PERSONALIEN Helmut Schmidt, Paul Lücke, Karl Schiller, Michael Fülgraff, Philip, Herzog von Edinburgh und Ehemann der britischen Königin, Arthur Joseph Baron Champion of Pontypridd, Hubert Horatio Humphrey
Helmut Schmidt, 48, Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion, fuhr am letzten Mittwoch in die Recklinghausener Zeche »General Blumenthal« ein und konferierte danach in Düsseldorf mit dem nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Heinz Kühn über die Kohlen-Krise. Anschließend gab Schmidt eine Pressekonferenz, auf der ein Journalist andeutete, daß Schmidts Zechen-Tour wohl nur der Publicity diene. Darauf der Sozialdemokrat: »Glauben Sie ja nicht, ich wollte hier eine Schau machen, die kann ich in Bonn besser haben -- da gehe ich schnell zum Fernsehen.« Ernst Wolf Mommsen, 56, Vorstandsvorsitzender des Thyssenrohr-Konzerns in Düsseldorf, erteilte am Montag letzter Woche nach zweistündiger Aussprache mit Journalisten »zum Schluß Herrn Langsam« das Wort. Der Aufgeforderte meldete sich nicht. Ein hinter Mommsen sitzender Mitarbeiter hatte seinem Chef einen Zettel mit der Aufschrift »Langsam Schluß« zugeschoben, um die Konferenz zu beenden.
Paul Lücke, 52, Bundesinnenminister (CDU), während einer vom Berliner »Rias« in der Sendereihe »Prominente zu Gast« veranstalteten Diskussion mit Schülerinnen und Schülern der Malwida-von-Meysenbug-Schule zum Thema Mehrheitswahlrecht: »Frankreich, Spanien, Italien, Bundesrepublik Deutschland, diese großen Demokratien, wenn ich einmal große Demokratien und kleine Demokratien wie Schweden, Schweiz, die überschaubar sind, Dänemark, einmal als Gegensatz nenne: Es gibt keinen Staat, und darüber denken Sie einmal nach, es gibt keine Demokratie, die mit dem Verhältniswahlrecht längere Zeit ausgekommen ist. In Italien ist das Ergebnis der Duce, der Faschismus. In Deutschland Hitler. Spanien hat das Glück gehabt, in einem Mann wie Franco einen Mann zu finden, der dieses unter ganz anderen Verhältnissen lebende Land, auch ganz anders gelagerte Land, einer ruhigen, schrittweisen demokratischen Entwicklung zuzuführen. Frankreich hat de Gaulle gefunden, der aber sofort in der 5. Republik das Wahlrecht in Ordnung brachte, das absolute Mehrheitswahlrecht einführte. Wenn das so richtig ist, das kann keiner widerlegen, das ist in der deutschen und europäischen Geschichte da, daß also das Verhältniswahlrecht jede Betonung, daß das Verhältniswahlrecht am besten geeignet sei, den Wählerwillen im Parlament am besten zu demonstrieren, wer dieser Irrlehre, denn das ist eine Irrlehre, es gibt in reiner Form nicht die Repräsentation des Wählerwillens über Abgeordnete, sondern die Demokratie lebt davon, daß klare Mehrheiten eine klare Regierungsmehrheit tragen und die anderen in die Opposition gehen ...« Kai-Uwe von Hassel, 53, Bundesvertriebenenminister und CDU-Präside, bestritt auf einer Wahlversammlung im schleswig-holsteinischen Brunsbüttelkoog, daß der NPD nur alte Nazis beigetreten seien, und informierte seine Zuhörer anschließend über die soziologische Struktur dieser Partei: Landwirte, denen das Messer am Halse stünde, Angehörige des Kleingewerbes, das bei der jetzigen Lage keine große Zukunft mehr sehe, und viele junge Menschen, die die Ansicht vertreten, es müsse endlich wieder einmal Ordnung herrschen, und die sich angeekelt fühlten von einigen Sendungen im Fernsehen.
