GERHARD STOLTENBERG
Gerhard Stoltenberg
ist mit 37 Jahren der jüngste und mit 1,89 Metern der längste Minister der Bundesregierung. Seit Oktober letzten Jahres steht der gebürtige Kieler an der Spitze des Ressorts für wissenschaftliche Forschung, dem angesichts, des deutschen Forschungsnotstandes wachsende Bedeutung zukommt.
Welche Qualitäten ein Mann in diesem Amt haben müsse, hat Professor Julius Speer, Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft, so formuliert: »Politisches Gewicht, Einsicht in die Wissenschaft und die Fähigkeit, sich im Kampf um die staatlichen Mittel entscheidend durchzusetzen.«
Politisches Gewicht hat Stoltenberg. Er trat mit 19 Jahren in die CDU ein, war von 1954 bis 1957 Abgeordneter im schleswig-holsteinischen Landtag, von 1955 bis 1961 Bundesvorsitzender der Jungen Union, zog 1957 in den Bundestag ein und gewann parlamentarische Anerkennung als Haushaltsexperte.
Einsicht in die Wissenschaft bot ihm seine Hochschul-Karriere, die dem politischen Aufstieg parallel lief. Stoltenberg promovierte 1954 an der Universität Kiel zum Dr. phil. und wurde 1960 Dozent für Neuere Geschichte (Thema derAntrittsvorlesung: »Tirpitz und seine Flottenpolitik im Urteil der Geschichtsschreibung").
Am 1. April 1965 übernahm der passionierte Ski-Sportler, der guten Kontakt zu Professoren und Distanz zu Linksliteraten halt, als Direktor die Leitung der Stabsabteilung Wirtschaftspolitik bei Krupp in Essen. Noch ehe er sich im Revier häuslich niedergelassen hatte, holte ihn Bundeskanzler Erhard ins Kabinett.
Ob sich der nüchterne Holsteiner auch - dritte von Speer geforderte Minister-Qualität - im Kampf um staatliche Mittel für die notleidende Wissenschaft entscheidend durchsetzen kann, muß sich indes noch erweisen. Zwar gelang es Stoltenberg bereits, den Etat seines Ministeriums überdurchschnittlich (um 28 Prozent) zu erhöhen. Aber in der Wissenschaftsdebatte des Bundestags verteidigte er vorletzte Woche den nach Ansicht der Wissenschaft zu niedrigen Haushaltsansatz für den Ausbau der deutschen Hochschulen.
Stoltenberg fordert einen zwischen Bund, Ländern und Wissenschaft abgestimmten Gesamtplan der deutschen Wissenschaftsförderung.