HEINRICH JAGUSCH - »EIN OPFERGANG«
Im Meinungsstreit über den »Judex«-Artikel des Senatspräsidenten am Bundesgerichtshof Dr. Heinrich Jagusch sind sich die Kommentatoren, bei im übrigen weit gefächerter Verschiedenheit der Ansichten, einig in dem einen Punkt: daß Jagusch sich auf erstes Befragen seines Vorgesetzten als Autor des SPIEGEL-Artikels »Droht ein neuer Ossietzky -Fall?« hätte bekennen sollen. Diese Ansicht wird auch in nahezu all denjenigen Kommentaren vertreten, aus denen nachstehend Argumente zum sachlichen Inhalt des Jagusch-Artikels zitiert werden. Präsident Jagusch hat als Grund seines anfänglichen Dementis angegeben, daß Belange des Redaktionsgeheimnisses zu erwägen waren, über die er sich erst zwei Tage nach der ersten Befragung durch den Chefpräsidenten habe Gewißheit verschaffen können. In der Tat ergab sich für Jagusch erst am Sonnabend, dem 7. November 1964, Gelegenheit, sich bei einem gesetzlichen Vertreter des SPIEGEL-Verlags zu verlässigen, daß auch der SPIEGEL-Verlag angesichts der eingetretenen Lage den Senatspräsidenten nicht länger verpflichten werde, das gemeinsame Reduktionsgeheimnis zu wahren.
Professor Dr. Jürgen Baumann, Ordinarius für Strafrecht an der Universität Tübingen, im Süddeutschen Rundfunk
Ich möchte eigentlich fast sagen, daß Jagusch hier einen Opfergang getan hat, wenn Sie dieses Verbum mir erlauben. Hätte Jagusch, was er ja schon früher getan hat, einen neuen Artikel in einer juristischen Fachzeitschrift veröffentlicht, so wäre gewiß nichts geschehen. Es hat ja viele derartige Artikel gegeben... Alle diese Artikel haben es doch nicht vermocht, die öffentliche Meinung und auch das Interesse des Parlaments auf unsere Hoch- und Landesverratsvorschriften in ausreichendem Maß zu lenken. Ich halte es also im Ergebnis für recht begrüßenswert, daß endlich einmal diese Diskussion in breite Bevölkerungskreise getragen wird und daß endlich einmal auch vielleicht das Parlament den Mut findet, unsere Hochverrats- und Landesverratsvorschriften, die ja durch das Erste Strafrechtsänderungsgesetz 1951 sehr überstürzt in unser StGB wieder hineingestellt wurden, einmal neu zu untersuchen. Diese Vorschriften bauen ja im wesentlichen auf dem nationalsozialistischen Staatsschutzstrafrecht auf.
Schwäbische Zeitung
In einem Staat, in dem der Bundeskanzler sich für das Kaffeekränzchen eines Massenblattes einspannen läßt, in dem Parteivorsitzende als Kolumnenschreiber auftreten, in dem der Wehrbeauftragte seine Sorgen in einer Illustrierten ausbreitet und verantwortliche Politiker ein und derselben Partei sich in Interviews herabsetzen, ist es auch nicht mehr verwunderlich, wenn ein hoher, angesehener Richter den gleichen Weg einschlägt, um seine Zweifel an dem Landesverratsparagraphen des Strafgesetzes loszuwerden.
Hannoversche Presse
Statt des »Abgrundes an Landesverrat«, von dem der frühere Bundeskanzler Adenauer einst vorschnell sprach, wird durch den Fall Jagusch nun eher ein Abgrund an Unsicherheit in einem weiten Bereich politischer Rechtsprechung sichtbar. Es mag das Verdienst Jaguschs sein, deutlicher als je zuvor - wenngleich unter ungünstigen Begleitumständen - darauf hingewiesen zu haben. Es muß nun Aufgabe von Regierung und Parlament sein, diesen Abgrund zuzuschütten und im Interesse der Rechtssicherheit und des Ansehens der Bundesrepublik Paragraphen und Personen unter die Lupe zu nehmen.
