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VW Käfer mit Scheiben

aus DER SPIEGEL 27/1966

Im vergangenen Jahr sorgte VW-Chef Heinrich Nordhoff dafür, daß Käufer seines Käfers schneller vom Fleck kamen. Dieses Jahr will er sie rascher zum Stehen bringen.

Wolfsburgs Erfolgstyp, im Hubraum von 1,2 auf 1,3 Liter und in der Leistung von 34 auf 40 PS erhöht, soll nach den Werksferien im August mit Scheibenbremsen (bisher Trommelbremsen) an den Vorderrädern auf den Markt kommen.

Außerdem soll die Zweikreisbremse ihren Einzug im VW-Werk halten. Sie ist in der Käfer-Klasse zunächst nur für den Export nach den USA und Kanada vorgesehen, generell jedoch für die VWTypen 1500/1600, die schon Vorderrad-Scheibenbremsen haben.

Beide VW-Neuerungen, Scheibenbremsen und doppeltes Brems-Übertragungssystem, bedeuten für die Käufer solcher Modelle höhere Sicherheit. Scheibenbremsen gewährleisten eine gleichmäßigere und somit günstigere Bremswirkung als Trommelbremsen. Sie strahlen die beim Bremsen auftretende Reibungshitze erheblich schneller ab und lassen daher auch bei längerem Bremsen in der Wirkung nicht nach. Der Einbau zweier voneinander unabhängiger Bremskreise bewahrt vor fatalen Bremsdefekten: Beim Ausfall eines Radbremsenpaares - durch Leitungsleck oder Schlauchriß - bleibt noch das andere funktionsfähig.

Nordhoffs Hauptkonkurrenten auf dem deutschen Markt sind schon mit Vorderrad-Scheibenbremsen (Opel Kadett, Ford 12 M, Ford 17/20 M) oder Zweikreisbremse (Opel Rekord) lieferbar. Doch trieb kaum deutscher Konkurrenzdruck allein die VW-Ingenieure dazu, ihren Käfer technisch derart umfänglich aufzuwerten, daß sich seine Herstellungskosten vermutlich erhöhen Werden. Hauptgrund war vielmehr die in den USA, dem größten Auslandsmarkt des Volkswagenwerkes, seit Monaten anhaltende öffentliche Diskussion über Sicherheit im Automobilbau.

Höherer Fahr-Sicherheit soll eine weitere Änderung dienen, die das VWWerk an seinen Personenwagen vornehmen will. Ihre Hinterachsen sollen mit einem Stabilisator gekoppelt werden, um das Übersteuern - Neigung zum Ausbrechen mit dem Heck - zu mildern. Es handelt sich um eine Art Zusatzfederung, die schon jetzt auf Wunsch für den VWKombiwagen Variant (für höhere zulässige Hinterachslast) geliefert wird: Ein Drehstab, zwei Kurbelarme und Schubstangen verbinden z-förmig die Hinterräder.

Entwicklungs- und Fahrversuche für den Einbau des Stabilisators in die übrigen VW-Typen unternahmen die VW-Techniker nicht allein. Versuchs-Ingenieure des Stuttgarter Koalitionspartners Daimler-Benz standen ihnen zur Seite.

VW-Versuchsbahn: Sicherheit durch zwei Kreisläufe?

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