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BLUMENDÜNGER Großer Gewinn

aus DER SPIEGEL 42/1966

Der 77 Jahre alte hannoversche Bergbaukonzern Salzdetfurth AG schürft neuerdings in Hausfrauen-Portemonnaies nach Profit. Statt seine Kalisalze nur tonnenweise als Rohstoff an Düngerproduzenten zu liefern, macht

er jetzt mit kleinen Mengen großen Gewinn: mit »Dr. Glück's Blumenpflege« für Zimmerpflanzen.

Westdeutschlands zweitgrößtem Kali-Erzeuger (Umsatz: 468 Millionen Mark) war es schwergefallen, den Gewinn auf Höhe zu halten. Die Dividende war 1965 mit 14 Prozent nicht größer als vor fünf Jahren, dazwischen lag sie gelegentlich noch darunter.

Die fünf Kali- und Steinsalzwerke des Konzerns sind zwar ertragreich, aber sie erbringen nur knapp 50 Prozent des Umsatzes. Die Tochtergesellschaft Mansfeld AG hatte in Mitteldeutschland Kupfergruben verloren und mußte vor drei Jahren in Bochum ihre einzige Steinkohlenzeche schließen. Die Salzdetfurth-Tochter Chemische Fabrik Kalk in Köln, die vorwiegend Kunstdünger für die Landwirtschaft herstellt, erwirtschaftet seit Jahren nur Verluste.

Den Kali-Herren dämmerte es, daß der Verkauf von Fertigprodukten an der Ladentheke mehr abwerfe als das Grundstoffgeschäft. Sie untersuchten den Markt für Heim-Dünger und stellten fest, daß er noch ausbaufähig war: Ihren mehr als 350 Millionen Topfblumen gaben die Westdeutschen im vergangenen Jahr für 30 Millionen Mark Dünger, also nur für rund zwölf Pfennig je Topf.

Aber Salzdetfurths Manager, die nie etwas mit dem Einzelhandel zu tun gehabt hatten und für die Werbung ein Fremdwort war, scheuten sich vor dem neuartigen Geschäft. Sie versuchten zunächst, eine eingeführte Düngermarke zu kaufen.

Die drei größten Marken sind Substral (rund 50 Prozent), Mairol (24 Prozent) und Etisso (vier Prozent). Etisso -Fabrikant Lappe, dem Salzdetfurths Kölner Tochter den Rohstoff liefert, war bereit, sein Werk für vier Millionen Mark an den Konzern abzutreten. Das war dem Unternehmen zuviel.

Da tauchte auf der Suche nach neuen Werbekunden Dr. Walter Scheuermann, 34, Chef der Hamburger »Absatzagentur«, bei der Salzdetfurth AG auf. Er machte dem Vorstand mit einem Probelauf Mut zur eigenen Marke: Ein »Anti -Rutsch« getauftes, in Drei-Kilo-Beutel abgefülltes Salzdetfurther Streusalz brachte der Firma im vergangenen Winter drei Millionen Mark Umsatz. Die Werbung hatte nur 120 000 Mark gekostet.

Jetzt vertrauten die Manager dem Hamburger rund drei Millionen Mark für die Düngereinführung an. Sie ließen sich außerdem von ihm ein Verkaufskontor einrichten, übertrugen ihm Auswahl und Einweisung der Vertreter und akzeptierten seinen Vorschlag für den Markennamen: Der Chef-Biologe des Kölner Werks, Dr. Hans Glück, 58, stand für ein Entgelt von 15 000 Mark Pate.

Innerhalb eines Jahres will Salzdetfurth schon 20 Prozent Marktanteil erobert haben. Werber Scheuermann: »Wir werden die Konkurrenz aus dem Markt verdrängen, so wie es uns die Amerikaner in anderen Branchen vormachen.«

Der Kali-Konzern erwartet von Dr. Glücks Blumenpflege guten Ertrag. Salzdetfurth kassiert etwa für ein Fläschchen mit 250 Kubikzentimeter flüssigen Dünger mindestens eine Mark: Der Inhalt kostet die Firma nicht mehr als zehn Pfennig.

Salzdetfurth-Dünger, Hausfrau: Profit mit Gramm

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