Zur Ausgabe
Artikel 4 / 41

Handel

aus DER SPIEGEL 4/1952

Da die Bonner und Petersberger Interzonenhandels-Bremsen seit dem Jahres-Ersten auch den letzten grauen innerdeutschen Handel zum Stehen gebracht haben, muß sich Pankow im Devisenausland nach Stahllieferanten umsehen. Schweizer Firmen liefern 100 000 Uhren - Gesamtwert runde 4 Millionen Franken - , die kaum in den ostzonal-staatlichen HO-Läden gekauft werden können. Für diese Uhren

gibt es beispielsweise Schwedenstahl, die Schweiz erhält via DDR Textilien oder Chemikalien. Via DDR geht möglicherweise auch ein Teil der Schweizer Uhren in die Bundesrepublik. +

Liebend gern handelten mit der DDR auch englische Firmen und Interessengruppen, deren in den USA um Stahl bettelnde Regierung den Pankower Oststaat nicht anerkennt und deshalb keine Handelsverträge von Land zu Land eingehen kann. Ein gewisser Mr. Sternberg aus London wohnte für ein paar Wochen im ostsektoralen Berliner Hotel »Continental«. Seine Geschäfte mit dem DDR-Außenhändler, Minister Georg Handke (SED), sind noch in mystisches Dunkel gehüllt. Inzwischen versagte der Petersberg einem runden halben Hundert westdeutscher Firmen die Gewährung von MSA-Zuschüssen und »bestimmten amerikanischen Exportwaren« - wegen des Verdachts, unerlaubt mit Ostdeutschland gehandelt zu haben. +

In Bonner Schreibtischen verstauben zu gleicher Zeit auf der Basis des Paragraphen 2 im Interzonenhandelsabkommen ("Genehmigung beider Handelspartner genügt") direkt abgeschlossene Kompensationsverträge zwischen west- und ostdeutschen Firmen und Interessengruppen im Wert von 550 Millionen Verrechnungseinheiten. Die Ausstellung von Warenbegleitschreiben ist auf beiden Seiten fast eingeschlafen, worüber u. a. auch DDR-Interzonenhandelbeauftragter Joseph Orlopp schimpft, weil für Ostdeutschland bestimmte und teilweise bezahlte Maschinen im Wert von 12,7 Millionen Mark in der Bundesrepublik stehen.

Mehr lesen über

Zur Ausgabe
Artikel 4 / 41
Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren