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Briefe

KATYN
aus DER SPIEGEL 4/1952

KATYN

(Nr. 1/52, Ausland)

Ihre glänzende Darstellung »Katyn« löst trotzdem nicht einige erhebliche Zweifel an der Schuld der Russen. Diese sind folgende:

* Es ist unwahrscheinlich, daß die Russen die Gefangenen aus den sibirischen Lagern viele tausend Kilometer rücktransportierten, um sie ausgerechnet in Katyn zu erschießen. In dem unendlichen Sibirien war dies viel bequemer, und kein Mensch hätte jemals etwas davon erfahren.

* Es ist sehr unwahrscheinlich, daß die Russen, nur mit leichten Sommeruniformen versehene Gefangene im Winter ausgerechnet erst mit Pelzen und Lederjacken versorgen, um sie kurz nachher zu erschießen, ohne ihnen die Pelze und Lederjacken (wertvolle Gegenstände) vorher abzunehmen.

* Es ist unwahrscheinlich, daß die Russen nach Erschießen der Gefangenen mitten in einer Waldlichtung sich die große Mühe machten, pietätvoll die Massengräber mit 2jährigen Fichten zu bepflanzen. Es macht viel Mühe, mehrere Hektar Gelände durch Bepflanzen von 2jährigen Bäumchen als »Schonung« zu tarnen, und es ist widersinnig, dies mitten in einer Lichtung zu tun. Denn hierzu ist erforderlich: das Ausgraben von annähernd 10 000 Bäumchen aus anderen Schonungen, ihr Hintransport, ihr sachgemäßes Einpflanzen, Begießen usw. Diese Arbeit rechtfertigt sich nur, wenn die Stelle planmäßig für eine nachfolgende Untersuchungskommission kenntlich gemacht werden sollte. Es ist unwahrscheinlich, daß die Russen diese für sie widersinnige Handlung vornahmen. Die Praxis des Einebnens und Unkenntlichmachens deutscher Kriegergräber im Osten spricht dagegen.

* 3-4 Tage nach der ersten deutschen Meldung über Katyn veröffentlichte der Völkische Beobachter Namen und Anschriften von etwa einem halben Dutzend bei den Toten gefundenen Briefen. Damals passierte ein echtes Wunder, das jeden Spiritisten begeistern dürfte! Auf vier dieser

Briefadressen waren laut Völkischem Beobachter schon Herbst 1940 als Adressen Orts- und Straßennamen angegeben, die erst ein Jahr später von der deutschen Verwaltung derart umbenannt wurden. Die Toten wußten also schon ein Jahr vorher, daß, und wieviel später die Deutschen die Orte und Straßen umbenennen würden!

Solange sich der Kreml aber ausschweigt, bleibt das Schicksal der von den Russen gefangenen polnischen Offiziere ungeklärt. Vermutlich ging ein großer Teil der gefangenen und nur leicht bekleideten polnischen Offiziere im ersten strengen Kriegswinter in den sibirischen Lagern infolge Sorglosigkeit der Russen zugrunde. Der Rest wurde sicher bolschewisiert.

Beverungen/Weser

Dr. Alfred M. Franske

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