Stuttgarter Nachrichten
Zu dem Eingeständnis von Jagusch, daß er doch der Verfasser des SPIEGELArtikels sei, äußerte sich Bundesjustizminister Bucher ... wie folgt: Er sei betroffen gewesen, als Senatspräsident Jagusch die Autorschaft in Abrede stellte, denn er, Bucher, habe bereits damals Hinweise erhalten, daß. Jagusch und »Judex« identisch seien. Man müsse nun prüfen, sagte Bucher; ob ein Disziplinarverfahren gegen Jakusch eingeleitet werden solle. Zwar könne man Jagusch aus der Veröffentlichung dieses Artikels rechtlich wohl kaum einen Vorwurf machen, wenn sich auch seine Stellungnahme im SPIEGEL insofern etwas merkwürdig ausnehme, als ja Jagusch im einleitenden Stadium des SPIEGELVerfahrens an diesem mitbeteiligt gewesen sei ...
Rhein-Neckar-Zeitung
Die innere Bindung an den 3. Senat hat (Jagusch) offenbar daran gehindert, mit seinen Bedenken gegen die Landesverratsvorschriften und gegen das SPIEGEL-Verfahren freimütig unter seinem Namen hervorzutreten... Eine säuberliche Trennung zwischen dem gemeinen Landesverrat aus niedrigen Motiven oder Habgier und den ehrenhaften politischen oder demokratischen publizistischen Motiven bei der öffentlichen Erörterung von geheimen Vorgängen des Staatslebens oder der Verteidigung (sollte) gefunden werden.
Frankfurter Allgemeine Zeitung
Mit Sicherheit wird man Jagusch vorhalten, er hätte als Bundesrichter Im ersten Stadium des Verfahrens gegen die SPIEGEL-Redakteure und als heutiges Mitglied des Bundesgerichtshofes sich nicht, zumindest nicht so auf ein bestimmtes Prozeßergebnis zielend, zu den Rechtsgrundlagen eben dieses Verfahrens äußern dürfen. Aber das ist zumindest zweifelhaft. Versteht man die Pflicht des Richters zur Zurückhaltung vor der Öffentlichkeit als Mittel zum Schutz seiner inneren Unabhängigkeit in dem Prozeß, den er zu führen und zu entscheiden hat, dann war das Publizieren keine Pflichtwidrigkeit. Denn Jagusch gehört dem 3. Strafsenat schon lange nicht mehr an. Er wird im SPIEGEL-Prozeß nicht mehr Richter sein. Allerdings gibt es Stimmen, die jener Pflicht weitere Grenzen ziehen.
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Der Jurist Jagusch sieht Parallelen zum Fall Ossietzky, der Politiker denkt unweigerlich an den Fall Dreyfus. Wird auch der SPIEGEL-Fall zur Markscheide des Gewissens für eine ganze Nation werden?. Die Chance, der Zola dieses Falles zu werden, hat Jagusch freilich verpaßt. Was er über die Reformbedürftigkeit unserer Landesverratsgesetze sagt, haben andere schon vor ihm geäußert. Ihr besonderes Gewicht erhielten diese Bemerkungen durch die Autorität seines Namens und seiner Stellung. Wir meinen, daß auch ein so hoher Richter das Recht hat, öffentlich Stellung zu nehmen. Oder will uns Jagusch lehren, daß schon wieder einmal mit der Position der Bekennermut und mit dem Amt die Wahrheitsliebe nicht mehr zu vereinbaren sind?
Stuttgarter Zeitung
Es mag . . . stimmen, daß sich Jagusch, wie gesagt wurde, vom Saulus zum Paulus gewandelt habe. Wenn das der Fall ist, bleibt zweifellos eine gerade von der Presse im Interesse der Meinungsfreiheit äußerst anerkennenswerte Sinneswandlung eines Juristen zu verzeichnen.
