INNERE FÜHRUNG
Das Gespräch mit Divisionskommandeur General Haag zeigt deutlich, daß es in der Truppe Leute gibt, die um »Innere Führung« aufrichtig bemüht sind. Aber was können sie schon erreichen, wenn Elternhaus, Schule und Lehrbetrieb keine ausreichende Vorarbeit (wie das Verhalten vieler junger Wehrpflichtiger zeigt) leisten? Die Ausbilder in der Bundeswehr sind doch nicht dazu da, Erziehungs-Beihilfen zu gewähren.
Bremen JOBST SIEDLER
General Haags »Politik der kleinen Schritte« zur Bildung von Verantwortungsgefühl und Vernunftdenken bei den Wehrpflichtigen sollte in die Schullehrbücher aufgenommen werden, damit die Eingezogenen gleich mit der militärischen Ausbildung beginnen können, statt zuerst Zeit für das Kennenlernen von gesitteter Morgentollette und Esseneinnahme zu verplempern.
Bayreuth KLAUS ERB
Wie soll man Soldaten mit Mitteln der »Inneren Führung« ausbilden, wenn man sie nicht mal allein zum Mittagessen in den Speisesaal gehen lassen kann, sondern sie von einer Respektsperson dorthin führen lassen muß, weil sonst der ganze Dienstbetrieb zusammenbricht?
Mannheim HORST MÖBIUS
Wenn in unserem Land »Innere Führung« von allen staatstragenden Kräften tagtäglich vorexerziert würde, hätten die Bundeswehr-Ausbilder weniger Mühe und Herr Heye weniger Arbeit.
Hannover HORST FRÖBE
Vielleicht liegt das Problem der »Inneren Fuhrung« darin, daß man sich zu sehr an abstrakte Leitbilder und vorstellungsarme Begriffe, statt an Vorbilder aus Fleisch und Blut hält.
Koblenz LAMBERTUS METZNER
Oberregierungsrat
Wenn ein Offizier es heute Wagt, die Auffassungen, die up to date sind, zu kritisieren, dann kann er seine Uniform getrost ausziehen. Er kann sich aber nicht-wie einst - auf seine Güter zurückziehen, sondern steht mit seiner Familie auf der Straße. Fristlos entlassen.
Neukirchen (Nrdrh.-Westf.) EMIL BRALL
Herr General, Ihre Antworten waren reichlich ha(a)ger. Das Baudissin-Dogma ist zwar brüchig, aber es ist die einzig gültige, unserem Zeitdenken angemessene Erziehungslehre des Soldaten. Ihr Postulat: geistige Rüstung und zeitgemäße Menschenführung. Sie opponieren gegen die geistige Rüstung, wenn Sie (zur Kenntnis des Grundgesetzes) sagen: » ... ob solche Kenntnisse für die staatsbürgerliche Einstellung so schrecklich wichtig sind.«
Essen HELMUT MARTENS
Nein, meine Herren vom SPIEGEL, interviewen Sie nicht Generale und Weltverbesserer, kommen Sie in die Stuben, fragen Sie Rekruten, sprechen Sie mit Ausbildern, unterhalten Sie sich mit strohhuttragenden, entlassenen Gefreiten der Reserve. Sie geben Ihnen ihren Eindruck von der- Moral der Truppe. Sie zeigen Ihnen ihren Unwillen, für den Staat auf Lohnerhöhung und Mehrurlaub verzichten zu müssen. An dem Tage, wo das veröffentlicht wird, was täglich auf dem Kasernengelände und abends an den Biertischen zu hören und zu sehen ist, wird man draußen aufmerken und sich fragen: Was nutzt Innere Führung, wenn man nicht bereit ist, sich führen zu lassen.
Münster NORBERT PREUSCHE
Unteroffizier der Luftwaffe