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»Ist ein Blinddarm extrem?«

aus DER SPIEGEL 32/1978

SPIEGEL: Weshalb töten Iraker oder vom Irak unterstützte Palästinenser in aller Welt PLO-Vertreter?

BAYRAKDAR: Sie vergessen, daß eine Reihe von Angriffen und feigen Überfällen auf ein halbes Dutzend irakischer Vertretungen stattfanden. Die Gruppe um Jassir Arafat in der PLO betreibt ein Ablenkungsmanöver, um dem steigenden Mißtrauen ihm gegenüber unter der palästinensischen Bevölkerung zu begegnen.

SPIEGEL: Wer führt denn nun die Anschläge durch?

BAYRAKDAR: Fortlaufend Anschläge gegen die Palästinenser führen die Zionisten durch. Nicht zuletzt das barbarische Bombardement gegen ein palästinensisches Flüchtlingslager bei Saida (Sidon) im Libanon. Selbstverständlich gibt es auch unter den Palästinensern verschiedene politische Orientierungen. Das letzte Wort wird das palästinensische Volk haben.

SPIEGEL: Der Bonner PLO-Vertreter behauptet, daß der Irak mehr PLO-Leute umgebracht hat als der Feind.

BAYRAKDAR: Eine solche Behauptung überrascht mich nicht. Sie wird ganz besonders von den Palästinensern selbst stark bedauert.

SPIEGEL: Aber Ihre Regierung hat die PLO und ihren Chef Arafat als Kapitulanten gebrandmarkt, die bekämpft werden müssen.

BAYRAKDAR: Vor acht Jahren verkörperte der palästinensische Widerstand sozusagen das Gewissen der gesamten arabischen Nation. Doch die politische Orientierung, das heißt vielmehr die Orientierungslosigkeit des Herrn Arafat hat zu gejagten, ja sogar zu zersplitterten Gruppen geführt. Die irakische Regierung kommt nicht umhin, die Frage nach seiner Verantwortung dabei zu stellen.

SPIEGEL: Sie unterstützen den palästinensischen Führer Abu Nidal. Warum?

BAYRAKDAR: Die arabische Sozialistische Baath-Partei und die Republik Irak unterstützen mit allen Mitteln den gerechten Kampf des palästinensischen Volkes, unbeschadet Personen oder Organisationen.

SPIEGEL: Wie viele Palästinenser hat Abo Nidal hinter sich?

BAYRAKDAR: Es geht hier nicht um Personen und darum, wie viele Leute hinter ihm stehen. Es geht lediglich um die programmatische Orientierung. die von der überwältigenden Mehrheit der palästinensischen und arabischen Massen getragen wird.

SPIEGEL: Wollen die Iraker bestimmen, was für die Palästinenser richtig ist?

BAYRAKDAR: So natürlich nicht. Aber wir sind nun einmal ein Bestandteil der gesamten Region und sogar ein wichtiger. Die Zionisten haben ägyptisches Territorium, syrisches, jordanisches und libanesisches Territorium okkupiert. Wir wollen nicht, daß irakisches hinzukommt.

SPIEGEL: Der Bonner PLO-Vertreter sagte, daß er in ein von den Irakern befreites Palästina nicht zurückkehren wolle.

BAYRAKDAR: Ich weiß es nicht, ob er überhaupt von seinem Bonner Leben irgendwohin zurückkehren will. Ich möchte da lieber an die Millionen Palästinenser erinnern, die sich nicht am schönen Bonner Leben erfreuen und wohl sehnlichst darauf warten, frei in ihrer Heimat zu leben.

SPIEGEL: Wie kommt es, daß der Irak die extremste Position aller arabischen Staaten einnimmt?

BAYRAKDAR: Wäre ich Mediziner, müßte ich fragen: Ist eine Blinddarm-Operation gegenüber dem Einnehmen einer Kopfschmerztablette extrem? Ich meine, jeder Umstand verlangt nach der ihm entsprechenden Behandlung. Wir wissen uns in dieser Auffassung mit unserem arabischen Volk einig.

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