Zur Ausgabe
Artikel 77 / 77

PERSONALIEN Hans-Josef Kapellmann, Horst Hildebrandt, Villaescusa Quilis, Alfred Dregger, Alexander Soplschenizyn, Ludwig Kerscher, Dustin Hoffman, Robert Redford, Carl Bernstein, Robert Woodward

aus DER SPIEGEL 23/1975

Hans-Josef ("Jupp") Kapellmann, 25, Bundesliga-Spieler bei Bayern München und Betriebswirt, ließ sich nach dem Europacup-Finale am vergangenen Mittwoch in Paris eineinhalb Stunden lang vom Bonner Wirtschaftsminister Friderichs über die Wirtschaftspolitik der Bundesregierung unterrichten. Daraufhin Kapellmann: »Was mich bei Ihnen am meisten wundert, ist, warum Sie in der FDP sind.«

Horst Hildebrandt, 56 (r.), Heeresinspekteur der Bundeswehr, ließ sich in Madrid bei der Militärparade zum 36. Jahrestag des Sieges der faschistischen Franco-Truppen über die Republik Spanien an der Seite des spanischen Heeres-Generalstabschefs Emilio Villaescusa Quilis, 63, im Schmuck seiner Weltkrieg-II-Auszeichnungen ablichten. Während der Deutsche die Wehrmachtsehrenzeichen nur in der Ordensspange trug, hatte der Spanier, ehemals Hauptmann der in Rußland kämpfenden Blauen Division, ein EK I so angesteckt, wie Hitler es ihm verliehen hatte -- mit Hakenkreuz. Das Zeitungsphoto empörte Kanzler Helmut Schmidt, er riet dem Verteidigungsminister Leber: »Stauch den mal richtig zusammen.« Doch Hildebrandt brachte überzeugend vor, er habe die politische Tragweite seines Auftrittes nicht erkannt. Leber verständnisvoll: »Ein Betriebsunfall.«

Alfred Dregger, 54, hessischer CDU- Vorsitzender, wechselt in seiner Wahlheimat Fulda das Wohnhaus, weil er sich in seiner einsam am Ortsrand gelegenen Villa Über der Aue 5 vor dem »Politgangstertum nicht mehr sicher genug« fühlt. Bis Herbst will der CDU-Bundestagsabgeordnete in die stadtnäher gelegene Direktoren-Wohnung Elisabethenstraße 1 ziehen, die der Überlandwerk Fulda AG (Üwag) gehört. bei der Dregger als Vorstandssprecher wirkt. Das Haus, das zur Zeit mit Scheinwerfern, Alarm- und Sicherheitsanlagen ausgestattet wird (ein Fuldaer Christdemokrat:« Der baut sich eine Festung"), hatte die Üwag bereits dem Aufsichtsratsmitglied und CDU-Kreisbeigeordneten Heinrich Beck zugesagt. Weil aber Dregger Ende letzten Jahres, nach den Schüssen auf den CDU-Kollegen Walther Leisler Kiep, plötzlich die firmeneigene Villa für sich beanspruchte ("Die Sicherheitslage hat sich verändert"), ging Parteifreund Beck leer aus. Aus Verärgerung ("Wortbruch") über die verlorene Villa mochte Beck dem Aufsichtsrat der Üwag nicht mehr länger angehören. Alexander Soplschenizyn, 56, russischer Schriftsteller im Schweizer Exil, sah sich in Kanada nach Orten um, in denen er sich womöglich ansiedeln will. Das Leben in der Schweiz, so klagte er. werde ihm durch europäische Zeitungsleute vergällt. Doch auch mit der Presse in Kanada geriet der sensible Autor prompt in Streit. Eine Gruppe Fernseh-Journalisten, die ihn in Labelle (Quebec) filmen wollten, empfing er mit einem Schwall russischer Flüche, die von »prokljaty tschort« (verfluchter Teufel) bis in den Fäkalbereich eskalierten. Einem Reporter. der wie die meisten seiner Kollegen des Russischen nicht mächtig war, machte sich der Dichter schließlich auch ohne Worte verständlich: Er spuckte ihn aus dem fahrenden Auto zielsicher an.

Ludwig Kerscher, 57, Obstbaum-Importeur im oberpfälzischen Cham. der sich mit billigen Liebesschnulzen ("Hochwürden greift ein, wenn Frauen nein sagen") als Außenseiter im Filmverleihgeschäft etablierte, will mit Schmalfilmen, die angeblich in den Privatgemächern Hitlers auf dem Obersalzberg gedreht wurden, den »Mythos des Puritaners Hitler zerstören« und biographische Details aufhellen: »Es ist immer gesagt worden, Hitler hat nur einen Hoden -- das ist ein reines Märchen. Neben dem bloßen Hitler Kerscher: »An seiner Männlichkeit besteht kein Zweifel") soll auch dessen Geliebte Eva Braun bei einer koketten Entkleidungsszene zu sehen sein. Ein Aufführungstermin steht noch nicht fest, denn bislang vermag der Obstbaumhändler aus seiner NS-Klamotte lediglich eine zu Bruch gegangene Photoplatte vorzuweisen -- mit Mussolini und Hitler.

Dustin Hoffman, 37 (Photo o. l.), US-. Schauspieler, arbeitete gemeinsam mit seinem Filmkollegen Robert Redford, 37 (r.), monatelang als Reporter, um Reporter spielen zu können. Für das Drehbuch des Watergate-Films »All the President's Men«, zu dem auch die beiden Schauspieler beitrugen, informierten sie sich bei den »Washington Post«-Redakteuren Carl Bernstein, 31 (Photo u. r.). und Robert Woodward, 32 (l.), deren Recherchen und Veröffentlichungen über den Watergate-Skandal zum Sturz Nixons führten. Die Hartnäckigkeit, mit der die Reporter-Darsteller den Zeitungsleuten auf den Fersen blieben, beeindruckte Redakteur Woodward: »Redford hat Sachen aus mir rausgeholt. die ich längst vergessen hatte.« Die Dreharbeiten über Vergessenes und Bekanntes haben jetzt mit Hoffman (als Bernstein) und Redford (als Woodward) in den Hauptrollen begonnen.

Zur Ausgabe
Artikel 77 / 77
Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren
Mehrfachnutzung erkannt
Bitte beachten Sie: Die zeitgleiche Nutzung von SPIEGEL+-Inhalten ist auf ein Gerät beschränkt. Wir behalten uns vor, die Mehrfachnutzung zukünftig technisch zu unterbinden.
Sie möchten SPIEGEL+ auf mehreren Geräten zeitgleich nutzen? Zu unseren Angeboten