Frankfurter Allgemeine Zeitung
Jagusch hat . . . um seine vorzeitige Versetzung in den Ruhestand gebeten. Eine solche Versetzung ist nach dem Deutschen Richtergesetz möglich, und man kann sich nicht recht vorstellen, daß sie dem Senatspräsidenten verweigert würde. Damit hätte denn der Fall Jagusch sein Ende gefunden ein Ende, das niemanden freuen kann. Der Justiz der Bundesrepublik wäre einer ihrer besten Richter verlorengegangen. Sie würde den Verlust lange spüren. Wie wenig andere hat Jagusch die Vorzüge des gerechten, erfahrenen, im guten Sinne praktischen Richters mit denen des wissenschaftlichen Autors von hohem Rang zu verbinden gewußt. Als Präsident des Dritten Strafsenates war er manchem Angriff ausgesetzt, oft von Leuten, die sich mit ihrer Kritik besser ans Parlament gewandt hätten als an die Justiz, die im demokratischen Rechtsstaat ans Gesetz gebunden ist. Diese Bindung hat Jagusch immer ernst genommen. Aber in dem Raum, der richterlicher Interpretation verbleibt, bewegte er sich ohne unangebrachte Ängstlichkeit. Der Dienst, den er damit dem Recht leistete, war unabhängig vom Ort der Arbeit . . . Man hätte Senatspräsident Heinrich Jagusch gern noch lange am Bundesgerichtshof gesehen. Nun aber will er selbst nicht mehr. Dabei ist der Rückzug in den Ruhestand keineswegs die einzige diskutable Konsequenz seiner Fehler; auch weniger könnte genug sein.
Die Zeit
Er hat versucht, der Freiheit des Staatsbürgers eine Gasse zu bahnen. Dasselbe läßt sich von einem anderen prominenten Juristen nicht behaupten. Der frühere Generalbundesanwalt und jetzige CDU-Bundestagsabgeordnete Max Güde schlug vor, den SPIEGEL-Prozeß, sollte er notwendig werden, erst nach den Bundestagswahlen stattfinden zu lassen ... Der SPIEGEL-Fall ist sicherlich ein Politikum. Um so schädlicher ist es, ihn im Zwielicht der Vermutungen und Verdächtigungen zu lassen. Dies scheint Güde freilich nicht zu stören; Jagusch
dagegen hat immerhin den Versuch gemacht, Klarheit zu schaffen.
Klaus Bölling im Deutschen Fernsehen
Ich glaube, man sollte . . . nicht leichtfertig den Stab über diesen Mann brechen. In einem Brief an seinen Chefpräsidenten Heusinger hat Jagusch gesagt, er habe die Artikel - ich zitiere wörtlich - »in einem inneren Konflikt und in tiefer Sorge um das öffentliche Wohl geschrieben«. Und das, meine ich, muß ihm geglaubt werden ... Ganz sicherlich ist dieser hohe Jurist kein wehleidiger Liberaler oder gar ein »linker Intellektueller«. Es ist ein Mann, der in schwieriger Situation - so glaube ich - die innere Balance verloren hat ... Die Frage ist, was war sein Motiv für die Lüge? War es Staatsräson oder vielleicht wirklich nur eine ungenaue Vorstellung von dem, was er dem Redaktionsgeheimnis schuldete?
Frankfurter Rundschau
Das Verhalten des Senatspräsidenten beim Bundesgerichtshof (ist) nur das Schlußglied einer Kette ähnlicher Vorfälle, die alle beweisen, daß kleine und große Amtsträger in unserem demokratischen Staat in einer Atmosphäre der Gewissensnot wirken. Nicht nur Exekutive und Legislative, auch die - formal - unabhängige Justiz arbeitet in diesem bedrückenden Klima. Gewissensnot trieb den Verfassungsschützer Paetsch dazu, sich der »Zeit« zu offenbaren. Er riskierte seinen Posten und ein Verfahren wegen Landesverrats. Gewissensnot trieb Admiral Heye zur Flucht in die Öffentlichkeit. Er riskierte eine Hexenjagd gegen sich, der er gesundheitlich nicht gewachsen war, und damit sein Amt. Gewissensnot, so wagen wir zu behaupten, hat auch den Senatspräsidenten Jagusch dazu getrieben, zu später Stunde an der Alarmglocke zu reißen. Er machte dabei Fehler, die ihn sein Amt kosten mußten... Es wäre aber ein Fehler, über den »Fall Jagusch« die Sache zu vergessen, um die es eigentlich geht. Wenn ein tadelsfreier Jurist von hohem Format sich so vergessen konnte, zeigt das nur, daß hier in diesem Mann das Gewissen aufschrie, jahrelang aufgestaute Gewissensnot mit einem Male zum