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Artikel 52 / 73

Briefe

GLAUBE UND SCHÖNHEIT
aus DER SPIEGEL 6/1964

GLAUBE UND SCHÖNHEIT

Habe Ihren Bericht über das NS-Frauenideal mit Interesse gelesen. Besitze selber seit 30 Jahren »hochgewachsenes, vollbusiges Weib, tapfer und wahrhaft ... zugleich aber innig, tief und eine Frohnatur inmitten unermüdlich gezeugter Kinder«. Fühlte mich bei all dem bisher auch noch wohl. Frage: Bin ich ein Nazi?

Remagen

DR. PHIL. PAUL MINRATH

Alles was mit Lebensborn und Rassenzüchtungsideen der Nazis zusammenhängt, wird vielfach und gern belächelt und als unglaubwürdig abgetan. Aber bereits 1929 bekannte sich Hitler in einer Rede auf dem damaligen Nürnberger Parteitag zu einem fanatischen Biologismus. In der Nr. 181 des »Völkischen Beobachters«, Jahrgang 1929, ist diese Rede abgedruckt, in der es heißt: Wurde Deutschland jährlich 1 Million Kinder bekommen und 700 000 bis 800 000 der Schwächsten beseitigen, dann würde am Ende das Ergebnis vielleicht sogar eine Kräftesteigerung sein. Das Gefährliche ist, daß wir selbst den natürlichen Ausleseprozeß abschneiden und dadurch uns langsam der Möglichkeit, Köpfe zu bekommen, berauben.«

Schon damals mußte jedem denkenden Menschen klarwerden, wozu die Nazis von der deutschen Frau »Gebärleistung« forderten.

Hof (Bayern)

DR. HERMANN SCHULTES

Wie der Berliner »Telegraf« vom 8. Januar 1964 berichtete, hatte der Würzburger Arzt Dr. Herterich einigen Zeugen seines suspendierten Widersachers Schiedermair vorgeworfen, sie seien als »Zuchtbullen« bei der SS-Organisation »Lebensborn« tätig gewesen. Wörtlich heißt es dann: »Einer der von Herterich als 'Zuchtbulle' bezeichneten früheren SS-Führer kündigte in München eine Beleidigungsklage gegen den Würzburger Arzt an. Er sagte, die Bezeichnung 'Zuchtbulle' im Zusammenhang mit dem Lebensborn' stelle eine flagrante Beleidigung dar.«

Schweinfurt

WOLFGANG SPIEGEL

Nicht nur die Briten sollten in eine überregionale Blutaufbesserung eingespannt werden, sondern auch die engeren und ferneren Nachbarn Deutschlands. So erfolgte in Holland die Gründung der »Reichsschulen«, die sich von den »Napolas« nur durch den Namen unterschieden. Ihr Schülerbestand umfaßte ein Drittel Holländer. Eine spätere Verteilung auf die »Napolas« sollte die Ausrichtung dieser Holländer auf Germanentum nationalsozialistischer Prägung vollenden. (Ähnliches war für Norwegen geplant. Der Plan für Frankreich scheiterte an Hitlers Widerspruch.) Himmler, glaubte, daß das auf diese Weise geschaffene »gute Blut« sofort in die Führungsschicht des betreffenden Landes gelangen und dadurch indirekt dieses Land ,an Deutschland ketten würde.

Hamburg

WOLF OSCHLIES

Es ist billig, sich heute über das NS -Schönheitsideal zu mokieren. Obwohl kein Nazi, gefiel auch mir die ansprechende Fraulichkeit der uniformierten NS-Damen besser als die aus Amerika importierten Pin-up-Mädchen.

Essen

ENGELBERT ROTH

Ich war im Reichsarbeitsdienst (RAD), sogar sehr lange, und ich muß sagen: Es hat mir gut gefallen. Wir hatten manchmal Abteilungen der Waffen-SS zu Gast. Es war ein wunderbares Einvernehmen. Von Lebensborn e.V. war nie die Rede. Während meiner RAD-Zeit habe ich nie davon etwas gehört. Jetzt staunen Sie sicher? Was ich nicht weiß, das glaube ich auch nicht!

Niedermarsberg

WALTRAUD DETTENBERG

Es ist bedauerlich, daß sich der - weltweit gelesene - SPIEGEL so herabläßt und jene Ungereimtheiten, Verdrehungen, Halb- und Unwahrheiten, wie sie Herr Fest verarbeitet hat, publiziert. Zeitgeschichte sollen die schreiben, die sie erlebt haben. Beispielsweise sind die Angaben über den »Lebensborn e.V.«, die nach 1945 von Sensationsmachern erdichtet wurden, unwahr. In unserer sex-betonten Ära verkauft sich so etwas besser.

Bremen

ERHARD KÖRNER

Das deutsche Volk müßte, wie Ihr Artikel beweist, nachträglich noch für die Niederlage im 2. Weltkrieg dankbar sein. Bei siegreichem Ausgang hätten die dann tonangebenden, perversen Bestien mit Sicherheit Deutschland und die besetzten Gebiete in einen Schweinestall verwandelt.

