Hausmitteilung Hausmitteilung Sowjet-Wirtschaft
Hausmitteilung Betr.: Sowjet-Wirtschaft, Cighid-Hilfe
Das Büro des Wictor Lisonkow war nur über einen Hinterhof zugänglich, in dem Fäulnisgeruch aus offenen Müllcontainern schwebte; neben dem Schreibtisch des Chefs stand ein Blecheimer, zur Hälfte mit Wasser gefüllt, auf dem Zigarettenkippen schwammen - Ambiente eines Moskauer Privatunternehmers.
Die ungewöhnlichen Umstände, unter denen SPIEGEL-Redakteur Dietmar Hawranek diesen Hoffnungsträger der Perestroika traf, blieben nicht die einzige Überraschung, als er zehn Tage lang Eindrücke vom Zustand der sowjetischen Wirtschaft sammelte. In Gesprächen mit Arbeitern und Managern neuer Privatbetriebe, alter Staatskonzerne und deutsch-russischer Gemeinschaftsfirmen entdeckte er eine Ökonomie im Niemandsland zwischen Plan und Markt. Hawranek: »Diese Wirtschaft kann man nicht mehr verstehen - sie ist ein einziges großes Wunder« (Seite 98).
Zu den schrecklichsten Hinterlassenschaften des Ceausescu-Regimes gehörte das Elend der vernachlässigten, todgeweihten Kinder im ehemaligen Jagdschloß Cighid. Die Berichte, die SPIEGEL und SPIEGEL-TV, Stern, Frankfurter Rundschau und andere deutsche Zeitungen sowie Rundfunksender im vergangenen Frühjahr über die Zustände in jenem »Heim« veröffentlichten, haben viel Hilfsbereitschaft geweckt: Über 2,5 Millionen Mark Spenden kamen zusammen.