Karl Schiller, 55, Bundeswirtschaftsminister (SPD), vergrämte durch seinen langen Arbeitstag die von seinen Amtsvorgängern Schmücker und Erhard verwöhnten Beamten des Ministeriums. Einzige Verschnaufpause für die Bürokratie: die viertelstündige Mittagsruhe des Ministers und seines Chefberaters Klaus Dieter Arndt. Schiller liegt nach dem Essen »relaxed« in seinem Ministersessel, Arndt schläft gekrümmt auf dem blaubezogenen Rundsofa seines Dienstzimmers.
Michael Fülgraff, 33, Mitglied des Freiburger Stadtparlaments und des badenwürttembergischen SPD -- Landesvorstands, berichtete in einem Leserbrief. an die »Badische Zeitung«, daß er während der »öden und inhaltsleeren« Gemeinderats-Debatte über den Freiburger Etat für 1967 Tischtennis spielte, weil er die öffentliche Beratung über den bereits zwei Wochen zuvor (nach internen Diskussionen der Parteien) gedruckten Haushaltsplan als »unwürdige Schau«, »Theater« und »leeres Stroh« empfinde. Fülgraff in seinem Eingesandt: »Redner aller Fraktionen, von denen sich kaum einer an die Redezeit hält, kauen den Inhalt einzelner Haushaltstitel wieder, erklären, wofür wieviel und wieviel Prozent ausgegeben wird, daß es schöner wäre, es wäre weniger, daß aber leider alles teurer wird, daß wir mehr einnehmen sollten, daß dieses besonders wichtig sei, aber das andere natürlich auch. Dazwischen wird immer wieder ausgiebig den Beamten, Angestellten und Arbeitern der Stadt gedankt, als ob es etwas Besonderes sei, daß diese ihre Pflicht tun.«
Philip, 45, Herzog von Edinburgh und Ehemann der britischen Königin, schrieb vorletzte Woche aus Australien einen Brief an das Londoner Photomodell Lesley »Twiggy« Hornby, 17, die dem Herzog zwei Telegramme nachgeschickt hatte, in denen sie monierte, daß ihr die britischen Behörden keinen Paß für eine berufliche Reise in die USA ausgestellt hatten. Philip antwortete: »Liebe Twiggy! Ich würde Ihnen vorschlagen, sich an den »Daily Mirror« (größte britische Tageszeitung) zu wenden, der sich in dieser Art von Problemen sehr gut auskennt ...«
Arthur Joseph Baron Champion of Pontypridd, 69, stellvertretender Präsident des britischen Oberhauses, geriet während einer Sitzung des House of Lords mit Charles Percy Baron Snow in einen Streit über die Bahnverbindung zwischen London und der Shakespeare-Stadt Stratford-on-Avon. Lord Snow rügte, die Zahl der Züge sei für den Touristenbedarf unzureichend; Lord Champion hielt eine Ausweitung des Verkehrs aus wirtschaftlichen Gründen für ungerechtfertigt, weil nicht alle Züge ausreichend besetzt seien. Darauf Lord Snow: »Haben Sie jemals mit amerikanischen Touristen über diese Bahnverbindung gesprochen?« Antwort: »Nein. Ich verkehre nicht in Kreisen, die von amerikanischen Touristen frequentiert werden.«
Hubert Horatio Humphrey, 55, amerikanischer Vizepräsident, nahm sich am Geburtstag seiner Enkelin Jill Solomonson, 5 (r.), nachmittags frei und besuchte mit ihr und deren Schwester Vicky, 6, eine Zirkus-Kindervorstellung in Minneapolis. Hubert Humphrey, der nach Washingtoner Bonmot seinen Dienstherrn Lyndon B. Johnson nie bei Beerdigungen vertreten kann, weil er immerzu lacht, genoß -- im Gegensatz zu seinen Enkelinnen -- den Auftritt der Clowns.