgericht und Gewerkschaften drohten, kam es zu einem Kompromiß: Für eine Abfindung in Höhe eines Monatsgehalts unterschrieben die Entlassenen ein Revers, in dem sie sich mit einer Kündigung rückwirkend zum 31. Oktober einverstanden erklärten. Da sich auf dem Firmenkonto aber nur 560 Mark befanden, mußte Rosen in letzter Minute ein Geheimkonto anzapfen.
Die Hiobsbotschaften aus Frankfurt veranlaßten am Freitag letzter Woche auch Dollinger und Amrehn, mit dem Par-Fund-Chef zu brechen. Offizielles Firmenkommuniqué: »Ungeachtet ihrer positiven Einschätzung des Fonds haben die deutschen Mitglieder ihre Sitze im Verwaltungsrat ... niedergelegt.«