Ausbruch kam. Dieser Mann ist nicht irgendwer. Er war viele Jahre lang der höchste Richter für politische Strafsachen in der Bundesrepublik Deutschland. Mit ihm wird das ganze System unserer politischen Justiz fragwürdig. Das, was Jagusch im SPIEGEL zu sagen hat, ist nämlich gut durchdacht und überzeugend formuliert. Das gesamte politische Strafrecht in der Bundesrepublik steht, am Geiste unseres Grundgesetzes gemessen, auf tönernen Füßen. Es ist ein Fremdkörper in einem Rechtsstaatssystem. Die Paragraphen, im Eifer des Kalten Krieges vorschnell formuliert und denen des alten Obrigkeitsstaates nicht unähnlich, sind ein Schandfleck für den demokratischen Rechtsstaat. Die im Gerichtsverfassungsgesetz festgelegte Alleinzuständigkeit des Bundesgerichtshofes in erster und letzter Instanz bedeutet praktisch eine verfassungswidrige Sondergerichtsbarkeit für politische Vergehen... Bei dieser Sachlage ist es kein Wunder, daß Staat und Justiz sich übernommen haben, als sie in Gestalt der SPIEGELAktion den Griff auf die Öffentlichkeit wagten ... Staat und Justiz werden den Bissen, den sie mit dem SPIEGEL -Verfahren geschnappt haben, nicht herunterschlucken können ... Die Zeit für die großen Reformen unserer demokratischen Institutionen ist überreif. Wo bleiben die Reformer?
Stuttgarter Zeitung.
Wie dem auch sei, wieder einmal wurde offenbar, wie sich an allem, was durch die SPIEGEL-Affäre aufgewühlt wurde, die Geister in diesem Lande scheiden. Und das nun nicht mehr nur in der Politik, sondern auch in der Justiz. Was Jagusch unterlaufen ist, hätte niemals geschehen können, wenn das dunkle Kapitel journalistischer Landesverrat nicht sowohl mit unserer Vergangenheit als auch mit unserem demokratischen Selbstverständnis eng verknüpft wäre. Die Flucht in die Öffentlichkeit, ob nun aus der Politik oder Justiz, bezeugt doch nur, daß die entscheidenden Fragen hinter den Türen nicht zu klären sind. Nicht richtig in der Form, aber in der Sache schonungslos, hat Jagusch aufgedeckt; daß die 1951 in verantwortungsloser Eile und Flüchtigkeit verabschiedeten Landesverratsparagraphen lückenhaft, ja gefährlich für unsere innere Ordnung sind. Viele vor ihm haben vergeblich eine Überprüfung verlangt. Diesen Kern dieser ganzen Angelegenheit sollte man also trotz allen bedauerlichen Begleitumständen nicht übersehen.
Süddeutsche Zeitung
Schon um die Jahrhundertwende hat der berühmte deutsche Strafrechtslehrer Beling geäußert, Strafverfahren, bei denen im Hintergrund die Politik stehe, seien wenig geeignet, der Gerechtigkeit zu dienen, führten aber stets dazu, das Ansehen der Justiz zu schmälern. Der SPIEGEL-Prozeß bestätigt diese Behauptung. Er wirkt wie Dynamit. Der Verteidigungsminister mußte gehen, der Gerichtsvorsitzende der ersten Verfahrensphase ist in eine ziemlich heillose Situation geraten ... Ein Blitz (hat) die Landschaft grell erleuchtet: Es erwies sich, daß niemand anderer als der Vorsitzende des politischen Strafsenats in den ersten Monaten des SPIEGEL-Verfahrens, Heinrich Jagusch, es war, der in einem geradezu beschwörenden Artikel im SPIEGEL »Droht ein neuer Ossietzky-Fall?« 'die mangelnde Rechtsgrundlage des SPIEGEL-Verfahrens darstellte und dabei Gesetzgeber und Bundesverfassungsgericht, für den Notfall aber auch die Richter des Bundesgerichtshofes selbst, aufforderte, ein »Justizdebakel« größten Ausmaßes zu verhindern. Wir lüfteten das Pseudonym »Judex«. Bedauerlich, daß Jagusch nicht alsbald zu seiner Gewissensentscheidung, die wir nicht in Frage stellen möchten, stand ... Inzwischen hat sich Jagusch jedoch eines Besseren besonnen und damit sich, der Sache, der Justiz und der Allgemeinheit mit seinem Warnruf - wir möchten sagen: trotz allem - einen bedeutenden Dienst erwiesen ... Wo immer die Politik im Hintergrund ist ... leidet, um mit Beling zu sprechen, die Gerechtigkeit. Eines der unzähligen Opfer dieser allzuoft vergessenen Wahrheit heißt - Heinrich Jagusch.
