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Artikel 67 / 79

Briefe

HS 30
aus DER SPIEGEL 46/1966

HS 30

Von militärischen und strategischen Problemen genauso unbelastet wie die meisten deutschen Bürger, jedoch interessierter Beobachter Bonner Geschehnisse, kommt mir langsam das Grauen vor den Geistern, die wir riefen, die uns aber nicht mehr loslassen. Angesichts der Geschehnisse um die HS-30 -Affäre und der geübten Praktiken erscheint mir das »C« in CDU/CSU nahezu als Blasphemie, das »D« beziehungsweise »SU« als reiner Hohn gegenüber dem Bestreben einiger noch verbliebener Demokraten. Zutreffend scheint nur noch das Wort »Union« zu sein.

Bleibt nur zu hoffen, daß ein bundesdeutscher Hexenmeister mit der Beschwörungsformel der Verfassung unter dem Arm hier wieder Klarheit schafft. Ihre Wachsamkeit jedoch beruhigt mich ein wenig, dafür meinen Dank.

Koblenz RUTH FEIST

Beim deutschen Staatsbürger ist alles möglich: Acht Tage, nachdem Sie eine der haarsträubendsten Korruptionsaffären aufgedeckt haben, bringt es die übrige deutsche Presse fertig, in allen Tonarten - zu schweigen.

Radolfzell (Bad.-Württ.) DR. A. DANIEL

Ihr Hispano-Suiza-Artikel läßt jede Objektivität gegenüber Herrn Franz -Josef Strauß vermissen. Es ist unschön, mit ansehen zu müssen, mit welchem Haß Sie diesen Politiker mit »gepunkteter« Weste verfolgen.

München CARL-PETER HEMMERLE

Hoffentlich ist dieser Skandal nun endlich groß genug, nicht nur dem Franz -Josef, sondern dieser ganzen Regierung den Gnadenstoß zu versetzen. Dieser Regierung, die »... nicht sterben mag und nicht mehr leben kann« (Morgenstern).

Regensburg WERNER LODY

Wenn 1957 tatsächlich Unsummen für den Schützenpanzerwagen verpatzt worden sind, so ist das noch lange kein Grund, vom Staatsruin zu sprechen. Obwohl seitdem schon fast ein Jahrzehnt vergangen ist, sehe ich noch nichts von einem Ruin. Man sollte sich hüten, aus einer Mücke einen Elefanten zu machen.

Berlin C. SORGE

Meinen herzlichen Dank für die treffende Expertise vom Niedergang unseres provisorischen Parteienstaates. Nicht Dank für den Niedergang, sondern für Ihren Mut, auch Zivilcourage genannt, mit dem Sie präzis, die Opposition in Deutschland vertretend, dem interessierten Staatsbürger vor Augen führen, was in seinem Namen geschieht!

Hamburg FRED MASBERG

Mit großem Interesse habe ich Ihren Bericht über die Hintergründe des Zustandekommens dieses glorreichen »Waffenfertigungsvertrages« gelesen. Ich bin sehr gespannt darauf, welche Konsequenzen nun unser nimmermüder, hochverehrter Franz-Josef aus dem Bayernland ziehen wird. Möglicherweise wird dadurch sein beständiger »Drang nach vorn« etwas ruckartig abgebremst. Ich kann aus eigener Truppenerfahrung nur bestätigen, daß es sich bei dem HS 30 um alles andere als um eine technisch völlig ausgereifte Konstruktion handelt. Trotz einiger Verbesserungen befindet er sich beinahe genauso häufig in der Werkstatt wie auf dem Übungsgelände.

Doch um der Objektivität willen möchte ich feststellen, daß der HS 30 mit allen seinen Mängeln dennoch als Rückgrat, unserer Panzergrenadierverbände von beachtlichem Wert ist. Er ist dem vergleichbaren sowjetischen Kampffahrzeug vom Typ BRT 152, mit dem das Gros der sowjetischen Mot-Schützenverbände ausgerüstet ist, in bezug auf Panzerung und Feuerkraft weit überlegen. Der BRT 152 ist nicht in der Lage, mit seinem Maschinengewehr die Panzerung des HS 30 zu durchschlagen, während der HS 30 mit seiner 20-Millimeter-Bordkanone den BRT 152 vernichten kann.

Dieser Kampfkraftvergleich fällt also deutlich zugunsten des HS 30 aus. Das klingt überraschend, genauso wie ein Kampfkraftvergleich unserer Heeresverbände mit denen der Sowjet-Armee äußerst überraschend sein würde, entspricht aber den Tatsachen.

Das nur zur Abrundung des Gesamtbildes! Damit sollen jedoch keinesfalls die negativen Begleitumstände dieses dubiosen Waffengeschäfts gedeckt werden. Denn wenn das Ergebnis doch noch einigermaßen brauchbar ist, so ist das - wie ich glaube - nicht das Verdienst des Herrn Strauß.

Karlsruhe PETER SCHÖNFELDER

Leutnant d. Res.

