KAPPESQUAPP
(Nr. 30/1968, Kiesinger-Psychogramm)
Ich finde es unfair, Kanzler Kiesinger von dem englischen Journalisten Neal Ascherson als »Ferdinand der Blumenstier« anpflaumen zu lassen. Schließlich gibt es doch in der Bonner Flora und Fauna auch noch andere Fabelwesen: »Kunibert der Grasaff« Schröder, »Emmes der Kappesquapp« Barzel, »Luitpold der Narzissenhengst« Schiller und »Habakuk der Primelschnauzer« Wehner.
Kaiserslautern ROLF H. BURG
Es gab einmal einen Politiker Gustav Stresemann, der sich einbildete, eine Faust zu haben. Damals schrieb ein Kurt Tucholsky: Gustav, Du hast keine Faust, sondern nur einen Daumen! -- Kiesinger ein Stier? -- Politisch jedenfalls nicht!
Osnabrück DR. VIKTOR SCHOLZ
Warum muß auf unserer Haupt- und Staatsbühne ein Selbstdarstellungskünstler agieren, der -- frei nach Karl Kraus zur Satire die Beziehung des geborenen Objekts hat?
Hannover HORST STRAWINSKI
Deprimierend ist nicht, daß Ascherson Bundeskanzler Kiesinger so schamlos durch den Kakao zieht, deprimierend ist, daß wir von einem Mann regiert werden, der sich für diese literarische Form so hinreißend eignet.
Bremen SIEGFRIED LIEBELT
Zugegeben, daß man häufig übertreibend und lautstark taktieren muß, um überhaupt vernommen zu werden: Aschersons Traktat ist so voller Widersprüche und unangenehmer Oberflächlichkeit, daß das Zutreffende davon überlagert wird und einem geduldigen Leser, an der Schlußzeile der 1296sten -- angekommen, nur noch der Ausruf bleibt: Sancta simplicitas!
Bonn RÜDIGER WEBER
Der Ruf nach einem sogenannten starken Kanzler mutet nach dem Sturz Novotnýs wie eine makabre Volksbelustigung an, nachdem offenkundig ist, daß mangelnde Intelligenz und Sachlichkeit meist durch Rücksichtslosigkeit und Geltungsbedürfnis ausgeglichen werden. Wahrscheinlich haben wir einen Kanzler, der durch seine distanzierte, überlegene Sachlichkeit und Intelligenz die ihm gegenübergestellten Persönlichkeiten aufwiegt. Seine -- in einer Demokratie selbstverständliche -- Bereitschaft zum freiwilligen, nicht opportunitätsbedingten Rücktritt bei Eintritt bestimmter Umstände war in unserem Staat bislang leider nur bei Heinemann und Bucher anzutreffen. Vielleicht liegt gerade darin die Schwäche des Kanzlers.
Freiburg KLAUS KOLB
Nehmen wir einmal an, es handele sich beim SPIEGEL in der Tat um ein Intelligenzblatt, so hieße das doch, daß sich der Leserkreis mittlerweile selbst ein Bild von der politischen Impotenz des Bundeskanzlers hätte machen können. Das hieße außerdem, daß es sich für den SPIEGEL erübrigen würde, seinem Leserpublikum das seichte Gelaber eines britischen Journalisten vorzusetzen.
Bochum URSEL EHMIG
Nachdem ein gründliches Studium der Neal-Ascherson-Biographie ergeben hat, daß Kiesinger als Gegenspieler von Fritz Teufel zu verstehen ist. bleibt den Deutschen nur die Alternative: Da Gott nicht mehr mit, uns ist -- alle Macht dem Teufel (und nicht etwa Franz-Josef Strauß).
Porz (Nrdrh.-Westf.) GUISEPPE GALLO
»... muß doch eins klargestellt werden: Über unseren Bundeskanzler gibt es bei allem, was man über ihn sagen kann, nicht so despektierliche Witze wie über unseren Bundespräsidenten. Kennen Sie den schon? -- Heinrich Lübke hat gehört, daß Petrus jedem, der in den Himmel kommen will, einige Fragen stellt. Also präpariert sich Lübke und steckt, ehe er vor Petrus tritt, einen Spickzettel mit Namen und Daten in den Hosenbund. Nachdem Petrus gefragt hat, wie die beiden ersten Menschen hießen, schaut Lübke unauffällig in seinen Hosenbund und liest vor: Peek und Cloppenburg.
Mainz GERHARD SCHÜTTLER