HEGEL-GESELLSCHAFT
Die von mir in der »Neuen Justiz«, Jahrgang 1952, Seite 535 ff. gebrachte Veröffentlichung unter dem Titel »Zum gegenwärtigen völkerrechtlichen Status Deutschlands« erfolgte zu einer Zeit, in der nicht der sowjetzonale Justizminister Hilde Benjamin, sondern Max Fechner (anläßlich der Ereignisse vom 17. Juni 1953 verhaftet und abgesetzt) Herausgeber dieser Zeitschrift war.
Die Redaktion dieser Zeitschrift hatte meinem Beitrag folgende Einleitung gegeben:
»Wir hatten... darauf hingewiesen, daß wir weitere Beiträge zu diesem Problem... veröffentlichen werden, ohne uns dadurch immer mit ihrem Inhalt identifizieren zu wollen. Unter diesem Vorbehalt geben wir heute einem westdeutschen Juristen das Wort. Wir betonen, daß wir der These des Verfassers, die Bundesrepublik sei die Fortsetzung der Weimarer Republik, nicht zustimmen.«
Das Zitat über meine Buchbesprechung Hermann Klenners lautet folgendermaßen: (vgl. Archiv für Rechts- und Sozialphilosophie 1954, Heft XLI/2, Seite 302/303):
»Bei der wechselseitigen Verschränkung von Theorie und Praxis zieht Klenner klar und sicher die Schlußfolgerungen für die gegenwärtig in beiden Teilen Deutschlands geltende Rechtsordnung. Daß die Lehre am Beispiel der beiden verschiedenen Staats- und Rechtsordnungen erhellt werden kann, beweist meines Erachtens die Richtigkeit und Sicherheit der marxistischen Staats- und Rechtstheorie.«
Die im obenbezeichneten Artikel ausgewählten und aus dem Zusammenhang gerissenen Zitate entstellen meine publizistische Tätigkeit auf vorwiegend philosophischem und rechtsphilosophischem Gebiet. Sie lassen außer Betracht, daß ich 1950 auf Anregung Erich Kaufmanns auf dem Deutschen Philosophie-Kongreß in Bremen das Korreferat zum Thema »Macht und Recht« hielt, Mitarbeiter zahlreicher juristischer und philosophischer westdeutscher Fachzeitschriften bin, und vor allem in den Verlagen C. F. Müller, Karlsruhe, Anton Hain, Meisenheim am Glan, und Schulte -Bulmke, Frankfurt (Main), von der wissenschaftlichen Welt allgemein beachtete Werke veröffentlicht habe.
Das Problem Hegel ist dermaßen vielschichtig, daß seine aktuelle Bedeutung für die Philosophie nur in einer philosophischen Zeitschrift und nicht ausschließlich mit dem Denkansatz Hegel=Marx erörtert werden kann.
