GEMEINDEN / COBURG Helle Haut
Nach Hitlers Machtübernahme ersetzten die Coburger den Mohren in ihrem 500 Jahre alten Stadtwappen durch Schwert und Hakenkreuz. Und die »Mohrenstraße« der fränkischen NS-Hochburg (NSDAP-Stimmanteil bei den Reichstagswahlen im Juli 1932: 58,6 Prozent) wurde in »Straße der SA« umbenannt.
Jetzt darf der Mohr in Coburg wieder gezeigt werden. Doch weil der Schwarze im Wappen nach Meinung des Coburger Amtsblatts »nicht irgendein Neger« ist, soll das nicht jedermann tun dürfen -- und vor allem nicht umsonst.
Schon 16 Jahre hatte der Coburger Möbelhändler Rudolf Jacob, 47, einen wulstlippigen, kraushaarigen Mohren in schwarzem Kreis als Firmenschild geführt, als die Stadt letzten Herbst anfragte, ob er eine »Erlaubnis zur Führung des Stadtwappens« besitze.
Die hatte »Mohren-Möbel« -Inhaber und Afrika-Liebhaber Jacob ("unser gesamtes Naturrohr stammt aus den Tropen") nicht. Nun schrieb Coburgs Oberbürgermeister Dr. Walter Langer (FDP) selbst und schlug vor, Jacob solle einen »Antrag auf Genehmigung des Firmenzeichens« einreichen sowie »ein angemessenes Entgelt« zahlen.
Jacob lehnte ab. Sein Firmen-Mohr sei ebensowenig genehmigungspflichtig wie die als Firmenzeichen gebräuchlichen Wappentiere Löwe, Einhorn, Adler oder Bär. Außerdem, teilte der Gewerbetreibende seinem OB mit, »ist mein Mohr ausgesprochen niederer Abkunft, während der Coburger Mohr doch ... ein heilhäutiger Maure ist«.
Damit nahm Jacob die Coburger Stadtoberen beim Wort, die seit Jahren immer wieder unterstrichen hatten, ihr Mohr sei eigentlich gar keiner. So vermerkt ein Prospekt des Fremdenverkehrsamtes, Vorbild des Wappen-Schwarzen sei der heilige Mauritius -- ein »aus Oberägypten« stammender römischer Legionsführer und christlicher Märtyrer, Schutzpatron der Coburger Hauptkirche.
Und im städtischen Amtsblatt heißt es: »Die fratzenhafte Karikatur eines Negers aus Zentral-Afrika, wie er in den Jahren vor 1933 leider so oft dargestellt wurde, war unser Coburger Mohr jedenfalls nicht.« Als Führer einer Legion habe er »zum wenigsten im Range eines Generals oder eines Feldmarschalls« gestanden. Statt des flachstirnigen Schwarzen, den städtische Dienstsiegel aus dein jahr 1952 zeigen, werden denn auch heute in Coburg zumeist Dienstsiegel mit einem Wappenkopf gezeigt, dessen Profil nahezu arisch ist.
Ob niederer Mohr oder hellhäutiger Maure: Weil sein Firmenschild einen »auf das Stadtwappen ... hindeutenden Kopf eines Mohren« zeige, verklagte die Stadt Coburg den Möbelhändler auf Unterlassung.
Doch in erster Instanz verloren die Wappen-Wahrer -- denn »der den Mohrenkopf des Beklagten (Jacob) umgebende Kreis kann nicht als ein Wappenschild angesehen werden«; der Mohrenkopf selbst sei »nicht verwechslungsfähig«.
Oberbürgermeister Langer überlegt jetzt, ob die Stadt in die Berufung gehen soll: »Es wäre sehr schlimm für uns, wenn der Mohr frei würde.« Denn dann könnte -- so fürchtet Langer -- »hier das Stadtwappen von jeder Destille ... geführt werden«.
* Links: Stadtwappen im heute gebräuchlichen Coburger Dienstsiegel; Mitte: Wappen im Dienstsiegel aus dem Jahre 1952.