GELDINTERESSEN
(Nr. 43/1970, Affären)
Die Klinik- und Hochschulärzte Münchens protestieren energisch und öffentlich gegen die Entlassung des Kollegen Dr. Mausbach aus dem Dienstverhältnis am Nord-West-Krankenhaus in Frankfurt.
München DR. JÜRGEN BAUSCH*
Dr. Mausbach, der die deutschen Chefärzte entmythisierte, fand unter Ärzten, Pflegepersonal und Patienten keine Unterstützung, da wir Deutschen auch nach dem Zweiten Weltkrieg leider ein Volk von Mitläufern geblieben sind.
Neunkirchen (Saarland) DR. MED. MANFRED FRISCH
Ich selbst bin Medizinstudent im achten Semester und habe drei Jahre Sitzwachentätigkeit auf einer Intensiv-Station der inneren Medizin geleistet. Ich kann die Vorwürfe Mausbachs nur unterstützen und bestätigen, besonders was das Erproben von neuen Medikamenten durch die jeweiligen Stationsärzte angeht. Diese Medikamente sind gewöhnlich noch nicht im Handel, und es laufen recht lukrative Verträge zwischen den pharmazeutischen Firmen und den jeweiligen Ärzten, die nach einer gewissen Zeit ein Gutachten über mögliche Nebenwirkungen der neuen Medikamente anfertigen. Ich brauche nicht zu erwähnen, daß die Patienten nicht davon unterrichtet werden.
Hamburg ROLF JOCHEN PENNY
Schade, daß auch Sie das Persönliche so sehr in den Vordergrund rücken. Professor Ungeheuer stellt in diesem Konflikt nur die Exekutive der konservativen ärztlichen Standesorganisationen, die verhindern wollen, daß am
* Für den Assistentenkonvent der medizinischen Fakultät der Universität München; Assistentenausschuß der Fakultät für Medizin der Technischen Universität München; Assistentenausschuß der Städtischen Krankenhäuser Münchens.
Arbeitsplatz Krankenhaus die Friedhofsruhe des geforderten Denkverzichts durchbrochen wird. Ich bin nur einer von vielen Ärzten, Schwestern und Pflegern, die anfangen zu fragen, was Krankheit und Gesundheit in einer Klassengesellschaft bedeuten. Kaum hatte die Basisgruppe Medizin mit der Diskussion am Arbeitsplatz begonnen, da setzten auch schon die Repressalien ein: Ablehnung van Bewerbungen, Strafversetzungen, Entlassungsdrohungen, fristgerechte und fristlose Kündigungen von Schwestern und Ärzten in Höchst und Frankfurt. Wir haben gezeigt, was manchem neu sein mag: Wer im Krankenhaus kritische Denkansätze vorträgt, wird diszipliniert oder gefeuert. Mein Beitrag zu der Sendung »Halbgott in Weiß« ist wirklich nicht neu.
Der »nachgeordnete«, sprich untergebene, und in Weiterbildung zum Facharzt befindliche Arzt steht infolge des nicht von ihm mitbestimmbaren Weges zur Erreichung dieses Weiterbildungszieles in totaler Abhängigkeit seines vorgesetzten Chefarztes, obwohl er mit der Approbation seine Befähigung zur Ausübung des Arztberufes bereits nachgewiesen hat. Das wenn auch vielleicht unbewußte Einfließen kommerzieller Interessen in die Behandlungsentscheidung Ist in der gültigen Gebührenordnung für Privatpatienten, die eine Liquidation bis zum Zwanzigfachen der Grundbeträge ermöglicht, angelegt. Dort sind hohe Prämien auch auf operative Behandlungsformen gesetzt. Was die Ehre und das Gewissen der Ärzte betrifft, so haben sie davon soviel wie jede andere Menschenklasse, nicht mehr und nicht weniger. Und welche andere Menschenklasse wagt zu behaupten, sie sei unparteiisch, wo ein starkes Geldinteresse auf dem Spiele steht?
Frankfurt DR. HANS MAUSBACH
Die angebliche Abhängigkeit der Assistenten von den Chefs ist barer Unsinn. Seit zehn Jahren suchen alle Chefärzte nach Assistenten. Jeder Assistent, dem sein Arbeitsplatz nicht behagt, findet jederzeit einen brauchbaren anderen. Es besteht weder eine wirtschaftliche noch eine moralische Abhängigkeit.
Düsseldorf PROFESSOR DR. G. Hopf
Der Vorstand des Verbandes der Leitenden Krankenhausärzte Deutschlands e. V.