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NORDPOL Kalter Hans

aus DER SPIEGEL 33/2005

Mit ihrer Nationalflagge nehmen es die Dänen sehr genau. Vor allem bei besonderen Anlässen wird der Danebrog gehisst, spätestens bei Sonnenuntergang muss er wieder eingeholt sein. Nur wichtige Ausnahmen erlauben ein Abweichen von der Regel. So eine muss der Flaggenappell auf der Insel Hans westlich von Grönland gewesen sein. Schon mindestens zweimal wurde der Danebrog dort aufgezogen, einmal unter Hinterlassung des schriftlichen Grußes: »Seid willkommen auf dieser dänischen Insel.« Um den Sonnenuntergang kümmerte sich niemand, was sicher nicht nur den äußeren Umständen gut 1000 Kilometer südlich des Nordpols geschuldet war - die Flaggen blieben oben.

Inzwischen hängt mindestens eine der dänischen Flaggen im Museum in Montreal, gekapert von der kanadischen Marine. Die installierte stattdessen auf dem Eiland Kanadas Ahornblatt; Verteidigungsminister Bill Graham folgte höchstpersönlich und lobte das Flaggenmanöver, um »Präsenz zu zeigen«.

Der drei Kilometer lange und wenige hundert Meter breite Felsen, der völlig kahl und unbewohnt auf halbem Weg zwischen der kanadischen Insel Ellesmere und dem dänischen Grönland aus dem arktischen Meer ragt - sofern er nicht von Packeis zugedeckt ist -, gerät immer mehr zu einem skurrilen diplomatischen Zankapfel zwischen beiden Ländern. Die Wikinger-Erben aus dem Norden Europas setzen aber noch auf eine »friedliche Lösung« in dem Flaggenkrieg. Premier Anders Fogh Rasmussen hat vorsorglich ein Gipfelgespräch der Außenminister am Rande der Uno-Vollversammlung im September angeregt. Er sieht »klare und starke historische, geografische und geologische Argumente« auf seiner Seite. Ein Uno-Vertrag hatte 1973 ausgerechnet ein wenige hundert Meter großes Seegebiet um »Hans Ø« bei der Grenzziehung ausgelassen. Nun reklamiert auch Ottawa das Eiland für sich, immerhin könnte der Fels in der Brandung einmal von großer strategischer Bedeutung sein - für künftige Fischfanggründe und erst recht im Fall von Rohstoffvorkommen.

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