ENGLAND: Glück im Lotto

Ein sozialistischer Millionär verhalf Englands armer sozialistischer Partei spielend zu Millionen: Als erste große Partei der Welt spielt Labour Lotto - und Labour gewinnt.

Es war die Idee des Unterhausabgeordneten und schwerreichen Verlegers Ian Robert Maxwell, 42, eines Emigranten aus Prag, die chronische Finanzmisere Labours durch die fanatische Wettleidenschaft der Briten zu beheben. Bereits 80 lokale Partei-Organisationen veranstalten wöchentlich mit durchschlagendem Erfolg ein Zahlenlotto, bei dem die Wetter für einen Shilling (55 Pfennig) bis zu 100 Pfund (1120 Mark) gewinnen können. 50 Prozent der Einspielsumme verbleiben der Partei.

Von ihren Mitgliedsbeiträgen kann die Labour-Partei nicht existieren. Sie sind lächerlich niedrig, eine Erhöhung hielt die Parteiführung bis jetzt nicht für opportun: Die 830 350 Labour-Genossen zahlen pro Kopf und Monat 28 Pfennig. Von der jährlichen Beitragssumme - 2,8 Millionen Mark - bekam die Parteiführung 1963 nur 450 000 Mark. (Die 715 000 Mitglieder der SPD zahlen 15 Millionen Mark Beiträge.)

Die Sozialisten können im Gegensatz zu den kapitalkräftigeren Konservativen nur in 200 der 630 englischen Wahlkreise einen hauptamtlichen Partei-Agenten unterhalten.

Trotz dieser Bescheidenheit geriet die Labour-Partei in die finanzielle und damit auch politische Abhängigkeit der oft radikalen Gewerkschaften: Von den 4,15 Millionen Mark Einnahmen Labours stammten (im letzten Berichtsjahr 1963) drei Millionen Mark aus Gewerkschaftskassen.

Um dies zu ändern, startete der 1958 in die Partei eingetretene Verleger Maxwell - er besitzt die Pergamon Press, den größten wissenschaftlichen Verlag der westlichen Welt - Labours Lotto. Nachdem Parteichef Harold Wilson dem Lotto in seinem Wahlkreis zugestimmt hatte, zogen rasch 80 Lokal -Organisationen nach.

Labour-Millionär Maxwell hat errechnet, daß er in spätestens zwei Jahren sein Ziel erreicht hat: Dann werden die Lotto-Jahreseinnahmen der Parteizentrale den Betrag erreichen, den die Gewerkschaften gegenwärtig in die Parteikasse zahlen - drei Millionen Mark.

Labour-Millionär Maxwell

Weften für die Partei