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BLANK Kampf im Hotel

aus DER SPIEGEL 16/1968

Bonns glücklosester Minister hofft -- drei Jahre, nachdem ihn Kanzler Erhard vom Kabinettsstuhl schob -- auf einen bequemen Sessel an der Ruhr: Theodor Blank, 62, soll auf Wunsch seines Parteifreundes Kurt Schmücker Aufsichtsrat der Vereinigte Elektrizitäts- und Bergwerks-AG (Veba) werden.

Schatzminister Schmücker glaubt, mit Blanks »rastlosem und kämpferischem Einsatz« werde er den Einfluß des Bundes im energiepolitisch wichtigsten Volksaktien-Konzern (Veba ist in der Chemie-, Mineralöl-, Strom- und Atomindustrie tätig) stärken können.

Von den 21 Aufsichtsräten des Konzerns stellen die freien Aktionäre bisher zehn. Auf sieben Stühlen sitzen kraft Gesetz Arbeitnehmervertreter. Lediglich vier sogenannte Entsendungsmandate sind für den Bund reserviert, der nach der Teilprivatisierung noch 36 Prozent des Veba-Kapitals besitzt.

Jetzt aber soll, so der Vorschlag Schmückers, die Veba-Hauptversammlung am 26. April in Bochum einen fünften Mann in die Bonner Kolonne einreihen. Die Aktionäre sollen Blank zum Nachfolger des verstorbenen Staatssekretärs a. D. Alfred Hartmann wählen, der eines der zehn Eigentümer-Mandate im Aufsichtsrat innehatte.

Bonn machte sich für Blank zum Hochzeitsbitter. Schmückers Ministerium empfahl Blank mit dem Hinweis, der Ex-Minister habe 1961 nächtelang im Bad Godesberger Hotel »Zum Adler« gegen den Widerstand des damaligen FDP-Finanzministers Rolf Dahlgrün für einen niedrigen Ausgabekurs der 5,3 Millionen Veba-Volksaktien (210 Prozent) gekämpft.

Kritiker Blanks freilich erinnern sich daran, daß der Kandidat in fast zehn Bonner Ministerjahren nicht einmal seine amtlichen Aufgaben lösen konnte:

* Als Verteidigungsminister versuchte er, ein 500 000-Mann-Heer überstürzt aufzubauen, und hinterließ ein »planerisches Chaos« (Blank-Nachfolger Strauß);

* als Arbeits- und Sozialminister von 1957 bis 1965 mißlang es ihm, sinnvolle Reformen -- beispielsweise der Kriegsopferversorgung und der Krankenversicherung -- gegen den Druck von Versehrtenverbänden und Ärzten durchzusetzen. Am Ende einer Reihe allerdings mannhaft durchlebter Schlappen hatte Blank in Bonn den Beinamen »Minister Spiegelei« (der von Freund und Feind in die Pfanne geschlagen wird) erworben. Bonns politisches Establishment mied den Erfolglosen; vor Jahresfrist verlor er zudem noch seinen Posten im CDU-Präsidium.

Auch das Management und die Aktionäre des Konzerns heißen den Kandidaten Blank nicht gerade willkommen. Veba-Aufsichtsratsmitglied und Präsident der Düsseldorfer Wertpapierbörse Dr. Johannes Zahn meinte, eigentlich dürfe Hartmanns verwaister Stuhl »nur mit wirtschaftlich orientierten Leuten von gewissem Format besetzt werden«. Sein Aufsichtsrat-Kollege Professor Dr. Ernst Schneider forderte die Bundesregierung auf, »sich einer weiteren Einflußnahme zu enthalten und im Interesse des Unternehmens dem wirtschaftlichen Sachverstand freie Bahn zu lassen

Von den Kleinaktionären droht sogar offene Rebellion. In einer Münchner Regionalversammlung von tausend Veba-Volksaktionären wurde Blanks Kandidatur einstimmig abgelehnt: »Eine weitere Politisierung« des Konzerns sei »unerwünscht«.

Die Düsseldorfer »Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz« vertrat dieselbe Ansicht, und die Berliner »Interessengemeinschaft Freier Aktionäre« beantragte gegen eine Berliner Bank sogar eine einstweilige Verfügung, weil sie ausschließlich Blank als Kandidaten empfohlen hatte.

Gegen die Kritik aus den eigenen Reihen nahm Schatzminister Schmücker seinen Favoriten in einem Brief an Veba-Aufsichtsratsmitglied und Industrie- und Handelstag-Präsident Ernst Schneider in Schutz. Den Text verlas Schmücker am 1. April in Bonn vor dem Arbeitskreis II (Wirtschaftspolitik) der CDU/CSU.

Erbittert wies der Minister darin den Verdacht zurück, er wolle für die Christen-Union »Sinekuren« schaffen (Veba-Aufsichtsrat-Vergütung: 8000 Mark jährlich). Wer ihn »hinter diesem Busch« suche, sitze selbst dahinter, grollte Schmücker.

Johannes Zahn in Düsseldorf dagegen gibt noch immer zu bedenken: »Bei allen Verdiensten wird Blank nicht von sich behaupten können, ein großer Unternehmer zu sein. Der Veba-Schuh paßt einfach nicht auf seinen Fuß.«

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