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CDU/CSU Gesundheitlich am Ende

aus DER SPIEGEL 30/1963

Eine alte Freundschaft zerbrach: Der

Hamburger Christdemokrat Dietrich ("Didi") Rollmann, 31, sagte sich von dem Bayern Franz-Josef Strauß los.

»Es ist unsere gemeinsame Aufgabe, zu verhindern, daß Strauß wieder in die Bundesregierung hineinkommt«, erklärte der hanseatische Bundestagsabgeordnete vor Mitgliedern der politischen Studentengruppen in der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Münster.

Das christdemokratische Bekenntnis überraschte. Denn lange Jahre schien der Norddeutsche Rollmann den Süddeutschen Strauß als sein Vorbild zu betrachten und ihm in Mitteln und Methoden nachzueifern.

Vor sieben Jahren sprengte Rollmann sich den Weg auf den Posten des »Junge Union«-Landesvorsitzenden und in die Führungsgremien der hanseatischen CDU frei, indem er seine - später allesamt rehabilitierten - Konkurrenten angeblicher finanzieller Verfehlungen wegen anschwärzte. Seine Wiederwahl erreichte er später mit Hilfe sogenannter Karteileichen - durch Mitgliederstimmen, die nur auf dem Papier existierten.

In der SPIEGEL-Affäre verteidigte Rollmann Lügen und Übergriffe des damaligen Verteidigungsministers Strauß (siehe Hausmitteilung Seite 3). Und seine Teilnahme an einer Gedenkfeier zum 25. Todestag des deutschen Friedensnobelpreisträgers Carl von Ossietzky in der Hamburger Universität sagte Rollmann mit der Begründung ab, solche Pazifisten sollten nicht »als Vorbilder für das heutige Deutschland« herausgestellt werden.

Daß ein Christdemokrat von derartiger Betriebsamkeit sich nun gegen die Rückkehr von Franz-Josef Strauß in die Bundesregierung wandte, erschien vor allem dem CSU-Vorsitzenden selbst ungeheuerlich.

Strauß, der in der »Welt« die Rollmann-Äußerungen in Münster gelesen hatte, erbat darum am vorletzten Wochenende von dem Hamburger Parteifreund telegraphisch »Rückantwort an Regina-Palasthotel, München 2, Maximiliansplatz 5« (wo an jenem Tag im »Kleinen Restaurant« der CSU-Landesausschuß tagte), ob das »Welt«-Zitat der Wahrheit entspreche: »Wenn nein, bitte ich um Berichtigung und Angabe Ihrer wirklichen Äußerung.«

Exminister Strauß bezeichnete sich selbst in seinem 52-Worte-Telegramm als Minister und drohte: »Landesausschuß und Landesvorstandsschaft (der CSU) wollen sich heute mit Ihren Bemerkungen über Herrn Minister Strauß ... befassen.«

Statt mit einem Kabel antwortete Rollmann »nach Rückkehr von einer kleinen Reise« am vergangenen Montag mit einem Brief. Er fand es unglaublich, daß Strauß sich das Recht beilege, von »einem Nicht-Mitglied Ihrer Partei in einer derartigen Form Aufklärung über Äußerungen (zu) verlangen«.

Der Abgeordnete beschwor vergangene bessere Zeiten: »Ich habe Ihr Verhalten vor dem Bundestag in der 'Spiegel'-Affäre gegen jedermann damit verteidigt, daß Sie offensichtlich aufgrund der jahrelang gegen Sie gerichteten Angriffe gesundheitlich am Ende gewesen seien. Ich hatte gehofft, daß Ihr Urlaub Sie so wieder herstellen würde, daß Sie für unser Land und unsere Partei wieder von Nutzen sein könnten.«

Der Urlaub hat aber offenbar seinen Zweck verfehlt. Zahlreiche Strauß -Äußerungen aus der jüngsten Zeit - so fuhr Rollmann fort - hätten ihn »so bedenklich gestimmt, daß ich nunmehr wirklich der Auffassung bin, daß Sie fürs erste nicht wieder Mitglied der Bundesregierung werden können«.

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