PERSONALIEN Hans Apel, Erich Mende, Herbert Prochazka, Hans-Jürgen Wischnewski, Rudolf Nickels, Lyndon Baines Johnson
Hans Apel, 35, SPD-MdB aus Hamburg und Abteilungsleiter (für Wirtschaft und Finanzen) beim Europäischen Parlament in Straßburg, unterwies am vorletzten Freitag auf einem gemütlichen Beisammensein des SPD-Ortsvereins Hamburg-Fuhlsbüttel im Genossenschaftshaus der Schiffszimmerer seine Parteifreunde. die Bildung der Großen Koalition in Bonn werde nachträglich durch die innere Zerrissenheit und die »Zwar-aber-Politik« der FDP gerechtfertigt. Darauf Pastor Wilhelm Schmidt, Leiter der Hamburger Inneren Mission, in einem Zwischenruf: »Das trifft genau die Sache. Nomen est omen, denn das griechische »men-de« heißt auf deutsch »zwar-aber'.«
Erich Mende, 50, FDP-Chef und Ex-Vizekanzler, der seiner »Frau gewöhnlich keine Vorschriften beim Haushaltsgeld macht«, berichtete am vorletzten Freitag nach einer FDP-Veranstaltung im Flensburger »Deutschen Haus« Parteifreunden am Biertisch, daß er unlängst von seiner Haushaltspolitik abgewichen sei und seine Frau zum Sparei angehalten habe, obwohl »ich das eigentlich gar nicht zu tun brauche, jetzt., bei meinem Gehalt«. Mende, der als Bundestagsabgeordneter rund 3500 Mark Diäten und seit seinem Ausscheiden aus dem Kabinett bis zum 30. November 1969 rund 2800 Mark Übergangsgehalt im Monat erhält: »Als mir meine Frau sagte, daß die italienischen Frühkartoffeln bei uns in Godesberg 40 Pfennig das Pfund kosten, habe ich ihr gesagt, daß wir so lange keine Kartoffeln essen wollen, bis sie zwölf Pfennig kosten. Bis dahin essen wir Reis und Nudeln und Ravioli.«
Herbert Prochazka, 43, CSU-MdB und Geschäftsführender Direktor einer bayrischen »Gesellschaft für Technik und Rationalisierung im kommunalen und landwirtschaftlichen Bereich«, der vom 23. März bis zum 7. April in Prag und Brünn »Gespräche mit leitenden Regierungsstellen« führen wollte, jedoch von der tschechischen Militärmission in West-Berlin kein Visum erhielt, in einem Brief an den Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses des Bundestags, Hermann Kopf (CDU): »Die Verweigerung des Visums durch eine Dienststelle, die auf westdeutschem Boden ihr Domizil hat und damit unsere Gastfreundschaft genießt, ist, gelinde ausgedrückt, eine bodenlose Frechheit und sollte entsprechend beantwortet werden.« Kopf, der den Brief im Ausschuß vorlas: »Ich darf in Erinnerung bringen, daß im vergangenen Jahr die Deutsche Lufthansa etwa 50 tschechische Staatsbürger zum Eröffnungsflug eingeladen hatte, daß die Herren am Flugplatz (in Prag) erschienen und nur ein kleiner Teil mitfliegen konnte, weil die anderen (von Bonn) kein Visum erhalten hatten; dennoch ist diese Sache bedauerlich.«
Hans-Jürgen Wischnewski, 44, Bundesentwicklungshilfeminister (SPD), der seit Mitte März wegen Kreislaufstörungen Diät essen muß, am vorletzten Donnerstag zu seinem Fahrer: »Da komme ich ja auf den Hund. Kommen Sie, jetzt fahren wir schnell mal heimlich ein Kotelett essen.«
Rudolf Nickels, 41, CDU-MdL und Schmied aus Recklinghausen sowie Mitglied des Hauptvorstands der IG Bergbau und Energie, erzählte in den letzten Wochen auf Veranstaltungen seiner Partei, daß der nordrhein-westfälische Wirtschaftsminister Professor Dr. Bruno Gleitze (SPD) Anfang April in Bonn bei Verhandlungen über die Kohle-Krise mit Bundeswirtschaftsminister Professor Dr. Karl Schiller (SPD) eingeschlafen sei. Nickels zu Parteifreunden: »So geht es wirklich nicht!« Der Konferenz-Bericht löste einen SPD-Boykott gegen den Christdemokraten aus, der im März während einer Düsseldorfer Landtagsdebatte bereits einen Tumult entfachte, als er erklärte: »In Ländern, wo Sozialisten mitregieren, werden sogar Autos umgestoßen und Bergleute angeschossen.« Alle SPD-Landtagsabgeordneten, die ebenfalls Funktionäre der Bergbaugewerkschaft sind, einigten sich in der letzten Woche, künftig nicht mehr an Veranstaltungen ihrer Gewerkschaft teilzunehmen, zu denen sich auch Nickels angesagt hat.
Lyndon Baines Johnson, 58, US-Präsident, sah sich am vorletzten Montag im Washingtoner Stadion das Eröffnungsspiel der diesjährigen Baseball-Saison zwischen den Washingtoner »Senators« und den New Yorker »Yankees« an. Während des Matchs spendierte der Präsident seiner Nachbarin, der republikanischen Senatorin des US-Staates Maine, Margaret Chase Smith, 69, ein Würstchen, ein Eis, eine Schachtel Puffreis und eine Tüte Erdnüsse; er selber verzehrte: zwei Würstchen, zwei Eiskrem und den größten Teil der Erdnüsse der Senatorin. Als Johnson nach Hause kam, machte ihm seine Frau Vorhaltungen, er habe im Stadion gröblich gegen seine Diätvorschriften verstoßen. Frau Johnson hatte das Spiel am Bildschirm verfolgt und bei mehreren Großaufnahmen ihres Mannes dessen Verzehr registriert. Semjon Zarapkin, 60. Sowjet-Botschafter in Bonn, besuchte am Montag letzter Woche gemeinsam mit seiner Frau Natalia, 57, Bremerhaven, um dort das russische Passagierschiff »Alexander Puschkin« zu besichtigen, das künftig die Route Leningrad Helsinki -- Bremerhaven -- London -- Quebec -- Montreal befährt und zum erstenmal in Bremerhaven anlegte. Bei der Abfahrt des 1965 auf der Mathias-Thesen-Werft in Wismar (DDR) gebauten Schiffs (19000 BRT, 670 Passagiere) stand Zarapkin an der Columbuskaje und winkte Besatzung und Passagieren des Schiffs zu. Anschließend führte der Botschafter die Hände an den Mund, formte sie zu einem Trichter und rief der »Alexander Puschkin« einen altrussischen Gruß nach: »Glückliche Fahrt und viel Wind für die Segel des Schiffs.«