Nürnberg

ARTHUR FORSTER

In Nürnberg stand u.a. die Vereinigung »Lebensborn e.V.« unter Anklage. Das sogenannte Militär-Tribunal mußte dieser »Staatlichen Bordellorganisation« (ich zitiere den »Zeitberichter« Fest) bescheinigen, daß sie eine für die gesamte Kulturwelt vorbildliche karitative Einrichtung gewesen sei, die ausschließlich von den Beiträgen des Offizierskorps der SS getragen wurde! Und dieses Urteil, obgleich gerade in jener Zeit - 1945/46 - waggonweise die Jauche der Verleumdung und Geschichtsfälschung kostenfrei in Nürnberg angeliefert wurde! Die Anklage gegen den »Lebensborn e.V.« mußte eingestellt werden.

Eine »Staatliche Bordellorganisation« wäre der Lebensborn jedoch zweifellos geworden, wenn wir diesen dem »Zeitgeschichtler« Fest und den nach 1945 in Deutschland gesellschaftsfähig gewordenen Zuhältern und Sittlichkeitsverbrechern überlassen hätten!

Diese Entgegnung paßt natürlich nicht in Ihr Konzept; sie wird deshalb nicht zum Abdruck gelangen.

Bonn

HERBERT HOYER

Meines Erachtens haben solche Machwerke, die das Wort »dokumentarisch« mißbrauchen, nur den einen Zweck, dem Autor Geld einzubringen, wie es ähnlich den Autoren der Schmutz- und Schundliteratur nur darum geht.

Hannover

STEFAN MONSE

In Deutschland leben sicher noch einige zehntausend Frauen, die seinerzeit in »Lebensborn«-Heimen entbunden haben, nicht nur ledige, sondern auch Soldatenfrauen, die dort vor dem Bombenhagel bewahrt wurden. Ihre Söhne erfahren jetzt aus dem SPIEGEL, daß der »Lebensborn« eine staatliche Bordellorganisation gewesen sei, daß sie also Söhne von Huren wären. Hoffentlich ist einer von ihnen Manns genug, dem »Zeitgeschichtler« Fest dafür die paar hinter die Löffel zu hauen, die er verdient.

Bad Godesberg

ERICH BOYER

Der junge Mann, der sich »Zeitgeschichtler« nennt, mit Namen »Fest«, sollte sich besser um andere Dinge kümmern als erbgesundheitliche Familienplanung nach nationalsozialistischen Grundsätzen auf seine Art zu glossieren. Seit wissenschaftlich fest steht, daß sich körperliche, geistige Merkmale und Fähigkeiten von Generation zu Generation vererben, sollte es selbstverständlich sein, daß bei der Partnerwahl weitgehend nach rassischen und erbgesundheitlichen Grundsätzen und biologischem Ausleseprinzip verfahren wird, nicht, um eine »Herrenrasse« zu züchten, sondern ganz einfach und allein, um ein Volk gesund und widerstandsfähig zu erhalten. Ein Rassenmischmasch führt zu Degeneration und Verfall jeden echten Volkstums.

Mellendorf (Nieders.)

HERMANN PIEPER

Karnevalsartikel sollten stets als solche gekennzeichnet sein. Auch im SPIEGEL. Auch dann, wenn der Verfasser ein Zeit-Geschichtler der Panorama-Redaktion ist. Gerade dann. Sonst sind Verwechslungen möglich.

München

FRITZ SEEBAUER

Freiherr von Münchhausen wäre beim Lesen Ihrer Lektüre vor Neid erblaßt.

Velbert (Nordrh.-Westf.)

HORST SÜTHER

Aus meiner braunen Sammelmappe »In jenen Tagen« möchte ich zur Forschungsarbeit des Zeitgeschichtlers Fest folgende Original-Inserate nicht vorenthalten:

»Völkischer Beobachter« vom 12. 8.1934: »Deutsche Minne, blondes BDM-Mädel, gottgläubig, aus bäuerlicher Sippe, artbewußt, kinderlieb, mit starken Hüften, 1,75, möchte einem deutschen Jungmann Frohwalterin seines Stammes sein. (Niedere Absätze - kein Lippenstift.) Nur Neigungsehe mit zackigem Uniformträger.«

»Völkischer Beobachter« vom 12. 8.1934: »SA-Scharführer, Anfang 30, Blutordensträger, blonder Vollgermane, kernig und erbgesund, sucht auf diesem Wege die Mutter seiner kommenden Kinder und Wahrerin seines Hortes. Selbe muß Garantin rassischer Vollwertigkeit kommender Geschlechter sein. Stattliche Blondine bevorzugt, nachgedunkelte Schrumpfgermanin unerwünscht. Eigenes Heim vorhanden. Vermögen Nebensache.«

»Völkischer Beobachter« vom 4. 2.1936: »Fro, der Segen der Fluren, hat heute ein männliches Reis aus unserem Stamm ersprießen lassen, den wir unter Asa -Thors-Patenschaft den Namen Hunnebald-Ethelwulf gegeben haben.«

Hamburg

F. BROMBERG

Spätestens beim Anblick meines Spiegelbildes, wenn man Augenbrauenstift und Nagellack wegdenkt, kann ich auf Knien danken, daß wir den Krieg verloren haben. Ich bin groß, blond, habe blaue Augen. Vor welch einem Schicksal hat mich der Zusammenbruch bewahrt!

Frankfurt

ROSEMARIE LOHAUSER

Reichsarbeitsdienst-Maiden

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