Streit über Intel-Großprojekt in Magdeburg CDU lenkt ein und bekennt sich zu Wissenschaftsfreiheit

Bagger auf geplantem Intel-Werksgelände
Foto: Klaus-Dietmar Gabbert / dpaVon »Unfug« und »Wissenschaftsfeindlichkeit« war die Rede, der Ostbeauftragte der Bundesregierung sprach von einer »eher vulgärökonomischen Einschätzung«: In der Debatte über die Herausforderungen beim geplanten Bau einer riesigen Chipfabrik in Sachsen-Anhalt sind Wissenschaftler und Politiker heftig aneinandergeraten – doch jetzt schlägt die CDU im Landtag versöhnlichere Töne an.
Man bekenne sich »ausdrücklich zur Freiheit der Wissenschaft«, sagt Fraktionschef Guido Heuer . »Den Vorwurf von Populismus und der Einschränkung von Forschung und Lehre weisen wir strikt zurück.« Das Leibnitz Institut für Wirtschaftsforschung in Halle (IWH), das im Mittelpunkt der hitzig geführten Debatte steht, bezeichnete er nun als »renommierte Forschungseinrichtung«, die weiter gefördert werde.
Das hatte zuletzt noch anders geklungen. Als Reaktion auf umstrittene Einschätzungen des IWH-Vizepräsidenten Oliver Holtemöller hatte Heuer am Montag die staatliche Unterstützung des Instituts mit jährlich etwa acht Millionen Euro infrage gestellt : »Anhand solcher Äußerungen ist schon die Sinnhaftigkeit von Fördermitteln zu hinterfragen«, sagte er.
Holtemöller, der an der Universität Halle-Wittenberg eine Professur für Volkswirtschaftslehre innehat, hatte sich zuvor im SPIEGEL über die geplante Intel-Ansiedlung bei Magdeburg geäußert . Er sprach unter anderem über noch fehlende Schulen und Verkehrswege sowie die Arbeitsmarktsituation. Heftige Kritik erfuhren zugespitzte Sätze wie »Niemand steht Schlange, um in Sachsen-Anhalt arbeiten zu dürfen«.
IWH-Chef Gropp, der bereits zuvor die Subventionspolitik infrage gestellt hatte (»Wir werfen das Geld zum Fenster raus«), wies die Kritik zurück. »Eine Regierung kann nicht einfach bei Forschern bestimmte Ergebnisse oder Stellungnahmen bestellen, nur weil der Staat Einrichtungen wie das IWH fördert«, sagte er dem SPIEGEL. CDU-Fraktionschef Heuer machte nun klar, dass er dies auch gar nicht fordere: Man habe das Budget des Instituts gerade erst auf mehr als acht Millionen Euro erhöht, »das entspricht einem Mittelaufwuchs von mehr als sechzig Prozent in 15 Jahren«.
Simone Borris, Oberbürgermeisterin von Magdeburg
Ausgestanden ist die Sache womöglich trotzdem noch nicht, denn nun legt die Oberbürgermeisterin von Magdeburg nach: Holtemöllers und Gropps Aussagen ließen die wissenschaftlichen Belege vermissen, sagt die parteilose Simone Borris. »Die öffentlichen Äußerungen zeigen dagegen die Voreingenommenheit zweier Herren, die offensichtlich von Neid geprägt agieren und damit nicht nur der Landeshauptstadt Magdeburg und dem Land Sachsen-Anhalt einen enormen Schaden zufügen, sondern auch ganz Ostdeutschland.«
Sie sei aber, so Borris , zu »einem konstruktiven Gespräch« mit der IWH-Leitung bereit, um die öffentliche Diskussion zu beenden. Ähnliche Signale kamen bereits zuvor aus der Landespolitik: Wirtschaftsminister Sven Schulze (CDU) will am Montag nach Halle fahren, um mit Gropp und Holtemöller über die Angelegenheit zu reden.