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UNTERNEHMEN DINERS' CLUB Immer Zank

aus DER SPIEGEL 47/1970

Mit 8,5 mal 5,5 Zentimeter kleinen Plastikkärtchen machte Amerikas Diners' Club jahrelang Gewinne. Doch dann war das Geschäft mit der prestigefördernden Credit Card (2,7 Millionen Clubkarten-Inhaber in 142 Ländern, davon 40 000 in Westdeutschland, rund 700 Millionen Dollar Kreditvolumen) dem Diners-Management nicht mehr gut genug. Nun floriert der Club -- im Stammland eine AG, in der Bundesrepublik eine GmbH -- nicht mehr.

»Wenn sich Diners' auf das Kreditkarten-Geschäft beschränkt hätte«, lamentierte Aufsichtsratsvorsitzender J. Victor Herd, »dann gäbe es keinen Zweifel, daß das Unternehmen in den schwarzen Zahlen wäre.«

In die roten Zahlen (Verlust von April 1969 bis Ende Juni 1970: 31,7 Millionen Dollar) hatte noch Herds Vorgänger Alfred S. Bloomingdale den Club mit »vielen hoch! liegenden Ideen« ("The New York Times") geführt. Bloomingdale hatte 1950 zusammen mit dem New Yorker Anwalt Ralph E. Schneider und einem Anfangskapital von nur 18 000 Dollar den Diners« Club gegründet. Beide nutzten damit die immer gleiche Schwäche, die Millionen Konsumenten zeigen: Wer nicht bar bezahlt, kauft mehr.

Diners'-Vertragsfirmen (etwa 350 000, davon in der Bundesrepublik: 7400) wie Fluggesellschaften, Hotels, Fachgeschäfte, Restaurants und Bars sind davon so überzeugt, daß sie bis zu zehn Prozent der auf Kreditkarten ausgestellten Rechnungsbeträge Diners' als Provision überlassen. Die Karten-Inhaber selbst führen 60 Mark im Jahr als Club-Beitrag ab.

So solide das Kreditkarten-Geschäft war, so sehr drängte es Bloomingdale, ins Reise- und Hotelgewerbe einzusteigen.

Zwar konnte Bloomingdales kostenbewußter Partner Schneider den Club-Chef zunächst noch bremsen. Als Schneider jedoch 1964 starb, war Bloomingdale nicht mehr zu stoppen. »Zwischen den beiden hatte es immer Zankereien gegeben«, verriet ein Diners'-Direktor, »aber mit dem Tod von Ralph wurde Als (Alfred Bloomingdales) Rückhandball immer länger.«

1967 erwarb Al Amerikas drittgrößte Reiseagentur, Fugazy Travel Bureau. Die Kombination schien verlockend: Hier Diners« mit seinen weltweiten Kreditverbindungen (die Plastikkarten werden sogar in der Sowjet-Union und der DDR honoriert), dort Fugazy mit über 120 Reisebüros.

Wenig später machte Bloomingdale seinen Club zum Hauptpächter und -verwalter des ausgedienten Luxusdampfers »Queen Mary«, den die kalifornische Stadt Long Beach für drei Millionen Dollar von Britanniens Cunard-Reederei gekauft hatte. Der Ozeanriese sollte zu einem Luxushotel mit über 400 Betten umgebaut, an Kaliforniens Küste vertäut und -- so »Time« -- ein »royal killing« werden -- ein Bombengeschäft.

Doch die Bombe zündete nicht. Weder den Eröffnungstermin -- Sommer 1970 -- noch die ursprünglich eingeplanten Kosten -- 13,5 Millionen Dollar -- hielten die Hotelplaner ein. Lotse Diners« ging -- mit 7,5 Millionen Dollar Verlust -- von Bord.

Schiffbruch erlitten Bloomingdales Club-Kameraden auch mit einer Idee, die ihr Chef als »erregend neues Konzept von schwimmenden Hotels und Motels« propagiert hatte. Unter dem Firmennamen »International Floatels Inc.« sollte eine Diners'-Tochter mit einer Flotte schwimmender Herbergen in Florida, Kalifornien, auf den karibischen Inseln und Hawaii Touristen anlocken. In dieses Projekt investierte die Kreditkarten-Firma 277 000 Dollar -- offenbar vergebens. Diners' verkaufte die Floatels-Flotte.

Branchenkenner schreiben es Bloomingdales Expansionsdrang zu, daß fast die Hälfte des gesamten Jahresverlusts der Firma auf Konto ihrer Reiseabteilung geht. Dem »immer mangelhafteren Management« ("The New York Times") lasten sie an, daß allein Diners' automatisches Reservierungssystem für Hotels und Motels zuletzt mit einem monatlichen Defizit von 260 000 Dollar arbeitete und schließlich verkauft werden mußte. Verlust: 2,9 Millionen Dollar. Obendrein brach im vergangenen Jahr das Computer-Abrechnungssystem für die Kreditkarten wegen Überlastung zusammen.

Angesichts dieses Debakels räumte Bloomingdale, Sproß einer millionenschweren Kaufhausfamilie, seinen Chef-Posten -- nicht ohne das stets optimistische Vokabularium der US-Manager zu strapazieren: »Ich scheide aus, weil ich von Natur aus ein Pionier bin und neue herausfordernde Aufgaben gefunden habe.« Partner Fugazy stieg ebenfalls angeblich freiwillig aus.

In Wirklichkeit waren beide von den Direktoren der Continental Corporation hinauskomplimentiert worden. Diese Versicherungsholding, die sich 1966 mit 34 Prozent in den Club eingekauft hatte, erhöhte im April dieses Jahres Ihre Beteiligung auf 88 Prozent. Bloomingdales Job übernahm Continental-Chef J. Victor Herd.

Das neue Management will den Diners' Club wieder auf den gewinnbringenden Kreditkarten-Pfad zurückführen. Jules T. Asch, Vorstandsmitglied für Finanzen, verkündete: »Das Kreditkarten-Geschäft ist unsere Hauptbetätigung. Auf Experimente, die ins Blaue führen, werden wir uns nicht mehr einlassen.« Herd freilich sinnierte: »Bestimmte Versicherungen könnten wir eigentlich auch mit der Hilfe des Diners' Club verkaufen.«

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