Hier Ihren längst fälligen Artikel aus der Sicht eines Gefreiten. Alarm... Das 3./Pz.Gren. Btl. 000 besteigt seine Fahrzeuge, um auftragsgemäß den zwölf Kilometer entfernten Verfügungsraum zu erreichen. Nur sechs der insgesamt 15 HS 30 sind einsatzfähig, die anderen liegen in der Werkstatt und warten darauf, auseinandergenommen zu werden. Federbrüche auf gefrorenen Ackerschollen, Motordefekte und immer wieder Getriebeschäden an dem Wundergetriebe »Sidebi«, dessen Nachfolger »Wilson« nicht besser ist, sind die Ursachen. Mit sechs von 15 beginnt die Fahrt. Auf zwölf Kilometer Anfahrt bleiben drei weitere Fahrzeuge mit Defekt liegen - wie gewöhnlich. (Im letzten Manöver hatte das Bataillon nach drei Übungstagen noch die Kampfstärke einer halben Kompanie.) So erreichen schließlich drei stolze SPz-lang das Ziel. Die Panzergrenadiere sind zufrieden, mit diesen Fahrzeugen werden sie die sowjetzonale Grenze nie erreichen.

Plochingen (Bad.-Württ.) BERTHOLD STIMM

Im Zusammenhang mit der HS-30 -Affäre darf ich auf das Titelblatt des Deutschen Bundeswehrkalenders 1966/II hinweisen, als dessen Bearbeiter an erster Stelle Ministerialrat K. H. Schnell« erwähnt wird.

Es ist erstaunlich, daß er zu einer derartigen Arbeit noch Zeit findet, beziehungsweise ist es dann nicht mehr erstaunlich, welche Ergebnisse seine Hauptarbeitsgebiete (nicht) zeitigen.

Langenfeld (Nordrh.-Westf.)

HENNING RECKNAGEL

stud. jur. und Leutnant d. Res.

Ich habe anläßlich eines »privaten Besuches« den Herrn Verteidigungsminister auf die zahlreichen Gerüchte um die Hispano-Sache hingewiesen. Nicht ich habe Herrn Strauß eine Mitteilung wegen Rechtshilfe überbracht, sondern ich habe Herrn Minister Strauß um Erlaubnis gefragt, ob ich unsere Schweizer Behörden von dem erwähnten Betrug unterrichten dürfe und welche Möglichkeiten bestünden, um ihm helfen zu können in dieser Sache, welche das Ansehen und den Ruf meines Vaterlandes gefährden, abgesehen von den Interessen der Bundesrepublik.

Ich habe Herrn Minister Strauß nach meiner Rückkehr in die Schweiz und nach erfolgter Besprechung mitgeteilt, daß er im Falle einer Klageerhebung oder einer gerichtlichen Untersuchung mit Bestimmtheit auf Rechtshilfe zählen könne. Erfolgt ist nichts, und ich hatte keine Veranlassung mehr, mich um diese Dinge zu kümmern, die ausschließlich die Bundesrepublik betrafen. Über allfällige politische Bedenken und allfällige Ostkontakte hätte ich als ausgeschiedener Offizier überhaupt keine Zusagen oder Angaben machen können oder dürfen. Privaten Verdachtsgründen und Gerüchten nachzugehen, war meine Aufgabe nicht. Von amtlichen Sicherheitsbedenken, welche Herrn Strauß zugekommen sein sollen, weiß ich nichts. Anläßlich meines Besuches war ich bereits sieben Jahre außer Dienst und hatte mit der Schweizerischen Abwehr gar keinen Kontakt mehr.

Luzern PAUL R. SCHAUFELBERGER

Auch Ihr Engagement in Sachen HS 30 wird uns, wie ich beinahe fürchte, nicht helfen. Wie in der »Kölnischen Rundschau« schon vor Erscheinen des SPIEGEL zu lesen, hat Franz-Josef Strauß gekontert: Schuld ist allein der arme Theo Blank natürlich. Auf die Frage der eigenen - sagen wir - pflichtgemäßen Unterlassungen geht der Knabe nicht ein.

Bergisch Gladbach (Nordrh.-Westf.)

HERMANN SCHWANN

Würden korrupte Personen, die sich auf Kosten des Volkes an Steuergeldern bereichern, ähnlich bestraft wie in den sozialistischen Ländern, und zwar der Hehler genauso wie der Stehler, so würden solche Fälle wohl nicht so oft vorkommen. Oder schützt etwa das Parteimäntelchen vor einer harten Bestrafung?

München JÜRGEN FRASE

Bitte sorgen Sie dafür, daß Herr Treviranus seine Unterlagen »sicherstellt«; in Italien sind sie keineswegs sicher.

Am besten würden die Unterlagen in irgendeinem Panzerschrank des Deutschen Gewerkschaftsbunds aufbewahrt, wo sie - die Unterlagen - unter Zeugen deponiert werden müßten.

Sorgen Sie weiter dafür, daß bei den hierfür in Frage kommenden Staatsanwaltschaften gegen die betroffenen Personen (Strauß und so weiter) Strafanträge gestellt werden.

Die Hoffnung gebe ich auf, daß die SPD noch vor den Bayern- und Hessen-Wahlen den nötigen Skandal - zum Beispiel durch Millionen von Flugzetteln, abgeworfen von Hubschraubern - macht; sie - die SPD - will ja nur per Große Koalition »an der Krippe fressen«.

Rottach (Bayern) a. DR. DOERKSEN

Ministerialrat a. D.

Tip an Bonn! Akten HS 30 per Post versenden! Sie gehen dann garantiert »verloren«. Sie ersparen sich damit viel Ärger!

Oldenburg (Nieders.) MARTIN PETERS

* Leiter des Antikorruptionsreferats im Bundesverteidigungsministerium.

Handelsblatt

»Ein Unglück kommt selten allein«

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