Christ und Welt
Zu Beginn dieses (SPIEGEL-) Verfahrens, nachdem er bereits an einigen Entscheidungen gegen die Beschuldigten mitgewirkt hatte, wechselte er vom politischen zum Verkehrssenat über. Wenig später veröffentlichte er eine höchst bemerkenswerte Untersuchung zum Thema »Pressefreiheit, Redaktionsgeheimnis, Bekanntmachen von Staatsgeheimnissen« in der »Neuen Juristischen Wochenschrift«. Damals begann seine Wandlung, wenn er auch noch der Meinung war, der SPIEGEL -Fall sei keinesfalls eine Parallele zum Fall Ossietzky. Diese Parallele zog er jetzt in einem unter Pseudonym erschienenen Artikel ...
Badische Neueste Nachrichten
Aus vielen Gesprächen mit Jagusch, der für die Presse immer bereitwillig zur Verfügung stand, wissen die Karlsruher Journalisten, daß der Senatspräsident aus seiner Meinungsäußerung und aus der Besorgnis für das, was hier an die Justiz herangetragen worden ist, kein Hehl machte. Es ist das gute Recht eines jeden, auch eines hohen Richters, in einer Sache seine Meinung zu ändern. Ja, es wäre sogar schlimm und erst recht ein Zeichen menschlicher Unzulänglichkeit, wenn dem nicht so wäre.
Hannoversche Allgemeine Zeitung
Die SPIEGEL-Affäre frißt langsam ihre Kinder ... Doppelgesichtigkeit . . . ist hierzulande nicht eben eine Rarität. Wenn sie in der Justiz auftritt, muß sie wohl auch als Ausdruck dafür gelten, daß es dem Richter noch am rechten neuen Selbstverständnis in einer Zeit mangelt, die in so vielem nach neuen Formen sucht und sich des Überlieferten nicht mehr gewiß ist... Viele werden sich finden, den Jagusch mit dem Judex zu richten. Aber sie sollten sich dabei die Frage nicht ersparen, ob nicht auch in ihnen ein Judex ist, der aus seiner Person fliehen will; denn der Judex in dem Jagusch ist kein Einzelfall.
Abendzeitung
... hat der Fall Jagusch etwas mit der SPIEGEL-Affäre zu tun. Es ist einfach unmöglich, hier nicht Schiller zu zitieren: »Das eben ist der Fluch der bösen Tat, daß sie fortzeugend immer Böses muß gebären.« Die böse Tat war das Vorgehen von Bundesministern »etwas außerhalb der Legalität« und vor allem der plumpe Versuch, den Bundestag hinters Licht zu führen. Der damalige Verteidigungsminister Strauß hat als erster an führender Stelle den Versuch unternommen, sein Abweichen vom Pfad der Tugend mit kleinen Schwindeleien zu vertuschen ... Freilich gibt es einen Unterschied. Der Bundesrichter Jagusch hat, sobald sein Fehltritt und sein Versagen offenkundig wurden, die unvermeidlichen Konsequenzen gezogen und um seine Pensionierung gebeten. Hierin zeigt er sich Strauß überlegen, der noch heute nicht begriffen hat, daß er sich für ein Regierungsamt in Bonn disqualifiziert hat.
Neue Rhein-Zeitung
Nach dem Fall SPIEGEL und dem Fall Jagusch muß jetzt die Akte des Falles »§ 100 des Strafgesetzbuches über vorsätzlichen Landesverrat« eröffnet werden.