KLARE QUELLE
(Nr. 23/1967, Otto Köhler)
Mein Intendant befindet sich auf einer Auslandsreise. Deshalb melde ich mich zu Ihrer »Qualität« vom 29. Mai. Die löbliche Ausführlichkeit, mit der Sie sich um die publizistische Freiheit von Radio Bremen sorgen, bedarf nur noch weniger ergänzender Feststellungen. Scheint doch nun bewiesen, daß das Verlangen nach besonders guter Qualität bei einer so kritischen Untersuchung, wie es »eine ganz klare Quelle« sein sollte, ein Ausdruck der Zufriedenheit ist und Polemik als Stilmittel in der Alternative zur Qualität. Der wohl nicht ganz zufällige gute Ruf unseres Hauses dürfte allerdings damit zusammenhängen, daß wir unser Programm nicht unter die Herrschaft solcher Gegensätze stellen.
Dem Leser wird es wahrscheinlich rätselhaft gewesen sein, warum der Beitrag Jürgen Holtkamps zum zweiten Mal aus unserem Programm herausgenommen wurde. Der SPIEGEL hätte ihm vielleicht erläutern sollen, daß wegen des Ausdrucks in den Programmzeitschriften die Programmplacierungen in den Rundfunkhäusern Wochen vor der Sendung stattfinden. Auf diese Weise werden naturgemäß Verschiebungen auch über noch nicht fertige Produktionen getroffen.
In dem behandelten Fall der Springer-Presse-Betrachtung war mir die inzwischen vor sich gegangene Bearbeitung nicht gründlich genug. Darüber allerdings ist unser Chefredakteur anderer Meinung. Ich denke, es könnte niemandem zur Freude gereichen, wenn in einem Funkhaus alle Leute einer Meinung wären.
Ausgerechnet Radio Bremen aber die Unterdrückung bestimmter kritischer Beiträge vorhalten zu wollen, das ist zuviel der Phantasie. Es liegt auf der Hand, daß der seltene Vorgang einer Programmänderung mehr Reaktion auszulösen vermag als die Fülle der tagtäglich gesendeten Programme.
Ich glaube für die Freiheit auch aller künftigen Arbeiten in unserem Hause gutsagen zu können, ohne Verantwortung kann sie allerdings nicht ausgeübt werden. Verantworten wollen wir uns immer gern -- nach innen und außen, erst recht gegenüber dem respektablen öffentlichen Wächteramt des SPIEGEL. Es ist gut, daß er sich ständig seine Sorgen macht. Dies gilt auch für einen Fall, in dem er uns die eigenen Sorgen getrost überlassen darf.
Bremen HANS ABICH Programmdirektor von Radio Bremen