Zur Ausgabe
Artikel 52 / 86

AUSTRALIEN / SCHAFS-KRIEG Guter Glauben

aus DER SPIEGEL 14/1971

Die Königlich-Australische Luftwaffe (RAAF) erhielt einen Geheimbefehl: Sie mußte Schafe verladen.

Auf Geheiß der Regierung bugsierten RAAF-Soldaten auf dem Militärflughafen Richmond bei Sydney 150 Merino-Böcke in eine Boeing 707 der norwegischen Chartergesellschaft Trans-Polar International. In dem von der RAAF aufgetankten Vogel jeteten die Hammel nach Europa.

Die Luftwaffe mußte einspringen, weil sich Australiens Gewerkschaftler geweigert hatten, den Tier-Transport abzufertigen. Grund: Der Gewerkschaftsverband bekämpft den Merino-Export. Durch die Ausfuhr der Böcke, so argumentiert er, fördere Australien, der Welt führender Schafstaat, die Zucht in anderen Ländern und ruiniere mithin die eigene Wollproduktion.

Viele Schaf-Farmer hingegen erhoffen sich von einem dosierten Merino-Export guten Gewinn. Dies gilt um so mehr, seit der Wollverkauf allein -- infolge sinkender Weltmarktpreise -- nicht mehr genug abwirft.

Fast drei Viertel der 140 Millionen Schafe auf dem Fünften Kontinent sind Merinos. Von 1929 bis 1970 durften Merino-Böcke nicht exportiert werden. Am 1. Februar vergangenen Auf Neuguinea.

Jahres jedoch hob der damalige Regierungschef John Gorton den Bann auf: Er gab 300 Hammel frei.

Sogleich reisten Kaufinteressenten an -- aus Südamerika, Südafrika, China und der Sowjet-Union. Sie zahlten bis zu 14 000 Mark pro Zuchtbock. Doch die Transportarbeiter lehnten es ab, das Vieh in Flugzeuge oder Schiffe zu verfrachten. Die Böcke mußten zurück zu ihrem jeweiligen Ex-Eigentümer, der sie für etwa 400 Mark Monatsgebühr in Pflege nahm.

Einem Schafhändler aus Sydney gelang es freilich, die Gewerkschaftler auszutricksen. Mit Leichtflugzeugen schmuggelte er 32 Merinos auf die Fidschi-Inseln im Pazifik; von dort gelangte die Fracht nach Südamerika. Transportkosten pro Hammel: rund 8000 Mark.

Als der Handel via Fidschi ruchbar wurde, verschärften die Gewerkschaften ihren Widerstand; der Schaf-Streit spitzte sich zu. Anfang Februar traf die von russischen Merino-Käufern gecharterte Boeing 707 in Sydney ein, um 150 Wolltiere abzuholen. Doch Gewerkschaftsboß Hawke wies seine Männer an, das Flugzeug nicht aufzutanken. Drei mit blökenden Böcken vollgestopfte Lastwagen fuhren -- nach vergeblichem Warten auf dem Flugplatz -- wieder davon.

Australiens Regierende gaben den Kampf jedoch nicht auf: Die Boeing, die noch für eine Flugstunde Sprit hatte, wurde auf den nahe gelegenen Militärflugplatz Richmond geleitet, wo die Royal Australian Air Force den nötigen Service übernahm und die Hammel verlud.

Eine weitere Export-Blockade. warnte die Regierung unlängst die bockigen Gewerkschaften, werde »Australiens gutem Namen in der Welt« Abbruch tun. Daher wolle Canberra »mit allen Mitteln sicherstellen, daß die Schafböcke an jene ausgeliefert werden, die diese Böcke in gutem Glauben kaufen«.

Australischer Schaf-Transport* Geheimbefehl an die Luftwaffe

Mehr lesen über

Zur Ausgabe
Artikel 52 / 86
Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren