Hürden für Genscher
Eine Woche vor der Wahl wollte Hans-Dietrich Genscher sich noch einmal als ehrlicher Ost-West-Makler und Garant der Entspannungspolitik präsentieren. Er schickte seinen Abrüstungsbeauftragten Friedrich Ruth nach Moskau, um neue Raketen-Gespräche mit hohen Sowjetpolitikern zu führen. Doch US-Präsident Ronald Reagan errichtete neue Hürden für die Genfer Gespräche über Mittelstreckenraketen. Reagan lehnte die vom Kreml gewünschte Berücksichtigung der französischen und britischen Atomwaffen bei den Gleichgewichtsberechnungen ab. Auch der von den Russen angebotene Rückzug der SS-20-Raketen nach Asien genügt ihm nicht. Der Kreml müsse, so Reagan, total verschrotten und dies überprüfen lassen. Auch ein vorläufiger Verzicht auf die Stationierung von US-Pershing-2-Raketen in der Bundesrepublik kommt für ihn nicht in Betracht. Damit sind in Genf alle Kompromißmöglichkeiten zunächst verbaut, erscheint die Aufstellung neuer US-Atomwaffen Ende dieses Jahre so gut wie sicher. Ruth, dessen Moskau-Reise nach den Besuchen des sowjetischen Außenministers und des US-Vizepräsidenten in Bonn ohnehin nur Show-Wert hatte, durfte sich in Moskau aus zweiter Hand anhören, was Andrej Gromyko in der »Prawda« schon öffentlich kundgetan hatte: »Es ist klar, daß es bei den (Genfer) Verhandlungen keinen Fortschritt gibt.«