München
DR. WILHELM BEYER
Diese Aufklärung tat not! Mit Interesse habe ich gelesen, wer sich zum Sachwalter Hegelschen Gedankengutes berufen fühlt. Sehr bezeichnend auch, daß es erst der SPIEGEL-Meldung bedurfte, um Herrn Bundestagspräsidenten Gerstenmaier zum Austritt aus diesem Verein zu bewegen. Zur näheren Charakterisierung des Vorsitzenden der Hegel-Gesellschaft, des Herrn Dr. Wilhelm R. Beyer, sei in die Erinnerung gerufen:
Unter der Überschrift »Zum gegenwärtigen völkerrechtlichen Status Deutschlands« ("Neue Justiz«, Jahrgang 1952, Seite 535) vertrat Dr. Beyer in diesem Ostblatt die bemerkenswerte Ansicht, daß die DDR eine »Neukonstituierung der Staatlichkeit durch das deutsche Volk« darstelle, was bei der Bundesrepublik nicht der Fall sei. Die Bundesrepublik knüpfe an den Weimarer Staat an. Und das bedeutet für Beyer:
»Das gesamte wirtschaftliche Leben (in Westdeutschland) und in Verbindung damit das kulturelle Leben stehen unter dem gleichen Zeichen (wie in der Weimarer Zeit): Rüstungsindustrie, Finanzkapital, geistige Ausrichtung auf einen von der Regierung gebildeten, aber nicht den Willen der Mehrheit darstellenden Kurs, Beeinflussung in diesem Sinne durch Subventionen und Kredite, Bekämpfung anderer Ansichten, Zeitungsverbote, militaristische Filme, zahllose Ermittlungsverfahren gegen Einzelpersonen, Anträge vor dem Bundesverfassungsgericht gegen Oppositionsparteien und anderes mehr. Die gleiche Basis weist eben den gleichen Überbau auf: Die Bundesrepublik Ist die Fortsetzung des Deutschen Reiches.«
Was dem 1. Vorsitzenden der westdeutschen Hegel-Gesellschaft letztlich vorschwebt, das ist die Übertragung der sowjetzonalen »Rechtsordnung« auf die Bundesrepublik. So schreibt er in der »Neuen Justiz":
»Das Herausstellen der gegenwärtigen Unterschiede der gesellschaftlichen und ökonomischen Struktur Ost- und Westdeutschlands, das Herausarbeiten der Gründe der verschiedenen Rechtsauffassungen in der Frage des Fortbestandes Deutschlands, ist gleichzeitig ein Baustein für die Bildung des neuen, das ganze Deutschland umfassenden Staates, der in seiner Struktur nicht die Züge des untergegangenen Deutschen Reiches, sondern die typischen Merkmale eines neuen, demokratischen, in seiner Natur antifaschistischen und den Weg zum Sozialismus beschreitenden Staates aufweisen muß.«
Dr. Beyer gab sich päpstlicher als der Papst. Er meldete die Machtansprüche des Ulbricht-Regimes schon zu einem Zeitpunkt an, als die SED aus taktischen Erwägungen heraus ihre wahren Absichten noch verborgen hielt. Darum heißt es in dem von der Redaktion der sowjetzonalen »Neuen Justiz« zum Beyer-Artikel verfaßten Vorspann:
»Die Forderung Beyers, daß ein neuer gesamtdeutscher Staat die Merkmale eines 'den weg zum Sozialismus beschreitenden Staates aufweisen muß', begrüßen wir als die persönliche Stellungnahme eines westdeutschen Juristen. Wir weisen aber ausdrücklich darauf hin, daß die Vorschläge der Deutschen Demokratischen Republik zur Herbeiführung der Einheit Deutschlands keine Bedingungen hinsichtlich der zukünftigen gesellschaftlichen Ordnung des einheitlichen Deutschlands enthalten..«
Heute hat die SED längst ihre Zurückhaltung aufgegeben und die Bedingungen unverhohlen genannt. Die sowjetzonalen »Errungenschaften« sollen auf Westdeutschland ausgedehnt werden - eine Politik, für die sich Wilhelm Beyer 1952 schon zum Sprachrohr machen durfte.
Nichts gegen eine Deutsche Hegel-Gesellschaft. Aber andere Männer in ihren Vorstand!
Berlin-Neukölln
A. KIRCHNER
Ich bin der Stief-Ururenkel Niethammers, des besten und vertrautesten Freundes Hegels. Hegel hat sowohl das Niethammersche wie auch das Döderleinsche Haus in Jena, München und Erlangen häufig besucht und in seinen Briefen genannt.
Ich verwalte den großen Brief-Nachlaß Niethammers, zu welchem zahlreiche, bisher noch nicht veröffentlichte und von der Wissenschaft noch nicht ausgewertete Briefe der bedeutendsten deutschen Dichter, Philosophen und Gelehrten aus der Zeit der deutschen Klassik und des deutschen Idealismus gehören. Mein Interesse an der Deutschen Hegel-Gesellschaft und an der Hegel-Forschung ist daher nicht nur ein wissenschaftliches, sondern auch ein persönlich-familiäres.
München
JOHANN LUDWIG DÖDERLEIN