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PERSONALIEN Helmut Zilk, Wilhelm G. Cassel, Josef Ertl, Andreas von Schoeler, Otto SchaDe, Frank Rizzo

aus DER SPIEGEL 34/1973

Helmut Zilk, 46, Direktor des österreichischen Fernsehens, fiel auf die »feine und noble Art« des spanischen Edelmannes Don Jaime de Mora y Aragón herein. Der exzentrische Bruder der belgischen Königin Fabiola, von Zilk als TV-Star entdeckt, traf den Fernseh-Chef zufällig im Wiener Hotel Sachei und lud ihn an die Bar ein. Kaum hatte sich der Adlige nach kurzer Konversation »feierlich« (Zilk) verabschiedet, kam der Portier und drückte Zilk eine Rechnung in die Hand -- »nicht nur für die Drinks, sondern auch für Don Jaimes Logis« (Zilk). »Zähneknirschend« beglich der Direktor die Rechnung des Grafen ("Ich nenne das nicht Schulden, ich nenne das Kredit"), die er gleich an dessen Manager weiterschickte.

Wilhelm G. Cassel, 45, Krefelder Kunstmaler, demonstrierte mit Gartenzwergen gegen »Hühnerstall-Machtpolitik« im Parlament. Auf belebten Plätzen in Düsseldorf, Köln, Essen und Dortmund breitete der Aktions-Künstler ein schwarzrotgoldenes Fahnentuch aus, auf dem er 40 weiße Gips-Figuren gegeneinander marschieren ließ ("Zwei Parteien, aber alle nach der gleichen Schablone"). Den Sinn des Happenings erläuterte Cassel auf einem Flugblatt: »Lumpereien« wie die angeblichen Abgeordneten-Bestechungen dürften nicht »schmunzelnd als parteipolitische Schachzüge akzeptiert« werden. Die Bevölkerung, fand der Künstler, »stand hinter diesen Aktionen« -- nicht jedoch die Dortmunder Polizei: Weil Cassel seine »Bewußtmachung« nicht als Demonstration angemeldet hatte, bereitete sie dem Zwergen-Gefecht, bei dem »sich einige der Kitsch-Symbole gegenseitig zerstörten«, ein schnelles Ende.

Josef Ertl, 48, Landwirtschaftsminister, erlebt in seinem Urlaub »eine noch gesunde Welt«. Zum 13. Mal verbringt der schwergewichtige Bayer die Sommerferien unweit seines Heimatorts Bad Wiessee in einer Holzhackerhütte oberhalb des Schliersees. Den »einfachen Lebensbedingungen« auf der Alm -- »Wasser vor der Hütte, blanker Holzboden« einfacher Holztisch« -- ist auch der Speiseplan angepaßt: Der Minister bevorzugt als Getränk frische Milch, und »nur abends gibt es manchmal Bier, wenn er mit den Holzfällern Schafskopf spielt« (so ein Ertl-Mitarbeiter). Mit seinem Ministerium hält Ertl derweil nur lose Kontakt: »Einmal am Tag geht er in den Ort hinunter und ruft von einer Zelle aus an -- so lange, bis ihm das Kleingeld ausgeht.« Andreas von Schoeler, 25, Bundestags-Benjamin, bekam in Amerika Schwierigkeiten mit den Jugendschutz-Bestimmungen. Der FDP-Nachwuchspolitiker wollte in Chicago zusammen mit seiner Freundin eine Flasche Wein kaufen; da die Abgabe von alkoholischen Getränken an Minderjährige in den USA verboten ist und Schoeler, der »in Jeans und Polohemd direkt vom Strand kam«, »in diesem Aufzug wohl noch jünger aussah«, fragte der Verkäufer mißtrauisch nach dem Alter des Kunden. Nach einigen »Schrecksekunden« klärte die Begleiterin den Kaufmann über Schoelers Parlamentarier-Status auf. Staunte der Amerikaner: »Die Deutschen wählen also doch nicht nur Alte wie Adenauer.«

Otto SchaDe, 38, Münchens »Aufklärungsapostel« ("Süddeutsche Zeitung") gegen »ideologische Potenz der Linken und Roten«, mißriet eine »Miss-Wahl«. Per Anzeigen suchte sein selbstgegründetes »Otto Schaile Institut für politische Informationen« ohne nähere Begründung »gutaussehende Damen, die bereits CSU gewählt haben oder in Zukunft CSU wählen werden« -- es meldete sich CSU-Landesgeschäftsführer Florian Harlander: »Sie sind in keiner Weise befugt«, machte er Schaile in einem Brief klar, »im Namen der CSU Aufrufe zu erlassen oder Aktionen zu starten.« Münchens »Abendzeitung« wertete den Vorgang als »Schlußstrich« unter eine »lange Zeit stillschweigend geduldeter Partnerschaft«. Schaile war der CSU im letzten Wahlkampf mit einer angeblich von Arbeitern finanzierten Anzeigenkampagne ("Nie wieder SPD!") durchaus zupaß gewesen. Später freilich vermeldete sein »Institut« unter den honorarpflichtigen Polit-Meldungen auch, Schaile sei der zweite Unionsabgeordnete bekannt, der beim Bonner Mißtrauensvotum gegen Barzel gestimmt habe. Allerdings: Der Name und die schriftliche Begründung dieses Herrn dürften »erst nach dessen Tod und Begräbnis von mir bekanntgegeben werden«.

Frank Rizzo, 52, Bürgermeister von Philadelphia, überführte sich selbst -- bei einem Test mit dem Lügendetektor. Dem ehemaligen Polizeichef, der schon einmal in Verdacht geriet, 33 Polizisten für Nachforschungen über politische Gegner eingesetzt zu haben, war ein Bestechungsversuch an dem demokratischen Stadtverordnetenvorsitzenden Peter Camiel vorgeworfen worden. Er stellte sich daraufhin einem Detektor-Test zur Verfügung, »weil ich großes Vertrauen in die Maschine habe«. Ergebnis: Bei sechs von zehn Antworten registrierte das Gerät eine Falschaussage. Als Bestechungsopfer Camiel sich ebenfalls einer Überprüfung unterzog, zeigte das Gerät keine Unregelmäßigkeiten an. Rizzo will nun »vor jedes Gericht« gehen und seine Hand »auf die Bibel« legen, um zu schwören, daß er dennoch die Wahrheit sagte.

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